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Leitsatz:
Auch ausländische Gesellschaften haben gem. § 6 Nr. 4 TDG ihre Handelregisternummer des ausländischen Registers anzugeben.
LG Frankfurt/M. Urteil vom 28.3.2003 ‑ 3‑12 0 151/02; rechtskräftig (Volltext)
Die Kl. zu 1. und 2. als Inhaber und Admin‑C einer Internetdomain verfolgen im Wege einer Feststellungsklage die Feststellung, nicht gegen die Impressumspflichten aus § 6 TDG verstoßen zu haben. Sie betreiben u.a. eine englische Limited, deren Geschäftsbetrieb von Frankfurt/M. aus abgewickelt wird. Dabei ist beim Onlineangebot dieser Limited nicht erkennbar, dass deren Sitz eigentlich in London ist. Auch eine englische Handelsregisternummer wird nicht angegeben.
Aus den Gründen
Die Klage ist zulässig, in der Sache nicht begründet; denn die Bekl. hat einen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch gegen die Kl. wegen Verletzung von Pflichten nach § 6 TDG auf deren Website unter der Domain x.de.
Diensteanbieter wie die Kl.zu 1) haben nach § 6 TDG für geschäftsmäßige Teledienste u.a. folgende Informationen leicht erkennbar, unmittelbar erreichbar und ständig verfügbar zu halten: den Namen und die Anschrift, unter der sie niedergelassen sind, bei juristischen Personen zusätzlich den Vertretungsberechtigten (Ziff. 1), das Handelsregister, in das sie eingetragen sind, und die entsprechende Registernummer (Ziff. 4), sowie in Fällen, in denen sie eine Umsatzsteueridentifikationsnummer nach § 27a UStG besitzen, die Angabe dieser Nummer (Ziff. 6). Eine Verletzung der Anbieterinformationspflicht nach § 6 Ziff. 6 TDG hat im Streitfall außer Betracht zu bleiben, weil der Kl. zu 1) die Umsatzsteueridentifikationsnummer vom Bundesamt für Finanzen in Saarlouis noch nicht erteilt worden ist. Dies hat die mündliche Verhandlung ergeben. Soweit auf der Internetseite der Kl. zu 1) … eine Steuernummer des Finanzamts Frankfurt/M. genannt wird, handelt es sich um die allgemeine Steuernummer der Kl. zu 1), die mit der Umsatzsteueridentifikationsnummer nach § 27a UStG nichts zu tun hat.
Die Anschrift, unter der sie niedergelassen ist, gibt die Kl. zu 1) mit “B‑Str. 8‑10, Frankfurt/M.” an. Sie orientiert sich dabei an Art. 2 lit. c der E‑Commerce‑Richtlinie 2000/31/EG, wonach “niedergelassener Diensteanbieter” ein Anbieter ist, der mittels einer festen Einrichtung auf unbestimmte Zeit eine Wirtschaftstätigkeit tatsächlich ausübt; Vorhandensein und Nutzung technischer Mittel und Technologien, die zum Anbieten des Dienstes erforderlich sind, begründen danach allein keine Niederlassung des Anbieters. Die Kl. zu 1) macht ‑unwiderlegt ‑ geltend, sämtliche Geschäftsführungsaufgaben würden von der Geschäftsführerin … von Frankfurt/M. aus durchgeführt. Der Schwerpunkt der Tätigkeit und der Ort der Verwaltung der Kl. zu 1) sei unter der angegebenen Adresse in Frankfurt/M. Es handele sich um eine zustellungs‑ und ladungsfähige Anschrift. Diese aufgezeigten Kriterien werden der Begriffsdefinition des Art. 2 lit. c der E‑Commerce‑Richtlinie 2000/31/EG gerecht. Da die Kl. zu 1) auf ihrer Internetseite im Impressum … auch die Geschäftsführerin und damit die Vertretungsberechtigte nennt, steht der Bekl. unter dem Gesichtspunkt der (angeblichen) Verletzung des § 6 Ziff. 1 TDG kein wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsanspruch gegen die Kl. zu 1) ‑ und damit auch nicht gegen den Kl. zu 2) ‑ zu.
Anderes gilt für den Regelungstatbestand des § 6 Ziff. 4 TDG. Ob die Abmahnungen der Bekl. unter diesem Gesichtspunkt berechtigt waren, richtete sich nach dem damaligen Impressum der Kl. zu 1), wie es aus den Internetseiten … ersichtlich ist. Nicht entscheidend ist die Internetseite der Kl. zu 1) …, auf der sich (nunmehr) der Hinweis “Company No. 43xx, Cardiff” befindet.
