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BGH: Schnäppchen-Preis bei eBay ist nicht sittenwidrig – nur weil Startpreis günstig war, muss es sich nicht um eine Fälschung handeln

Der Bundesgerichtshof (BGH, Urteil vom 28.03.2012, Az.: VIII ZR 244/10) – zurzeit liegt nur eine Pressemitteilung vor – hatte sich mit einem ungewöhnlichen Fall bei eBay zu befassen:

Ein Verkäufer hatte bei eBay ein “Vertu Weiß Gold”- Handy zu einem Startpreis von 1,00 Euro angeboten. Bei Vertu-Handys handelt es sich um Luxus-Mobiltelefone, die wohl offensichtlich gern einmal in massiv gold ausgeführt werden. Das kostet dann auch mal eben 24.000 €, telefonieren kann man mit den Goldbarren wohl auch noch…

Der Käufer und hiesige Kläger hatte ein Maximalangebot von 1.999,00 Euro abgegeben und erhielt für 782,00 Euro den Zuschlag. Die Annahme des vom Verkäufer angebotenen Handys verweigerte er mit der Begründung, dass es sich um ein Plagiat handele.

Der Käufer vertrat die Ansicht, dass ein Original-Handy 24.000,00 Euro kostete und verlangte 23.218,00 Euro Schadenersatz. Der Schadenersatz errechnete sich aus 24.000,00 Euro Neupreis abzüglich des Kaufpreises von 782,00 Euro nebst Zinsen und Rechtsanwaltsgebühren.

Sowohl in der ersten wie auch in der zweiten Instanz war die Klage abgewiesen worden.

Offensichtlich hatte die Vorinstanz angenommen, dass es sich um ein “sogenanntes wucherähnliches Rechtsgeschäft” handele, das gemäß § 138 Abs. 1 BGB nichtig sei. Den “Wucher” hatte die Vorinstanz daraus hergeleitet, dass ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung bestehe, da ein Handy im Wert von 24.000,00 Euro für ein Bruchteil des Preises verkauft wurde.

Dem hat der BGH zutreffend eine Absage erteilt. In der Pressemitteilung heißt es:

“Von einem solchen Beweisanzeichen kann bei einer Online-Auktion jedoch nicht ohne Weiteres ausgegangen werden. Denn die Situation einer Internetversteigerung unterscheidet sich grundlegend von den bisher entschiedenen Fällen, in denen sich in den Vertragsverhandlungen jeweils nur die Vertragsparteien gegenüberstanden.”

Der Schnäppchen-Charakter von eBay ist den BGH-Richtern somit durchaus bekannt.

Muss was billig ist, auch echt sein?

Offensichtlich hatte die Vorinstanz angenommen, dass sich aus der Artikelbeschreibung nicht ergebe, dass es sich um ein echtes Vertu-Handy handeln soll. Nach Ansicht der Vorinstanz spreche “vor allem” der vom Verkäufer gewählte Startpreis der Auktion von 1,00 Euro dagegen.

Auch dieser Ansicht hat der BGH zutreffend eine Absage erteilt:

“Das Berufungsgericht verkennt, dass dem Startpreis angesichts der Besonderheit in einer Internetauktion im Hinblick auf den Wert des angebotenen Gegenstands grundsätzlich kein Aussagegehalt zu entnehmen ist. Denn der bei Internetauktionen erzielbare Preis ist von dem Startpreis völlig unabhängig, da er aus den Maximalgeboten der Interessenten gebildet wird, so dass auch Artikel mit einem sehr geringen Startpreis einen hohen Endpreis erzielen können, wenn mehrere Bieter bereit sind, entsprechende Beträge für den Artikel zu zahlen.

Aus diesen Gründen kann dem Berufungsgericht schließlich auch insoweit nicht gefolgt werden, als es den geltend gemachten Schadenersatz mit der Hilfsbegründung verneint hat, dem Kläger sei der – unterstellte – Mangel der Unechtheit des von der Beklagten angebotenen Mobiltelefons infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben, weil es erfahrungswidrig sei, dass ein Mobiltelefon mit dem von dem Kläger behaupteten Wert zu einem Startpreis von 1,00 Euro auf einer Internetplattform angeboten werde.”

Mit anderen Worten: Wenn etwas zu einem Startpreis von bspw. 1,00 Euro angeboten wird, muss es nicht zwangsläufig falsch sein.

Dies versteht sich eigentlich von selbst. Es ist schön, dass der BGH wieder einmal gezeigt hat, dass er in der digitalen Wirklichkeit angekommen ist.

Zusammenfassend sind somit extreme Schnäppchen nicht sittenwidrig und Billigpreise kein Indiz für eine angebotene Fälschung, die ein Käufer akzeptieren muss.

Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt Johannes Richard, Rostock 

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