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Leitsatz
1. Ein Anscheinsbeweis für die Identität eines Käufers besteht durch passwortgeschützte Gebotsabgabe nicht. Auch ein Handeln in fremden Namen unter Rechtsscheinsgrundsätzen ist nicht gegeben.
2. Dies gilt selbst dann nicht, wenn das minderjährige Kind des Bieters das Gebot ohne Kenntnis des Bieters abgibt.
LG Bonn, AZ 2 O 472/03 vom 19.12.2003 (CuR 2004, S. 218 ff)
Tatbestand
Die Parteien sind nichtgewerbliche Mitglieder des Internetauktionshauses der F International AG (nachfolgend: F). Der Kläger bot über die Auktionsplattform von F unter seinem Mitgliedsnamen ein Fahrzeug der Marke BMW M 3 Cabrio zum Kauf an. Der Startpreis betrug 49.000,00 EUR. Am 12.05.2003 um 16:47 Uhr wurde unter dem Mitgliedsnamen des Beklagten die Sofort-Kaufen-Option zum Preis von 54.900,00 EUR ausgelöst. Dies wurde dem Kläger durch F per E-Mail am 12.05.2003 mitgeteilt.
Am 14.05.2003 schrieb der Kläger dem Beklagten per E-Mail, dass dieser sich zur weiteren Abwicklung des Kaufvertrags bei ihm melden solle. Unter dem 20.05.2003 setzte sich der Beklagte per E-Mail mit dem Kläger in Verbindung. Dieser teilte ihm mit, dass er das Gebot widerrufe. Als Begründung führte er aus, dass er das Gebot zum Sofortkauf des Cabrios nicht selbst abgegeben habe, sondern sein elfjähriger Sohn. Er selbst habe sich aus beruflichen Gründen in den Niederlanden befunden. Ferner teilte er mit, dass seine Frau, die Mutter des Kindes, sich ebenfalls zum Zeitpunkt der Angebotsabgabe nicht im Haus befunden habe. Daraufhin inserierte der Kläger in diversen Zeitungen, wodurch dem Kläger Kosten in Höhe von 353,00 EUR entstanden sind. Das Fahrzeug wurde letztendlich mit Kaufvertrag vom 15.06.2003 zum Preis von 45.800,00 EUR an einen Dritten veräußert.
Der Kläger macht einen Schadenersatzanspruch in Höhe der Differenz zwischen dem Preis der Sofort-Kaufen-Option und dem Deckungsverkaufspreis sowie der Inseratskosten geltend. Er behauptet, der Beklagte habe das Sofort-Kaufen-Gebot am 12.05.2003 abgegeben. Hilfsweise beruft sich der Kläger auf Ansprüche aus Aufsichtspflichtverletzung. Er behauptet, der Beklagte habe dessen Passwort zum Internetauktionshaus F nicht sorgfältig gesichert. Hätte der Beklagte das Sofort-Kaufen-Gebot nicht abgegeben, wäre ein Kaufvertrag mit einem anderen der zahlreichen Interessenten zustande gekommen, die sich das Auktionsangebot des Klägers angeschaut und per Telefon und E-Mail gemeldet haben.
