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Anhängen an ASINs bei Amazon: Markeninhaber kann sich nicht gegen das Anhängen an seine Marken-ASIN vorgehen, wenn er selbst kein Markenprodukt ausliefert (LG Mannheim)
Wenn bei Amazon unter einer ASIN ein markenrechtlich geschütztes Produkt angeboten wird, dürfen sich nur die Verkäufer an die ASIN anhängen, die im Fall einer Bestellung auch das Markenprodukt ausliefern können. Daher ist es über eine eigene Marke für die entsprechenden Produkte für Amazon-Verkäufer relativ einfach möglich, die ASIN exklusiv zu nutzen, wenn der Markeninhaber der einzige ist, der das Markenprodukt zur Verfügung hat.
Amazon schreibt vor, dass die angebotenen Markenprodukte auch mit der Marke gekennzeichnet sein müssen. Unabhängig von den Vorgaben und Richtlinien von Amazon ist dies nicht zwangsläufig notwendig, da es eine sogenannte Benutzungsschonfrist gibt. Um die Marke zu erhalten, muss diese 5 Jahre nach der Anmeldung auch tatsächlich genutzt werden. Nutzung bedeutet in diesem Zusammenhang die Kennzeichnung des Produktes selbst mit der Marke.
LG Mannheim: Markeninhaber kann sich nicht gegen das Anhängen an „seine“ ASIN wehren, wenn er selber ein Produkt mit einer anderen Marke ausliefert
Das Landgericht Mannheim (LG Mannheim, Urteil vom 28.08.2020 Az. 22 O 11/20) hatte über eine besondere Konstellation des Anhängens an eine Marken-ASIN zu entscheiden:
Ein Amazon-Verkäufer hatte bei Amazon einer ASIN erstellt (das Landgericht nennt dies „Ersteinstellerin“), in der eine Atemschutzmaske mit der Angabe „von C“ angeboten wurde.
„C“ (dies ist die verkürzte Fassung) war durch den Verkäufer als Marke angemeldet und eingetragen worden.
Der Kläger in diesem Verfahren hatte sich an diese ASIN angehängt und war daraufhin von der Beklagten (der Markeninhaberin) aufgefordert worden, sich von dieser ASIN zurückzuziehen.
Der Kläger nahm bei der Beklagten bei Amazon einen Testkauf vor. Geliefert wurden Atemschutzmasken mit dem Aufdruck „X“, jedenfalls nicht der Marke der Beklagten.
Die Klägerin hatte gegen die Beklagte auf Feststellung geklagt, nämlich dass Sie es nicht gegenüber dem Beklagten zu unterlassen habe, sich allein wegen der Bezeichnung „von C“ an Amazon-Angebote der Beklagten anzuhängen. Das Landgericht hat diesem Feststellungsantrag stattgegeben.
Markeninhaberin hat keine Unterlassungsansprüche, wenn sie Produkte mit einer anderen Kennzeichnung ausliefert
Das Landgericht vertrat die Ansicht, dass es der Beklagten gemäß § 242 BGB verwehrt sei, den Unterlassungsanspruch auf ein kennzeichenrechtsverletzendes Handeln des Klägers zu stützen. § 242 BGB regelt, dass formale Positionen nicht missbräuchlich ausgenutzt werden dürfen.
