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Auf einem guten Weg: LG Köln: Keine Störerhaftung des Anschlussinhabers für Filesharing

Das Landgericht Köln hat in seiner Entscheidung vom 11.09.2012 (Az. 33 O 353/11) der Abmahnindustrie mit sehr deutlichen Worten eine Absage erteilt. Denn die Frage, ob der Anschlussinhaber, der seinen Anschluss nicht nur seinen (minderjährigen) Kindern, sondern auch seiner Ehefrau zur Nutzung zur Verfügung stellt, automatisch für angeblich über seinen Anschluss betriebenes Filesharing haftet, verneinte das Gericht.

Die Klägerin, Rechteinhaberin an einem Computerspiel, nahm den Anschlussinhaber hier sowohl auf Unterlassung als auch auf Zahlung von Abmahnkosten und Schadenersatz in Anspruch, da von dessen Internetanschluss angeblich das Computerspiel in einer Filesharing-Tauschbörse öffentlich zugänglich gemacht, d. h. zum Tausch angeboten worden sein soll. Alle Familienmitglieder wiesen den Vorwurf jedoch von sich, so dass der Familienvater als Anschlussinhaber zwar vorsorglich eine modifizierte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung abgab, die Zahlungsansprüche jedoch in Gänze zurückwies. Vor dem Landgericht Köln machte die Rechteinhaberin ihre Ansprüche nunmehr gerichtlich geltend.

Da die Klägerin aber nicht darlegen und beweisen könne, dass der Anschlussinhaber selbst der Täter war, schied nach Ansicht des LG Köln seine täterschaftliche Haftung aus. Zudem gelang es dem Anschlussinhaber, weitere ernsthafte Möglichkeiten eines anderen Geschehensablaufs darzulegen, da außer ihm auch die anderen Haushaltsangehörigen als Täter in Betracht kamen. Hiermit entkräftete er die Vermutung seiner eigenen Verantwortlichkeit.

Im Rahmen der Störerhaftung schloss sich das LG Köln der Entscheidung des OLG Köln vom 16.05.2012 (Az. 6 U 239/11) an, wonach jedenfalls unter Eheleute keine gegenseitigen Prüf- und Kontrollpflichten im Hinblick auf die Nutzung des Internetanschlusses bestehen sollen.

In diesem Zusammenhang führte das LG Köln weiter aus, dass man in dem zu entscheidenden Fall den Umstand, dass neben der Ehefrau auch noch minderjährige Familienmitglieder Zugang zum Internetanschluss gehabt haben, nicht zu Lasten des Anschlussinhabers bewerten kann, da deren Täterschaft nicht einfach unterstellt werden könne. Da es jedoch Sache der Rechteinhaberin sei, denjenigen Kausalverlauf schlüssig darzulegen und ggf. zu beweisen, welcher eine Störerhaftung des Anschlussinhabers begründen kann, und sie diese Darlegungslast nicht erfüllen konnte, war die Klage abzuweisen.

Zusammenfassend kann man folgende positive Aussagen diesem Urteil entnehmen:

  1. Eine Haftung des Anschlussinhabers als Täter kommt nur in Betracht, wenn der Rechteinhaber dies darlegen und beweisen kann.
  2. Zwar kann es durch die Protokollierung der IP-Adresse und die entsprechende Auskunft des Providers zu einer dahingehenden Beweiserleichterung zu Gunsten der Rechteinhaber kommen, dass die Verantwortlichkeit des Anschlussinhabers für die Rechtsverletzung vermutet wird – dies führt aber gerade nicht zu einer Beweislastumkehr und schon gar nicht zu einer Verpflichtung des Anschlussinhabers, dem Rechteinhaber alle zu einem Obsiegen notwendigen Informationen zu verschaffen.
  3. Die Vermutung der Verantwortlichkeit des Rechteinhabers wird entkräftet, sobald weitere Personen Zugriff auf den Internetanschluss hatten und ebenso als Täter in Betracht kommen.
  4. Der Anschlussinhaber haftet für seinen Ehepartner nur, wenn vor der Tat konkrete Anhaltspunkte für einen Rechtsverstoß vorlagen.
  5. Es besteht keine Pflicht des unberechtigt Abgemahnten, vorgerichtlich Stellung zu den ihm gemachten Vorwürfen zu nehmen oder diese gar zu widerlegen.

Da sich zahlreiche Abmahnungen auf Familienanschlüsse beziehen, dürfte diese Entscheidung für ein wenig Erleichterung sorgen. Diese Erleichterung ist aber mit Vorsicht zu genießen – denn selbst wenn das LG Köln seine Rechtsauffassung in einer nachfolgenden Entscheidung vom 24.10.2012 (Az. 28 O 391/11) bestätigt hat, gibt es Gerichte in Deutschland, die diese Frage derzeit noch anders beurteilen. Und weil sich die Rechteinhaber aufgrund des § 32 ZPO (hier erläutert) aussuchen können, wo sie ggf. klagen, bleibt vorerst nur die Hoffnung, dass sich weitere Gerichte – gern auch der BGH – dieser Rechtsprechung anschließen und den Abmahnern somit gänzlich der “Wind aus den Segeln” genommen wird.

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