Der Kläger beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an ihn 9.453,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 01.08.2003 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte behauptet, sein elfjähriger Sohn habe das Sofort-Kaufen-Gebot am 12.05.2003 abgegeben. Er selbst habe sich in der Zeit vom 10. bis 17.05.2003 beruflich als Diplom-Sozialpädagoge mit einer Gruppe psychisch Behinderter in den Niederlanden aufgehalten und dort keinen Zugang zu einem Computer gehabt. Von der Sache mit dem Internetkauf habe er erst nach Rückkehr aus den Niederlanden von seinem Sohn erfahren, der ihm gesagt habe, er solle doch einmal in sein E-Mail-Postfach schauen. Sein Sohn habe wenige Minuten nach dem Auslösen der Sofort-Kaufen-Option zwei E-Mails an den Kläger unter seinem – des Beklagten – Mitgliedsnamen im Internetauktionshaus F gesandt, in denen sein Sohn sich als dessen Vater – den Beklagten – ausgegeben und um Rückgängigmachung des Kaufvertrags gebeten habe. Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung von Zeugen und des Beklagten als Partei. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 03.12.2003 verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet. Der Kläger hat gegen den Beklagten wegen des Auslösens der Sofort-Kaufen-Option am 12.05.2003 keinen Anspruch. Schadenersatz kann er weder wegen Nichterfüllung eines Kaufvertrags (§§ 280 Abs. 1, 3, 281, 433 Abs. 2 BGB) noch wegen Verletzung von Pflichten aus einem rechtsgeschäftsähnlichen Schuldverhältnis (§§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2, 3 BGB) noch wegen Aufsichtspflichtverletzung (§ 832 Abs. 1 S. 1 BGB) verlangen.
I. Ein Kaufvertrag über das Fahrzeug des Klägers der Marke BMW M 3 Cabrio ist zwischen den Parteien nicht zustande gekommen
1. Grundsätzlich kann auch im Rahmen einer Internetauktion durch Einstellen eines Auktionsangebots und Abgabe des Höchstgebots ein wirksamer Kaufvertrag zustande kommen (BGH, Urteil vom 07.11.2001, VIII ZR 13/01, BGHZ 149, 129 = NJW 2002, 363; Palandt/Heinrichs, BGB, 63. Auflage, § 312 b, Rn. 4). Ebenso kann durch Auslösen der Sofort-Kaufen-Option bei einer Auktion des Internetauktionshauses F ein wirksamer Kaufvertrag zustande kommen. Dies ergibt sich aus den bürgerlichrechtlichen Bestimmungen über das Zustandekommen von Willenserklärungen (§§ 130 ff. BGB) und Verträgen (§§ 145 ff. BGB) in Verbindung mit den frei einsehbaren (§ 291 ZPO) Allgemeinen Geschäftsbedingungen für die Nutzung der deutschsprachigen F-Websites in der bis 31.05.2003 geltenden Fassung (ebenso die Allgemeinen Geschäftsbedingungen für die Nutzung von F.de, F.at, F.ch in der seit 01.06.2003 geltenden Fassung). Unmittelbar gelten die Allgemeinen Geschäftsbedingungen zwar nur im Verhältnis des einzelnen Mitglieds zu F aufgrund des zwischen ihnen geschlossenen Nutzungsvertrags. Die Mitglieder legen sie jedoch nach ihrem mutmaßlichen Willen untereinander für die Internetauktion zugrunde.
2. Der Beklagte hat aber keinen Kaufvertrag mit dem Kläger geschlossen, weil nicht feststeht, dass der Beklagte das Sofort-Kaufen-Gebot vom 12.05.2003 abgegeben hat.
