ecoomerce38

1.

Auch eine automatisierte, vom Computer erstellte Erklärung unterliegt den Regeln der Willenserklärung und ist damit einer Anfechtung zugänglich.

2.

Eine falsche Preisangabe bei einem Onlineangebot auf Grund einer falschen Softwareformel unterliegt den Regeln des Übermittlungsirrtums gemäß § 120 BGB.

OLG Frankfurt/Main, Az. 9 U 94/02, MMR 2003, Seite 405 f.

Die Beklagte betreibt ein Onlinekaufhaus für Computer und Computerzubehör. Der Kläger bestellte einen Computer und einen Monitor zu einem Gesamtbruttopreis, wie angegeben von 106,84 DM. Die Angebote des Beklagten standen unter der Rubrik “Preisbrecherangebot”. Tatsächlich beliefen sich die Nettopreise für die Geräte auf über 7.000,00 DM. Zu den Preisunterschieden war es gekommen, weil auf Grund einer Formeländerung in der Software des Providers bei der Übertragung der Daten an diesen zusätzlich zwei Kommastellen berücksichtigt wurden, dadurch verringerte sich der Preis auf 1% des von dem Beklagten tatsächlich geforderten Betrages.

Die vom Kläger aufgegebenen Bestellungen wurden von dem Beklagten sofort mit zwei e-Mails bestätigt, und zwar innerhalb einer Minute. Am Folgetag wies der Händler den Käufer in einer e-Mail darauf hin, dass ihm die falschen Preise für die Produkte übermittelt worden sein.

Der Kläger forderte die Lieferung der bestellten Geräte.

Diese Klage wurde in zwei Instanzen abgewiesen.

Nach Ansicht des Gerichtes hat der Händler die auf Abschluss der Kaufverträge gerichteten Willenserklärungen wirksam angefochten mit der Folge, dass diese Willenserklärung gemäß  § 142 BGB nichtig sind.

Die Angebote des Händlers auf seiner Homepage stellen noch kein rechtlich bindendes Angebot im Sinne des § 145 BGB dar. Bei ihnen handelt es sich lediglich um die noch unverbindliche Aufforderung zur Abgabe eines Angebote (invitatio ad offerendum). Der Webseite des Händlers kam lediglich die Funktion eines ansonsten gedruckten Prospektes oder Kataloges zu.

Der Händler hatte das Angebot auf Abschluss eines Kaufvertrages des Käufers durch die automatisierte Mail zunächst einmal angenommen. Die Bestätigungsmail beinhaltete nicht bloß die Bestätigung des Einganges der Bestellung, wie sie nach § 312 e Abs. 1 Nr. 3 BGB geboten ist, sondern bestätigte den Vertragsschluss ansich.

Nach Ansicht des Gerichtes hat der Händler die Erklärungen jedoch wirksam angefochten. Auch eine automatisierte, vom Computer erstellte Erklärung unterliegt den Regeln der Willenserklärung, ist damit einer Anfechtung zugänglich.

Das es sich vorliegend bei den Annahmeerklärungen um derartige automatisierte Computererklärung handelt, wird aus dem Zeitablauf deutlich, da diese eine Minute nach dem Auftrag versandt wurden.

Da aber der Rechner nur Befehle ausführt, die zuvor mittels Programmierung von Menschenhand festgelegt worden sind, hat jede automatisch erstellte Computererklärung ihren Ursprung in einer menschlichen Handlung und ist somit als Willenserklärungen dem jeweiligen Betreiber zuzurechnen.

Durch die falsch mitgeteilten Preise liegt vorliegend ein Übermittlungsirrtum gemäß § 120 BGB vor. Zurückzuführen ist dieser Irrtum auf eine vom Händler nicht erkannte Formeländerung in der Software durch den Provider.

Der Händler hatte durch seine e-Mail an den Verkäufer, in der er auf den falschen Preis hinwies, den Kaufvertrag wirksam angefochten. Unerheblich ist, dass die Formulierung “Anfechtungserklärung” in dem Schreiben nicht enthalten ist.

Ferner erfolgte gemäß § 121 Abs. 1 BGB die Anfechtung unverzüglich.

Mangels Kaufvertrag hatte der Käufer somit keinen Anspruch auf Lieferung der Geräte zu dem geringen Preis.

Anmerkung:

Das Urteil betrifft einen gar nicht so seltenen Sachverhalt. Der Tatsache, dass die automatisierten Erklärungen des Verkäufers als Willenserklärungen, die zum Abschluss eines Vertrages führen können, gewertet wird, ist nichts auszusetzen. Insbesondere ist dem Verkäufer zum Verhängnis geworden, dass er die Bestätigungsmail, zu der er gemäß § 312 e Abs. 1 Nr. 3 BGB verpflichtet ist, nicht sorgfältig formuliert hat.

Es macht einen erheblichen Unterschied ob es dort heißt “Wir bestätigen Ihre Bestellung” oder “Wir bestätigen den Eingang Ihrer Bestellung”, wie es das Gesetz vorschreibt.

Ersteres führt zum Vertragsschluss, letzteres erfüllt lediglich die Informationspflichten beim Fernabsatzgeschäft.

Dogmatisch ist nach unserer Auffassung jedoch der Ansicht des Gerichtes, dass es sich um einen Übermittlungsfehler handelte, nicht zuzustimmen.

Die Daten die übermittelt wurden, waren schließlich richtig. Es gab keine Veränderung auf dem Weg des Absenders der Daten zum Empfänger. Aus dogmatischer Sicht wäre hier wohl ein Erklärungsirrtum gemäß § 119 BGB anzunehmen.

Gewerbliche Anbieter sollten zum Einen auf eine ordnungsgemäße Eingangsbestätigung der Bestellung achten, zum Anderen auf ihren Seiten deutlich machen, dass die Angebote freibleibend sind und ein Irrtum vorbehalten bleibt.

Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt Johannes Richard, Rostock

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