In ein inländisches Handelsregister ist die Kl. zu 1) nicht eingetragen; insoweit besteht keine Registernummer. Das befreit die Kl. im Hinblick auf § 6Ziff. 4TDG nicht, anstelle des Handelsregisters und der Registernummer das ausländische Gesellschaftsregister und die Registernummer zu benennen, bei dem und unter der die ausländische Gesellschaft (hier: die Kl. zu )) eingetragen ist. Die Informationspflichten dienen dem Verbraucherschutz und der Transparenz von geschäftsmäßig erbrachten Telediensten (Begr. zu § 6 TDG, …; Roßnagel, Recht der Multimedia‑Dienste, Komm., Rdnr. 66 zu § 6 TDG). Diese Zweckbestimmung beschränkt sich nicht auf und endet nicht bei Diensteanbietern für geschäftsmäßige Teledienste, die in das inländische Handelsregister eingetragen sind. Vielmehr greift auch bei im Ausland registrierten Telediensteanbietern, die im Inland ihre Geschäftstätigkeit entfalten, das Transparenzgebot. Diesem Gebot und dem damit bewirkten Verbraucherschutz würde zuwidergehandelt, wenn es dem im Ausland registrierten Unternehmen, das im Inland der elektronischen Kontaktaufnahme nachgeht, gestattet wäre, sich in der Anonymität des “Limited”‑ Zusatzes zu verlieren. Auch und gerade bei im
Ausland registrierten Gesellschaften besteht das Interesse des Verbrauchers, leicht erkennbare und unmittelbar erreichbare Informationen darüber zu erlangen, welchem Recht die ausländische “Limited” unterliegt, wer die Gesellschafter sind und wie die Vertretungsverhältnisse der Gesellschaft im Einzelnen aussehen. Auf diesem Hintergrund fordern es Sinn und Zweck des § 6 Ziff. 4 TDG, dass im Ausland registrierte Telediensteanbieter, die im Inland ihre geschäftliche Tätigkeit entfalten und nicht zugleich auch im Inland registriert sind, das ausländische Register und die Registernummer offen legen, bei dem und unter der sie dort eingetragen sind. Unzumutbares wird unter diesen Umständen von der hiervon betroffenen Kl. zu 1) nicht verlangt; die “Nachbesserung”… zeigt dies. Der Auszug aus dem Gesellschaftsregister …’ verdeutlicht, dass auch der ausländische Registerauszug dem Inlandsnutzer die Auskünfte gibt, die im Interesse der Transparenz und des Verbraucherschutzes geboten sind. Das Verständnis der KI., die Aufzählung der Register in § 6 Ziff. 4 TDG sei abschließend und erfasse nicht auch ausländische Register, teilt die Kammer nicht. Die Aufzählung der verschiedenen Register wie Handelsregister, Vereinsregister, Partnerschaftsregister und Genossenschaftsregister verdeutlicht das Bemühen des Gesetzgebers, dem Transparenzgebot effektiv Geltung zu verschaffen. Ausgehend von diesem Anliegen rechtfertigt sich keine restriktive Handhabung; “Handelsregister” ist deshalb i.w.S. zu verstehen und erfasst auch ausländische Registereintragungen, wenn ‑wie im Streitfall ‑ im Inland keine vorhanden ist. Anderenfalls bewirkte man eine Privilegierung im Ausland registrierter Unternehmen, was nicht zu rechtfertigen wäre.
Der Verstoß der Kl. zu 1) gegen § 1 Ziff. 4 TDG stellt sich zugleich als Verstoß gegen § 1 UWG dar. Wie bereits ausgeführt, dienen die Informationspflichten dem Verbraucherschutz und der Transparenz von geschäftsmäßig erbrachten Telediensten. Es handelt sich um wertbezogene Normen. Die Zuwiderhandlung begründet die Sittenwidrigkeit der Wettbewerbshandlung i.S.d. § 1 UWG (vgl. Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 22. Aufl., Rdnr. 614 zu § 1 UWG).
Die Entscheidung BGH (GRUR 1989, 830 ‑ Impressumspf1icht) rechtfertigt in dieser Hinsicht keine andere Beurteilung. Dort ging es um die presserechtliche Impressumspflicht, die ‑ so der BGH ‑ keine unmittelbare Wertbezogenheit aufweist. Der Streitfall liegt anders. Im Gegensatz zu dieser BGH‑Entscheidung kommen vorliegend Verbraucherschutzgesichtspunkte zum Tragen. Mithin stand der Bekl. im Zeitpunkt der Abmahnung … ein wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsanspruch gegen die Kl. zu 1) wegen der Verletzung von Pflichten nach § 6 TDG auf deren Website unter der Domain x.de zu. Im Verhältnis der Kl. zu 1) zur Bekl. ist die Feststellungsklage deshalb unbegründet. Dies gilt auch im Verhältnis des Kl. zu 2) ggü. der, Bekl. Auch ggü. dem Kl. zu 2) hatte die Bekl. im Zeitpunkt der Abmahnung einen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch wegen der Verletzung von Pflichten nach § 6 TDG. Der Kl. zu 2) war insoweit Störer im wettbewerbsrechtlichen Sinne, wenn auch möglicherweise nicht in seiner Eigenschaft als administrativer Ansprechpartner hinsichtlich des Domainnamens x.de … Der Kl. zu 2) ist der “Company Secretary” der Kl. zu 1) und damit immerhin ihr oberstes Verwaltungsorgan. Wenn auch im Außenverhältnis die Geschäftsführerin (“Director”) wirkt, ist doch im Innenverhältnis die Funktion des “Company Secretary” so bedeutend, dass ihm bei der gebotenen weiten Fassung des Störerbegriffs die Störereigenschaft im wettbewerbsrechtlichen Sinne zukommt. …
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