a. Die Beweislast für eine Gebotsabgabe durch den Beklagten liegt beim Kläger. Grundsätzlich muss jede Partei die für sie günstigen Umstände darlegen und beweisen. Wer sich auf Rechte aus einem Vertrag gegenüber einer bestimmten Person beruft, muss darlegen und beweisen, dass der Vertrag mit dieser Person zustande gekommen ist. Die Beweisaufnahme durch Vernehmung von Ehefrau und minderjährigem Sohn des Beklagten als Zeugen und Vernehmung des Beklagten als Partei hat die Klägerbehauptung, der Beklagte habe das Sofort-Kaufen-Gebot vom 12.05.2003 abgegeben, nicht bestätigt. Vielmehr – dies nur zur hilfsweisen Begründung – spricht das Ergebnis der Beweisaufnahme in Verbindung mit dem persönlichen Eindruck der Kammer von dem elfjährigen Sohn des Beklagten und objektiven Umständen – einziges Familienauto des Beklagten war und ist ein Renault Kangoo – für den Beklagtenvortrag, sein elfjähriger Sohn habe das Sofort-Kaufen-Gebot vom 12.05.2003 abgegeben (§ 286 Abs. 1 ZPO). Die Ehefrau der Beklagten hat im Rahmen ihrer Zeugenvernehmung bekundet, sie habe von dem Internetkauf erst etwas mitbekommen, als ihr Ehemann – der Beklagte – von seinem alljährlichen beruflichen Aufenthalt in den Niederlanden zurückgekehrt sei und ihr Sohn ihm von dem Internetkauf gebeichtet habe. Hierzu habe ihr Sohn – weil der Beklagte vor seiner Abfahrt das Modemkabel versteckt habe – ein Kabel der Playstation an das Internet geklemmt – diese technisch unversierte Schilderung spricht eher für die Glaubhaftigkeit der Zeugenaussage -, sich auf eine Verkaufsseite von F begeben, das Passwort für F auf einer Diskette gefunden und auf ein Verkaufsangebot für ein Auto geklickt. Der Sohn des Beklagten hat im Rahmen seiner Zeugenvernehmung unter Berufung auf sein Zeugnisverweigerungsrecht (§ 383 Abs. 1 Nr. 3 ZPO) nicht zur Sache ausgesagt. Hierzu war er ohne Bestellung eines Ergänzungspflegers berechtigt (BGH, Beschluss vom 19.09.1967, 5 StR 456/67, BGHSt 21, 303 = NJW 1967, 2273; OLG Stuttgart, Beschluss vom 26.07.1985, 8 W 253/85, FamRZ 1985, 1154 = MDR 1986, 58). Der Beklagte hat im Rahmen seiner Parteivernehmung seinen Sachvortrag bestätigt.
b. Eine von der Grundregel abweichende Verteilung der Beweislast aus Billigkeitsgesichtspunkten ist auch im Hinblick auf die dem Vertragsschluss im Rahmen einer Internetauktion zugrunde liegenden Gefahrenbereiche nicht geboten (OLG Köln, Urteil vom 06.09.2002, 19 U 16/02, CR 2003, 55 = MMR 2002, 813; LG Bonn, Urteil – der erkennenden Kammer – vom 07.08.2001, 2 O 450/00, CR 2002, 293 = MMR 2002, 255; LG Konstanz, Urteil vom 19.04.2002, 2 O 141/01 A, CR 2002, 609 = MMR 2002, 835; AG Erfurt, Urteil vom 14.09.2001, MMR 2002, 127). Die Mitgliedschaft in einem Internetauktionshaus mit Mitgliedsnamen und Passwort führt nicht zur Überbürdung der Missbrauchsgefahr auf dieses Mitglied (so aber Ernst, MDR 2003, 1091; Mankowski, NJW 2002, 2822; Mankowski, CR 2003, 44). Sämtliche Teilnehmer einer Internetauktion – ob Anbieter oder Bieter des Auktionsgegenstands – setzen sich der Gefahr eines Eingriffs unbefugter Dritter in die Online-Kommunikation aus. Sowohl Anbieter als auch Bieter sind im Internet Nutzer eines komplexen Systems, auf dessen Funktionieren allenfalls derjenige, der eine Web-Site im Internet platziert hat, einen gewissen Einfluss ausüben kann. Schließlich ist es gerade der Anbieter – hier der Kläger -, der durch die Präsentation des jeweiligen Produkts auf der Web-Site des Auktionsveranstalters gewissermaßen der Initiator des Verkaufs ist, der die Vorteile des Internets für seine Zwecke nutzen möchte. Es liegt daher sogar näher, ihm das mit der Nutzung des Internets verbundene Risiko aufzuerlegen, dass Unbefugte unter der Verwendung fremder Passwörter an ihn herantreten (LG Bonn a.a.O.).
