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Petition von eBay zur erweiterten Herstellerverantwortung – worum es geht und warum Sie sich beteiligen sollten
eBay hat am 09.04.2024 E-Mails mit dem Betreff „Petition zur erweiterten Herstellerverantwortung„ versandt:
Hallo
bei eBay unterstützen wir Hunderttausende kleine und mittlere Unternehmen, sich weiterzuentwickeln und neue Märkte in der EU und weltweit zu erschließen. Gleichzeitig möchten wir zur Reduktion von Abfall beitragen, indem wir gebrauchten Produkten auf unserem Marktplatz ein zweites Leben schenken.
Wie Sie vielleicht wissen, bestehen in vielen Ländern und Bereichen aktuell Gesetze und Richtlinien zur erweiterten Herstellerverantwortung (EPR) oder weitere sind in Planung. Diese erfordern von Unternehmen, verschiedene und zunehmend komplexe Anforderungen zu erfüllen, um in der EU zu verkaufen.
Die vorgeschlagenen Änderungen würden Folgendes bedeuten: Um online innerhalb der EU verkaufen zu dürfen, müsste jedes kleine Unternehmen eine separate EPR-Registrierung für jeden Zielmarkt und für jede von der EPR betroffene Produktkategorie einholen. Der Zugang zum europäischen Binnenmarkt würde damit hohe Kosten für die Einhaltung aller Bestimmungen sowie einen erheblichen Zeitaufwand verursachen.
Deshalb bieten wir Ihnen die Möglichkeit, sich an der aktuellen EPR-Debatte zu beteiligen.
Was können Sie tun?
Wir halten Sie über die komplexen rechtlichen Rahmenbedingungen auf dem Laufenden und geben Ihnen eine Stimme bei politischen Entscheidungsträgern.
Gemeinsam mit unserem Government Relations-Team ermöglichen wir Ihnen, sich an Petitionen, Veranstaltungen und weiteren Initiativen des Netzwerks unserer kleinen und mittelständischen Händlerinnen und Händler zu beteiligen.Klicken Sie bitte auf den untenstehenden Button, um unsere Petition auf der Webseite unserer Initiative eBay Main Street zu unterzeichnen. eBay wird diese Petition allen wichtigen Entscheidungsträgern vorlegen, die die EPR-Gesetzgebung mitgestalten. Damit möchten wir uns an der aktuellen Debatte um diese Richtlinie beteiligen und in Ihrem Sinne Einfluss nehmen.
Worum geht es?
Hintergrund ist, dass auf der EU-Ebene aktuell eine Neufassung der Abfallrechts-Rahmenrichtlinie diskutiert wird (den Vorschlag der Kommission vom 05.07.2023 finden Sie hier). Für Internethändler, wie aber auch für eBay geht es um viel: Es geht um eine erhebliche Ausweitung der sogenannten erweiterten Herstellerverantwortung (EPR).
Erweiterte Herstellerverantwortung bedeutet für Internethändler aktuell, dass diese z.B. über Internetplattformen wie eBay oder Amazon keine Produkte verkaufen dürfen, wenn z.B. eine Registrierung bei der Stiftung Zentrale Stelle Verpackungsregister in der Datenbank LUCID nicht gegeben ist.
In Deutschland müssen Verkaufsplattformen diese Anmeldung bereits jetzt kontrollieren, andernfalls ist ein Verkauf nicht zulässig.
Bald EPR-Registrierung für alle EU-Lieferländer notwendig?
Bereits jetzt ist es so, dass bei einem Versand von Deutschland aus in andere EU-Länder im Empfängerland eine Registrierung nach den dortigen verpackungsrechtlichen Vorschriften und für Elektrogeräte (WEEE) notwendig ist.
Aktuell besteht jedoch keine Verpflichtung von Verkaufsplattformen in Deutschland, diese Registrierung zu überprüfen und den Verkauf in das EU-Ausland von einer Registrierung abhängig zu machen.
Dies soll sich ändern:
Nach den Angaben von eBay plant die europäische Kommission die Richtlinie für das EU-Abfallrecht so abzuändern, dass die bisher geltenden Regelungen der erweiterten Produktverantwortung für alle Lieferländer gelten.
Zukünftig muss gegebenenfalls eine Verkaufsplattform die abfallrechtliche Registrierung des Verkäufers überprüfen (z.B. durch die Abfrage einer Registernummer), bevor ein Verkauf in das EU-Ausland zugelassen wird.
Dies hätte für gewerbliche Verkäufer, die eine Verkaufsplattform wie eBay oder Amazon nutzen, zur Folge, dass ein Verkäufer für das jeweilige EU-Lieferland nachweisen müsste, dass die Abfallentsorgung, z.B. für Versandverpackungen im jeweiligen EU-Land gewährleistet ist. Bei einem EU-weiten Versand wären dies neben Deutschland somit eine Anmeldung und eine Registrierung in 26 weiteren EU-Ländern.
