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EuGH zur Verpflichtung die Telefonnummer im Internet anzugeben: Hat dies zur Folge, dass auch in der Widerrufsbelehrung keine Telefonnummer mehr angegeben werden muss ?
- Aktuell: Hier wird diese Frage endgültig geklärt: BGH lässt durch den EuGH klären, ob in der Widerrufsbelehrung zwingend eine Telefonnummer angegeben werden muss
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat mit Urteil vom 10.07.2019 Az.: C-649/17 die Frage entschieden, ob Internetanbieter zwingend eine u.a. Telefon-Nummer im Internet angeben müssen.
Die Beklagte war Amazon. 2014 jedenfalls gab es vor Abschluss einer Bestellung die Möglichkeit einen Link mit der Bezeichnung “Kontaktieren Sie uns” anzuklicken. Dort konnte der Verbraucher weitere Optionen auswählen.
Bei Amazon wurde auch im Impressum eine Telefonnummer nicht angegeben.
Der Bundesverband der Verbraucherzentralen sah dies als wettbewerbswidrig an. Im Rahmen des Abmahnverfahrens wurde die Frage, ob immer zwingend die Angabe einer Telefonnummer bei Internetanbietern notwendig ist, dem Europäischen Gerichtshof vorgelegt.
Der EuGH hatte zu entscheiden, ob ein Unternehmer im Internet verpflichtet ist, eine Telefon- bzw. Fax-Nummer bzw. ein E-Mail-Konto neu einzurichten, damit Verbraucher in Kontakt treten können.
EuGH: Telefon-Anschluss, Fax-Anschluss bzw. neu eingerichtetes E-Mail-Konto ist nicht zwangsläufig notwendig
Nach Ansicht des EuGHs ist zu differenzieren:
Die Angabe einer Telefon- oder Fax-Nummer und der E-Mail-Adresse ist zunächst grundsätzlich verpflichtend, wenn der Unternehmer über diese Kommunikationsmittel nach aussen bereits verfügt.
Grundsätzlich, so der EuGH, muss der Unternehmer dem Verbraucher ein Kommunikationsmittel zur Verfügung stellen, das eine
- direkte
- und effiziente
Kommunikation gewährleistet. Hierbei kann der Unternehmer auf andere Kommunikationsmittel als die in der Richtlinie genannten (Telefon, Fax, E-Mail) zurückgreifen, um diese Pflichten zu erfüllen. Somit ist auch ein elektronisches Kontakt-Formular ein Internetchat oder ein Rückrufsystem zulässig, sofern dadurch eine direkte und effiziente Kommunikation möglich ist. Dies setzt voraus, dass diese Informationen, d. h. wie der Verbraucher Kontakt aufnehmen kann, in klarer und verständlicher Weise kommuniziert werden.
Zusammengefasst heißt die Entscheidung Folgendes:
Nur dann, wenn das Unternehmen bisher keine Telefon-Nummer, Fax-Nummer oder E-Mail-Adresse kommuniziert hat, ist die Angabe auch weiterhin nicht notwendig, wenn eine andere effektive Kommunikationsmöglichkeit besteht.
Diese Kommunikationsmöglichkeit wie bspw. ein Kontakt-Formular muss natürlich auch tatsächlich funktionieren. Insbesondere muss gewährleistet sein, dass Anfragen auch beantwortet werden. Eine nur vorgeschobene E-Mail-Adresse reicht nicht aus, wie das Landgericht Berlin bereits 2014 entschieden hatte. Google hatte in diesem Fall zwar eine E-Mail-Adresse angegeben. Auf eine Anfrage hin erfolgten jedoch nur automatische Antworten.
Was bedeutet dieses Urteil für Internethändler in der Praxis?
Unsere Einschätzung lautet: Gar nichts. Hierbei muss man berücksichtigen, dass der BGH die spezielle Konstellation bei Amazon zu beurteilen hatte: Amazon hatte bisher keine Telefonnummer, Fax-Nummer oder E-Mail-Adresse angegeben, sondern andere Kontaktmöglichkeiten zur Verfügung gestellt.
Die allermeisten Händler geben jedoch von vornherein zumindest ihre Telefonnummer und ihre E-Mail-Adresse im Impressum an. Zudem verfügen die allermeisten Internethändler nicht über die technischen Möglichkeiten von Amazon über einen effektiven Rückrufservice, Kontakt-Formulare etc. wirklich schnell und effektiv mit dem Verbraucher in Verbindung zu treten. Bei eBay z. B. dürfte dies schon aus technischen Gründen gar nicht funktionieren.
Muss in der Widerrufsbelehrung dennoch eine Telefon-Nummer angegeben werden?
Seitdem 2014 eine Neufassung des Widerrufsrechtes eingeführt wurde, haben Verbraucher die Möglichkeit, einen Widerruf auch telefonisch auszuüben.
Gleichzeitig besteht nach dem amtlichen Muster der Widerrufsbelehrung die Verpflichtung, in der Widerrufsbelehrung eine Telefonnummer anzugeben. Eine fehlende Telefon-Nummer in der Widerrufsbelehrung gilt als wettbewerbswidrig.
Vereinzelt wird jetzt die Ansicht vertreten das EuGH-Urteil hätte zur Folge, dass in der Widerrufsbelehrung keine Telefonnummer mehr anzugeben ist. Soweit Händler wegen dieses Themas in der Vergangenheit abgemahnt worden seien, bestände eine Chance, eine abgegebene Unterlassungserklärung zu kündigen.
Wir finden diese Rechtsansicht nicht überzeugend:
Der Europäische Gerichtshof behandelt in seinem Urteil ausdrücklich die Frage der Verpflichtung, vor Abschluss eines Vertrages mit einem Verbraucher im Fernabsatz die Telefonnummer anzugeben. Dies betrifft vereinfacht gesagt die Verpflichtung, im Impressum bspw. eine Telefonnummer anzugeben. Bei der Telefonnummer in der Widerrufsbelehrung geht es jedoch um eine Informationspflicht, die für den Verbraucher nach Vertragsschluss relevant ist.
Hinzukommt ein weiterer Aspekt:
Die Verpflichtung der Angabe einer Telefon-Nummer kann, so der EuGH, ohnehin nur dann entfallen (eine andere Kontaktmöglichkeit vorausgesetzt), wenn bisher keine Telefon-Nummer angegeben wurde. Alle Händler, die wir bei Abmahnungen zu diesem Thema beraten haben, hatten jedoch eine Telefonnummer im Impressum.
An der Verpflichtung, in der Widerrufsbelehrung eine Telefonnummer anzugeben, ändert sich daher nach unserer Auffassung nichts.
Stand: 12.07.2019
Es beraten Sie: Rechtsanwalt Johannes Richard und Rechtsanwalt Andreas Kempcke
https://ssl-vg03.met.vgwort.de/na/85711fc681f846f99122bc6d6bac875b