Ein Anscheinsbeweis für eine Gebotsabgabe durch den Beklagten besteht ebenfalls nicht. Voraussetzung für die Annahme eines Anscheinsbeweises ist, dass sich unter Berücksichtigung aller unstreitigen und festgestellten Einzelumstände und besonderen Merkmale des Sachverhalts ein für die zu beweisende Tatsache nach der Lebenserfahrung typischer Geschehensablauf ergibt (BGH, Urteil vom 19.03.1996, VI ZR 380/94, NJW 1996, 1828). Eine solche Typizität lässt sich hier jedoch nicht feststellen. Allein aus der Tatsache, dass das Gebot von einer Person abgegeben wurde, die das Passwort des Beklagten kannte, folgt kein Anschein zu Lasten des Beklagten. Im Hinblick auf den derzeitigen Sicherheitsstandard der im Internet verwendeten Passwörter als solche und auf die Art ihrer Verwendung kann nicht der Schluss gezogen werden, dass der Verwender eines Passworts nach der Lebenserfahrung auch derjenige ist, auf den dieses Passwort usprünglich ausgestellt wurde (vgl. LG Bonn a.a.O., seit dessen Entscheidung aus dem Jahr 2001 hat sich der vorgenannte Sicherheitsstandard nicht wesentlich verändert, vgl. hierzu die Allgemeinen Geschäftsbedingungen von F). Die Tatsache, dass weltweit tagtäglich Millionen von Rechtsgeschäften per Internetauktion klaglos abgewickelt werden, lässt den Schluss auf die Verlässlichkeit des Mediums Internet im allgemeinen und der Kommunikationsplattform Internetauktion im besonderen nicht zu. Hierfür spricht ebensowenig, dass ein unbefugter Dritter eher selten ein wirtschaftliches Interesse an dem Eingriff in eine Internetauktion haben wird. Vor diesem Hintergrund ist hinzunehmen, dass ein Klageanspruch aus elektronischem Vertragsschluss wohl fast nie zu beweisen ist (vgl. Mankowski, CR 2003, 44, der von einem Widerrufsrecht per Beweislast spricht). Dieses Risiko hat der Bundesgerichtshof mit seiner Grundsatzentscheidung zum Vertragsschluss im Rahmen einer Internetauktion auch nicht ausschließen wollen (vgl. BGH, Urteil vom 07.11.2001, VIII ZR 13/01, BGHZ 149, 129 = NJW 2002, 363).
d. Auch nach den Grundsätzen des Handelns unter fremdem Namen kraft Rechtsscheins ist dem Beklagten die Gebotsabgabe nicht zuzurechnen. Allerdings kann die Verwendung eines fremden Mitgliedsnamens nebst Passwort durchaus als Handeln unter fremdem Namen qualifiziert werden, wofür der Namensträger grundsätzlich nach Rechtsscheinsgrundsätzen – Anscheins- oder Duldungsvollmacht – haften kann. Da der Fall einer Duldungsvollmacht hier erkennbar ausscheidet, käme allein eine Haftung im Rahmen der Anscheinsvollmacht in Betracht. Voraussetzung hierfür wäre jedoch, dass der Beklagte zurechenbar den Rechtsschein für die Identität des tatsächlichen Bieters mit ihm als dem Inhaber des Mitgliedsnamens gesetzt hat und der Kläger ein schutzwürdiges Vertrauen darin hatte, dass tatsächlich der Inhaber des Mitgliedsnamens handelte (vgl. LG Bonn a.a.O.). Hierfür ist bereits fraglich, ob man eine zurechenbare Begründung des Rechtsscheins durch den Beklagten annehmen kann. Allein die Speicherung eines Passworts auf einer in räumlicher Nähe zum heimischen Computer versteckten Diskette, kann dieses nicht begründen. Zudem mangelt es im Hinblick auf den derzeitigen Sicherheitsstandard im Internet an einem schutzwürdigen Vertrauen des Klägers. Für die passwortgeschützte Teilnahme an einer Internetauktion unter fremdem Mitgliedsnamen besteht jedenfalls keine Anscheinsvollmacht. Hieran ändert ein Vergleich zur Risikoverteilung in anderen technischen Bereichen