Obwohl wir einen EU-Binnenmarkt haben, ist das jeweilige Abfallrecht in den unterschiedlichen EU-Ländern sehr unterschiedlich geregelt, quasi eine EU-weite Kleinstaaterei. Jedes EU-Land kocht sein eigenes Süppchen. Neben einer zum Teil aufwendigen Anmeldung, der Bestellung eines Bevollmächtigten, der für das jeweilige EU-Land abfallrechtlich für den Händler verantwortlich ist, kommen noch erhebliche Kosten für das jeweilige EU-Land hinzu. Dass der bürokratische Aufwand für die Händler ganz erheblich ist, liegt auf der Hand.
EPR bedeutet nach unserem Verständnis in diesem Zusammenhang, dass für den Fall, dass die Richtlinie abgeändert wird und in nationales Recht umgesetzt wird, die Verkaufsplattform, wie bereits jetzt für Deutschland, die Registernummern der entsprechenden für das Abfallrecht zuständigen Stellen des EU-Landes, das jeweile Lieferland ist, abfragen müsste, bevor ein Versand in diese Länder erlaubt wäre. Es müsste quasi vorher durch den Händler in dem jeweiligen EU-Land, das Lieferland ist, eine Registrierung erfolgen. Eine Registernummer müsste auf der Plattform hinterlegt werden.
Eine zentrale Stelle, bei der ein Händler sich z.B. für alle EU-Länder oder für bestimmte EU-Länder anmelden kann und bei der ohne großen bürokratischen Aufwand die Finanzierung der Abfallentsorgung gewährleistet ist, gibt es nicht und ist offensichtlich auch aktuell nicht beabsichtigt.
Im Ergebnis könnten gerade viele kleinere Händler es sich schlichtweg nicht mehr leisten (abgesehen vom bürokratischen Aufwand), Produkte in andere EU-Länder zu versenden. Der freie Warenverkehr innerhalb des EU-Binnenmarktes würde ad absurdum geführt werden, da er an Kleinstaaterei und bürokratischen Hürden zerschellt.
Nur noch große Player könnten sich einen EU-weiten Versand leisten. Der Leidtragende wäre im Ergebnis der Verbraucher, der zumindest über Verkaufsplattformen nicht mehr von anderen Verkäufern aus der EU einkaufen könnte bzw. nur noch sehr eingeschränkte Angebote von ausländischen Anbietern angezeigt werden würden. Dies beeinträchtigt letztlich auch den Wettbewerb.
Es liegt somit auf der Hand, dass eine derartige Gestaltung nicht nur für die Händler, die über eine Plattform verkaufen zum Problem wird, sondern auch für den Plattform-Betreiber, wie eBay.
Die Petition von eBay
ebay fordert Händler dazu auf, eine Petition elektronisch zu unterzeichnen.
Die Petition, die eBay initiiert hat, hat folgenden Inhalt:
Petition
Sicherung des Zugangs kleiner Unternehmen zum europäischen Binnenmarkt für kleine Unternehmen durch effiziente Regulierung für die Abfallwirtschaft
Wir, die Unterzeichnenden, fordern die politischen Entscheidungsträger*innen der EU auf, die Richtlinien für die EU-Abfallwirtschaft (Erweiterte Herstellerverantwortung – EPR) so zu regeln, dass der Zugang zum EU-Binnenmarkt für alle europäischen Kleinunternehmen gesichert ist und gleichzeitig die Ziele des europäischen Grünen Deals unterstützt werden.
Der derzeitige EU-Rahmen für die erweiterte Herstellerverantwortung (EPR) wird durch die extreme Fragmentierung der Gesetze, die europäische KMU beim Verkauf von Produkten in allen 27 EU-Mitgliedstaaten befolgen müssen, erheblich erschwert.
Abfallreduzierung und Entsorgung am Ende der Produktlebensdauer können auch unter Wahrung des Zugangs kleiner Unternehmen zum Binnenmarkt erreicht werden.
Aus diesem Grund sollten die folgenden Maßnahmen ergriffen werden:
1.Einrichtung einer zentralen Anlaufstelle in der EU zur Einhaltung des Rechtsrahmens für die Abfallwirtschaft. Eine zentrale Registrierungs- und Meldestelle trägt erheblich zur Rechstbefolgung der Abfallerzeuger in der gesamten EU bei. Diese Maßnahme könnte entweder über das Heimatland des Unternehmens oder in Form eines speziellen EU-Portals, das von der Europäischen Kommission betrieben wird, umgesetzt werden. Mit einem solchen „One-Stop-Shop-System“ sind die Unternehmen bereits im Zusammenhang mit der Einhaltung von MwSt.-Vorschriften vertraut.