Eigentlich wäre das Anhängen an die markenrechtlich geschützte ASIN der Beklagten ein eindeutiger Markenrechtsverstoß. Im vorliegenden Fall jedoch nicht:
„Denn die Rechtsposition der Beklagten beruht auf ihrem eigenen unlauteren, irreführenden Handeln (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 UWG). Die Unlauterkeit des beanstandeten
Handelns der Klägerin wird nämlich einzig und allein durch das irreführende eigene Angebot der Beklagten provoziert, die die Atemschutzmasken als Ersteinstellerin bei Amazon mit dem Hinweis „von C“ bewirbt. Der angesprochene Verkehr fasst eine solche Angabe regelmäßig als ein auf den Hersteller des Produktes hinweisendes Kennzeichen (mithin eine Marke oder ein sonstiges unternehmensbezogenes Zeichen) auf. Dies ergibt sich aus der Verbindung mit der vorangestellten und auf einen Ursprung hinweisenden Präposition „von“. Die Beklagte ist aber nicht Herstellerin der bei Amazon angebotenen Atemschutzmasken mit der Kennzeichnung „X”. „
Markeninhaber muss Hersteller sein
„Wer sich als „Hersteller“ bezeichnet wird vom Verkehr als ein Unternehmen angesehen,
das die von ihm angebotenen Waren im Wesentlichen selbst herstellt. Er braucht zwar nicht sämtliche Fertigungsschritte vollzogen zu haben. Bei den aus verschiedenen Teilen und aus unterschiedlichem Material bestehenden Waren geht der durchschnittlich informierte Verbraucher nicht davon aus, dass alle Teile und alle Substanzen von demjenigen stammen, der sich als Hersteller präsentiert. Auch wird die Herstellereigenschaft vor allem bei serienmäßig hergestellten Massenwaren nicht dadurch ausgeschlossen, dass ein Teil in fremden Werkstätten gefertigt oder zugekauft wird. Man wird für eine Werbung mit dem Begriff des Herstellers noch nicht einmal voraussetzen können, dass der Fremdherstelleranteil geringfügig ist. Denn in vielen Branchen – etwa bei der PC-Herstellung – ist die Herstellung eines Produkts darauf beschränkt, von anderen hergestellte Komponenten auszuwählen und zusammenzubauen. Bringt jedoch derjenige, der sich als Hersteller bezeichnet dagegen auf dem von einem Dritten vollständig hergestellten Produkt lediglich noch seine Marke an, darf er nicht behaupten, das Gerät stamme aus der eigenen Produktion. So verhält es sich aber im vorliegenden Fall. Die Beklage hat nicht einmal behauptet, einen Teil der angebotenen Atemschutzmasken selbst gefertigt zu haben, sie geriert sich als Herstellerin, ohne es zu sein. „
Kein schutzwürdiges Interesse des Markeninhabers
„Der Beklagten fehlt, zumal sie die Irreführung durch eine entsprechende Korrektur der eigenen Produktdetailseite umgehend effizient unterbinden könnte, ein schutzwürdiges Eigeninteresse am Vorgehen gegen die Klägerin. Das Ziel der Beklagten, durch diese Vorgehensweise von vorneherein das auf der Internetplattform Amazon systemimanente Anhängen von Wettbewerbern an das eigene (Erst-)Angebot zu unterbinden, ist wettbewerbsrechtlich inakzeptabel. Denn hiermit würde ein Wettbewerb hinsichtlich des jeweiligen Produktes auf der Internetplattform Amazon tatsächlich behindert, wenn nicht gar vereitelt. Wettbewerbern würde das Angebot gleicher Artikel letztlich unmöglich gemacht werden, da sie diese nicht unter einer anderen ASIN anbieten könnten, ohne sich dem Vorwurf ausgesetzt zu sehen, solchermaßen irreführend eine „Dublette“ anzubieten“
Fazit
Der Sachverhalt, über den das LG Mannheim zu entscheiden hatte, zeichnet sich durch ungewöhnliche Besonderheiten aus: Häufig ist es so, dass der Markeninhaber die von ihm angebotenen Produkte nicht mit der Marke gekennzeichnet. Ein markenrechtlicher Schutz wird dadurch nicht zwangsläufig verhindert. Der vorliegende Fall zeichnete sich jedoch dadurch aus, dass der Markeninhaber selbst ein ganz anderes, mit einem anderen Hersteller gekennzeichnetes Produkt auslieferte. Seine eigene Marke war nicht einmal als Zweitkennzeichnung aufgebracht. Dies zugrunde gelegt, ist die Entscheidung des Landgerichtes Mannheim richtig. Alles andere hätte nämlich zur Folge, dass ein Markeninhaber einfach Marken-ASINs bei Amazon angelegt und darunter irgendwelche Produkte, jedenfalls welche, die nicht mit seiner Marke gekennzeichnet sind, verkauft. Für diese Monopolisierung gibt es tatsächlich kein Rechtsschutzinteresse.
In der Praxis hat dies zur Folge, dass Amazon-Verkäufer die aufgefordert werden, sich von einer Marken-ASIN zurückzuziehen oder die eine markenrechtliche Abmahnung erhalten, ggf. prüfen sollten, welche Produkte der Markeninhaber wirklich ausliefert.
Anhängen bei Amazon oder markenrechtliche Abmahnung wegen Amazon- wir beraten Sie.
Stand: 29.9.2020
Es beraten Sie: Rechtsanwalt Johannes Richard und Rechtsanwalt Andreas Kempcke