nichts. Beim Bildschirmtext liefert die Abgabe einer Willenserklärung unter einer passwortgeschützten Teilnehmeradresse eine tatsächliche Vermutung dafür, dass die Erklärung vom Anschlussinhaber stammt (OLG Köln, Urteil vom 30.04.1993, 19 U 134/92, NJW-RR 1994, 177 = CR 1993, 552; OLG Oldenburg, Urteil vom 11.01.1993, 13 U 133/92, NJW 1993, 1400 = CR 1993, 558; Redeker, NJW 1984, 2390). Gegen den Inhaber eines Telefonanschlusses spricht ein Anscheinsbeweis für die zutreffende Erfassung der Gebühren (Mankowski, NJW 2002, 2822). Ebenso haftet der Kontoinhaber für eine Geldautomatenabhebung unter Verwendung von Karte und PIN oder einen Online-Überweisungsauftrag unter Verwendung von PIN und TAN (Ernst, MDR 1993, 1091). Eine Internetauktion unterscheidet sich in wesentlichen Punkten von den vorgenannten technischen Bereichen. Im Gegensatz zum Bildschirmtext ist die Teilnahme an einer Internetauktion gerade nicht an einen häuslichen Zugang gebunden, sondern kann von einem weltweit beliebigen Standort mit Strom- und Datenanschluss erfolgen und lässt so eine effektive Identitätskontrolle nicht zu. Für den stationären Telefonanschluss gilt Ähnliches wie für den Bildschirmtext. Bei Mobilfunkverträgen – die im Rahmen von Roaming-Abkommen auch weltweit einsetzbar sind – ist die gebührenauslösende Nutzung regelmäßig an den Besitz einer SIM-Karte gebunden und kann nicht mehrfach zur gleichen Zeit erfolgen. Ebenso hängt die Geldautomatenabhebung – im Gegensatz zur Teilnahme an einer Internetauktion – stets von dem Besitz eines kartengebundenen Speichermediums – neben der Verwendung einer PIN – ab, so dass ein Missbrauch regelmäßig nur unter physischem Aufwand – etwa einem Diebstahl oder dem unberechtigten Einlesen der gespeicherten Daten – möglich ist. Ein Online-Überweisungsauftrag ist regelmäßig durch eine Nutzungssperre nach wenigen Fehleingaben gesichert und setzt neben der Kenntnis der Zugangsdaten – regelmäßig Kontonummer und Bankleitzahl sowie PIN – auch den Einsatz einer nur einmal verwendbaren TAN voraus.
3. Der Beklagte ist schließlich nicht durch stellvertretendes Handeln seines elfjährigen Sohnes zum Fahrzeugkäufer geworden (§ 164 Abs. 1 BGB). Weder hatte er ihn mit dem Fahrzeugkauf bevollmächtigt noch hat er den Erwerb geduldet oder im Nachhinein genehmigt. Aber auch aus Rechtsscheinsgesichtspunkten haftet der Beklagte nicht für das Handeln seines Sohnes. Für die passwortgeschützte Teilnahme an einer Internetauktion besteht weder eine tatsächliche Vermutung für die Identität von Teilnehmer und Inhaber des Mitgliedsnamens noch eine Anscheinsvollmacht für ein Handeln unter fremdem Mitgliedsnamen. Dies gilt auch in dem Fall, dass ein haushaltsangehöriges, minderjähriges Kind des Inhabers des Mitgliedsnamens unbefugt dessen Passwort sich verschafft und zur Teilnahme an der Auktion unter dessen Mitgliedsnamen verwendet. Die Familienangehörigkeit des Kindes begründet aus Sicht des Rechtsverkehrs regelmäßig keine Vollmachtstellung mit Wirkung für und gegen die Eltern. Im übrigen macht es für den Anbieter der Internetauktion – hier den Kläger – keinen Unterschied, ob sich ein beiden unbekannter Dritter oder ein nur dem Inhaber des Mitgliedsnamens bekannter Dritter unbefugten Passwortzugang zur Internetauktion verschafft. In keinem Fall darf der Anbieter einer Internetauktion darauf vertrauen, dass der Bieter mit dem Inhaber des Mitgliedsnamens identisch und zur Verwendung von Mitgliedsnamen und Passwort berechtigt ist.
