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Kfz Ersatzteile: Unter welchen Voraussetzungen können Designrechtlich geschützte Kfz-Ersatzteile dennoch angeboten werden?

Ein Design oder ein Gemeinschaftsgeschmacksmuster schützt, vereinfacht gesagt, das Aussehen eines Produktes.
Viele äußerlich sichtbare Kfz-Ersatzteile, wie z.B. Scheinwerfer oder Rücklichter haben eine bestimmte Form. Ein passendes Ersatzteil müsste somit exakt die gleiche Form haben, andernfalls würde es nicht passen bzw. es würde nicht aussehen.

Die Hersteller von Pkw oder Lkw könnten somit über ein angemeldetes Design oder ein Gemeinschaftsgeschmacksmuster den Ersatzteilmarkt von Drittherstellern erheblich behindern. Aufgrund des Designs wären anderen Herstellern Beispiel von speziell aussehenden Ersatzteilen die Herstellung nicht erlaubt, da die Produkte gegen ein Design verstoßen könnten. Dies gilt natürlich nur für den Fall, dass der Fahrzeughersteller ein Design oder ein Gemeinschaftsgeschmacksmuster angemeldet hat. Folge wäre, dass der Hersteller quasi als Monopolist die Preise bestimmen könnte.

Artikel 110 GGV Reparaturklausel

Der Gesetzgeber hat dieses Problem erkannt und dazu Regelungen in Artikel 110 Gemeinschaftsgeschmacksmusterverordnung (GGV) getroffen:

Übergangsbestimmungen

Bis zu dem Zeitpunkt, zu dem auf Vorschlag der Kommission Änderungen zu dieser Verordnung in Kraft treten, besteht für ein Muster, das als Bauelement eines komplexen Erzeugnisses im Sinne des Artikels 19 Absatz 1 mit dem Ziel verwendet wird, die Reparatur dieses komplexen Erzeugnisses zu ermöglichen, um diesem wieder sein ursprüngliches Erscheinungsbild zu verleihen, kein Schutz als Gemeinschaftsgeschmacksmuster.

Es handelt sich um eine sogenannte Reparaturklausel. Die Rede ist von Bauelementen eines komplexen Erzeugnisses. Gemeint sind nach unserer Auffassung erster Linie Kfz Ersatzteile. Jedenfalls soll verhindert werden, dass Ersatzteile nur von einem einzigen Lieferanten bezogen werden können.

Grundsätzlich gilt diese sogenannte Reparaturklausel nur für sogenannte formgebundene Produkte, bei denen die Form durch das Erscheinungsbild des Gesamterzeugnisses unveränderlich festgelegt ist und deshalb nicht frei vom Kunden gewählt werden kann. Es passt quasi nur eine ganz bestimmte Form. Eine Ausnahme sind Felgen: Die Form ist frei wählbar. Dennoch fallen Felgen unter die Regelung des Artikel 110 GGV.

Grundsätzliche Voraussetzung ist die Reparatur. Ausgeschlossen sind somit Produkte, die auf die Verschönerung eines Erzeugnisses gerichtet sind, im Kfz-Bereich z.B. das Tuning. Die Ersatzteile müssen so ausgestaltet sein, dass Sie das ursprüngliche Erscheinungsbild des Gesamterzeugnisses wiederherstellen.

BGH zu Felgen und Artikel 110 GGV

Die tatsächlichen Voraussetzungen, Kfz Zubehör, bei dem ein Designschutz besteht von Drittherstellern anzubieten sind jedoch hoch. Der Bundesgerichtshof hatte für Felgen in der Entscheidung „Kraftfahrzeugfelgen II“ entschieden:

a) Die Schutzschranke gemäß Art. 110 Abs. 1 GGV ist grundsätzlich auf Felgen von Kraftfahrzeugen anwendbar, die farblich und in der Größe den Originalfelgen entsprechen, wenn die Verwendung der Felgen notwendig ist, um ein Kraftfahrzeug zu reparieren, das etwa aufgrund des Abhandenkommens der Originalfelgen oder deren Beschädigung schadhaft geworden ist.
b) Der Anbieter solcher Kraftfahrzeugfelgen kann sich auf die Schutzschranke gemäß Art. 110 Abs. 1 GGV nur dann mit Erfolg berufen, wenn er Sorgfaltspflichten erfüllt, die sich auf die Einhaltung der in Art. 110 Abs. 1 GGV geregelten Voraussetzungen durch die nachgelagerten Benutzer beziehen.
c) Danach obliegt es dem Hersteller und dem Anbieter, den nachgelagerten Benutzer mit einem klaren, gut sichtbaren Hinweis auf dem Erzeugnis, auf dessen Verpackung, in den Katalogen oder in den Verkaufsunterlagen darüber zu informieren,

  • dass in die betreffende Felge ein Geschmacksmuster aufgenommen ist, dessen Inhaber er nicht ist, und
  • dass diese Felge ausschließlich dazu bestimmt ist, mit dem Ziel verwendet zu werden, die Reparatur des Kraftfahrzeugs zu ermöglichen, um diesem wieder sein ursprüngliches Erscheinungsbild zu verleihen.
    Der Hinweis muss in den Sprachen gegeben werden, die in den Ländern allgemein verständlich sind, an deren Einwohner sich das Angebot bestimmungsgemäß richtet.

d) Der Hersteller und der Anbieter haben zudem mit geeigneten Mitteln, insbesondere vertraglicher Art, dafür zu sorgen, dass die nachgelagerten Benutzer die Felgen ausschließlich mit dem Ziel der Reparatur des Kraftfahrzeugs verwenden.
e) Weiß der Hersteller oder der Anbieter, dass der nachgelagerte Benutzer die Felgen nicht ausschließlich mit dem Ziel der Reparatur des Kraftfahrzeugs verwendet, oder müssen Hersteller oder Anbieter dies bei Würdigung aller maßgeblichen Umstände vernünftigerweise annehmen, muss ein Verkauf unterbleiben.

Der Dritthersteller hat somit unter anderem ausführliche Hinweispflichten, die auf dem Produkt, der Verpackung und den sonstigen Unterlagen anzugeben sind. Diese Informationspflicht gilt auch für den Verkäufer, z.B. bei einem Internetangebot.

In der Praxis sind uns derartige Hinweise nicht bekannt.

Sind die oben genannten Voraussetzungen nicht gegeben, kann eine Designrechtsverletzung vorliegen, die aktuell auch durch Kfz-Hersteller abgemahnt werden.

Wir beraten Sie bei einer Abmahnung wegen eines Designs beim Angebot von Ersatzteilen für PKW oder LKW.

Stand: 21.02.2024
Es berät Sie: Rechtsanwalt Johannes Richard