2. Einführung von Ausnahmeregelungen für Kleinstunternehmen und/oder De-minimis-Regelungen für bestimmte Produktabsatzmengen. Grenzwerte und/oder ein vereinfachtes Pauschalgebührensystem würden Unternehmen, die nur gelegentlich Waren ausführen, beim Ausbau ihrer Geschäfte helfen. Noch wichtiger ist, dass die EPR-Organisationen nicht mehr die Kosten für die Verwaltung dieser sehr kleinen Abfallerzeuger tragen müssten, die oft höher sind als die von ihnen geschuldeten Gebühren.
3.Erlaubnis für Online-Marktplätze, ihre Verkäufer zu unterstützen, indem klargestellt wird, dass sie keine „Produzenten“ sind. In manchen Fällen sind Kleinunternehmen unter Umständen bereit, ihre Einhaltung der EPR-Richtlinien an den Online-Marktplatz zu delegieren, über den sie ihre Produkte im Binnenmarkt verkaufen. Diese Änderung würde einen reibungslosen Übergang ermöglichen, wenn ein kleines Unternehmen zum ersten Mal ein Produkt in einen bestimmten Mitgliedstaat oder in einer neuen EPR-Kategorie verkauft. Da Online-Marktplätze, die keinen physischen Zugang zu den Waren erhalten, jedoch keine „echten“ Produzenten sind, sollten sie von einer Sonderregelung profitieren, die es ihnen ermöglicht, Waren auf vereinfachte Weise bei EPR-Organisationen anzumelden.
Wir sind gerne bereit, in enger Zusammenarbeit mit dem Gesetzgeber dafür zu sorgen, dass es die künftigen Richtlinien für die Abfallwirtschaft europäischen Kleinunternehmen ermöglichen, auch künftig vom EU-Binnenmarkt zu profitieren.
Was wir von dieser Petition halten?
Sollten die geplanten EPR-Regelungen tatsächlich in Kraft treten, würden im Ergebnis nach unserer Einschätzung nur noch große Anbieter übrigbleiben, die innerhalb der EU grenzüberschreitend Waren verkaufen würden. Für kleinere Anbieter wäre der bürokratische Aufwand und insbesondere die Kosten zu hoch.
Wir finden Vorschläge von eBay in der Petition sehr klug:
Es wäre tatsächlich viel gewonnen, wenn es eine zentrale Anlaufstelle in der EU zur Einhaltung des Rechtsrahmens für die Abfallwirtschaft geben würde. Ebay weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass selbst bei komplexen Themen, wie der Mehrwertsteuer eine derartige zentrale Stelle durch das „One-Stop-Shop-System“ in der Vergangenheit bereits einmal erfolgreich gelungen war.
Auch ein Pauschalgebührensystem für Kleinstunternehmen wäre eine sinnvolle Regelung. Tatsächlich ist es so, dass bei dem Verkauf eines einzigen Produktes in ein anderes EU-Land die dortigen abfallrechtlichen Vorgaben eingehalten werden müssen. Ebay beziffert insofern die Kosten für eine EPR-Konformität (abfallrechtliche Anmeldung in 26 EU-Staaten) auf 140.000,00 € sowie auf 39 Arbeitstage im Jahr. Diese Berechnung halten wir nicht für abwegig.
Auch die Möglichkeit, die Einhaltung der EPR-Vorgaben an den Online-Marktplatz zu delegieren halten wir für eine gute Lösung, insbesondere bei Kleinunternehmen. Wir verstehen die von eBay vorgeschlagene Regelung so, dass ein Marktplatz selbst die Waren bei der jeweiligen EPR-Organisation in der EU anmeldet.
Fazit
Ebay hat ein ernsthaftes Problem für Internethändler erkannt, die auch weiterhin ihre Waren EU-weit ausliefern möchten und darauf reagiert. Auch wenn nach unserer Auffassung der rechtliche Hintergrund und die tatsächlichen Folgen der Änderung der Abfallrichtlinie in der Information von eBay nicht so einfach deutlich werden, sind die vorgeschlagenen 3 Maßnahmen von eBay sehr sinnvoll. Im Ergebnis wäre eine Finanzierung der Abfallentsorgung bei einem Versand ins EU-Ausland, auf eine anderenfalls ausufernde kaum zu beherrschende Bürokratie würde verzichtet werden.
Wir empfehlen daher, nicht nur eBay-Verkäufern, sondern auch Internethändlern, die über andere Plattformen verkaufen, die eBay-Petition zu unterstützen.
Die eBay-Petition können Sie hier elektronisch unterzeichnen.
Stand:
15.04.2024
Rechtsanwalt
Johannes Richard