II. Der Beklagte haftet dem Kläger nicht wegen Verletzung von Pflichten aus einem rechtsgeschäftsähnlichen Schuldverhältnis (§§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2, 3 BGB). Die Parteien befanden sich aus den vorgenannten Gründen gerade nicht in der Aufnahme von Vertragsverhandlungen (§ 311 Abs. 2 Nr. 1 BGB) oder der Anbahnung eines Vertrags (§ 311 Abs. 2 Nr. 2 BGB). Auch ein ähnlicher geschäftlicher Kontakt (§ 311 Abs. 2 Nr. 3 BGB) ist zwischen den Parteien nicht zustande gekommen. Ein solcher geschäftlicher Kontakt kann nur entstehen, wenn die Parteien eine über einen allgemeinen sozialen Kontakt hinausgehende Sonderverbindung eingehen (Palandt/Heinrichs, BGB, 63. Auflage, § 311, Rn. 18). Eine derartige Sonderverbindung kann im Interesse der Sicherheit und Verlässlichkeit des Rechtsverkehrs nicht schon in der Mitgliedschaft im Internetauktionshaus F gesehen werden. Ansonsten würde die Haftung aus nicht vertragsgerichtetem Handeln im Internet ausufern, was auf eine unverhältnismäßige Beschränkung der persönlichen Handlungsfreiheit offen kommunizierender Internetnutzer hinausliefe. Im übrigen scheidet ein ähnlicher geschäftlicher – also nicht vertragsgerichteter – Kontakt in den Bereichen aus, in denen – wie bei einer Internetauktion – die Beteiligten einen Vertragsschluss gerade anstreben. Schließlich haftet der Beklagte auch nicht als Dritter (§ 311 Abs. 3 BGB) eines – unwirksamen – Minderjährigengeschäfts seines Sohnes (§§ 106 ff., 179 Abs. 1 BGB), weil er – aus den vorgenannten Gründen – gerade kein Vertrauen des Klägers für sich in Anspruch genommen hat
III. Der hilfsweise geltend gemachte Schadenersatzanspruch wegen Aufsichtspflichtverletzung (§ 832 Abs. 1 S. 1 BGB) besteht nicht. Es erscheint schon nicht pflichtwidrig, seinen elfjährigen Sohn allein in der Wohnung zu lassen (vgl. BGH, Urteil vom 19.01.1993, VI ZR 117/92, NJW 1993, 1003 = VersR 1993, 485; Palandt/Sprau, BGB, 63. Auflage, § 832, Rn. 9). Im übrigen muss der Beklagte den Kläger – bei unterstellter Aufsichtspflichtverletzung – nur so stellen, wie dieser bei Einhaltung der Aufsichtspflicht gestanden hätte. Hätte der Beklagte seinen Sohn von der Abgabe des Sofort-Kaufen-Gebots vom 12.05.2003 abgehalten, wäre es nicht zu einem anderweitigen Verkauf des Fahrzeugs gekommen. Der Kläger hat seinen Vortrag zur Kausalität des Vertrauensschadens auch auf den Hinweis der Kammer in der Sitzung vom 14.11.2003 nicht ausreichend substantiiert. Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass – und zu welchem Preis – einer der zahlreichen Interessenten das Fahrzeug erworben hätte, zumal es nach wochenlanger Inserierung nur zu einem erheblich geringeren Kaufpreis veräußert worden ist.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1 S. 1, 709 S. 1, 2 ZPO.
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