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KG Berlin: Vertragsstrafe wegen Amazon-Angeboten, wenn nur Prüfung per Stichprobe

Sehr problematisch für Amazon-Verkäufer ist eine Abmahnung, die sich in irgendeiner Form den Inhalt der Amazon-Angebote bezieht. Dies kann eine Bewerbung mit einer Garantie sein ohne Erläuterung von Garantiebedingungen, der immer wieder gern abgemahnte Hinweis „CE geprüft“, die Verletzung einer Marke durch Benennung der Marke im Angebot oder andere wettbewerbswidrige Angaben in der Artikelbeschreibung. Auch fehlende Informationen wie bspw. zur Textilkennzeichnung oder beim Angebot von Lebensmitteln können ein Problem sein.

Das konkrete Problem besteht darin, dass der Seller bei Amazon in der Regel keinen abschließenden Einfluss auf die ASIN hat: Dritte können die ASIN abändern. Inwieweit sich Händler darauf verlassen können, dass ausschließlich sie eine selbstangelegte ASIN belangt werden können, ist nach unserer Auffassung unklar.

Bei einer strafbewehrten Unterlassungserklärung, die sich auf den Inhalt von Amazon-Angeboten bezieht, wird daher größte Vorsicht geboten: Die Gefahr einer Vertragsstrafe ist außerordentlich hoch.

Bei einer Abmahnung in derartigen Fällen, sollte sehr genau überlegt werden, ob die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung sinnvoll ist. Langfristig gesehen ist es häufig günstiger, keine Unterlassungserklärung abzugeben und es auf ein gerichtliches Verfahren ankommen zu lassen. Werden Unterlassungsansprüche in einem gerichtlichen Verfahren durchgesetzt, wird dem Abgemahnten für den Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld angedroht. Das Gericht überprüft jedoch eine Unterlassungsverfügung nicht von sich aus, dies muss der Abmahner tun. Die Motivation ist jedoch häufig gering, da ein Ordnungsgeld in die Staatskasse geht. Zudem hat das Verschulden Einfluss auf die Höhe des Ordnungsgeldes.

Bei Ordnungsgeldern nimmt die Rechtsprechung z. B. an, dass die Angebote werktäglich zu überprüfen sind.

KG Berlin: Vertragsstrafe in Höhe von 5.000,00 Euro wegen Verstoß bei Amazon

Das Kammergericht Berlin (KG Berlin Beschluss vom 21.06.2021 Az.: 5 U 3/20) hatte über eine Berufung zu entscheiden, bei der ein Amazon-Händler aufgrund einer abgegebenen Unterlassungserklärung an den Abmahner eine Vertragsstrafe in Höhe von 5.000,00 Euro zahlen sollte. Die I. Instanz hatte den Händler entsprechend verurteilt. Die Berufung gegen das Urteil war nach Ansicht des KG Berlin offensichtlich unbegründet.

Schuldhafter Verstoß

Der abgemahnte Händler hatte sich damit verteidigt, dass er seine Angebote lediglich stichprobenartig überprüft hatte. Dies reicht nach Ansicht des KG Berlin zur Erfüllung der Prüfungspflichten nicht aus. Auch das Argument des abgemahnten Händlers, die gebotene Prüfung sei zu kostenintensiv, überzeugte das KG nicht:

„Zwar mögen Gesichtspunkte, die sich aus (ökonomischen Analysen) ergeben, bei der Auslegung des einfachen Rechts zu berücksichtigen sein; sie sind jedoch jedenfalls nicht das einzige Kriterium, das bei der Bestimmung des Inhalts von Sorgfaltspflichten in Ansatz zu bringen ist. So ist hier vielmehr in erster Linie zu bedenken, dass der Beklagte sich bewusst für den Vertriebsweg über eine solche Plattform entschieden hat, die eine nachträgliche Abänderung der eingestellten Angebote durch Dritte zulässt. Die wirtschaftlichen Nachteile, die sich daraus ergeben mögen, dass der Beklagte jene Prüfung sicherzustellen hat, sind letztlich die Kehrseite jener unternehmerischen Entscheidung und müssen vom Beklagten hingenommen werden (BGH Hersteller Preisempfehlung bei Amazon)“.

Es ist nicht das erste Mal, dass ein Gericht entscheidet, dass der Händler das „Risiko Amazon“ hinzunehmen hat bzw. besonders intensiven Prüfungspflichten unterliegt. Das grundsätzliche Problem, das ASINs durch Dritte bei Amazon abgeändert werden können, lässt sich nur dadurch lösen, in dem quasi täglich Angebote überprüft werden. Ob der Verkäufer Einzelunternehmer ist und bei einer Vielzahl von Angeboten dies zumindest nicht manuell leisten kann, ist hierbei unerheblich.

Es empfiehlt sich daher immer, sei es zur Vermeidung einer Vertragsstrafe oder eines Ordnungsgeldes Software-Lösungen zu verwenden, die automatisch Alarm schlagen, wenn eine ASIN einen unzulässigen Inhalt hat. Eine regelmäßige Prüfung ist in diesen Fällen jedenfalls verpflichtend. Nicht nur dass: Diese sollte auch entsprechend dokumentiert werden.

Vertragsstrafe in Höhe von 5.000,00 Euro angemessen

Der Abgemahnte hatte offensichtlich eine Unterlassungserklärung nach dem sogenannten Hamburger Brauch abgegeben. Dies bedeutet, dass keine feste Vertragsstrafe für den Fall der Zuwiderhandlung vereinbart ist, sondern eine angemessene. Über die Billigkeit der Vertragsstrafe entscheidet dann im Ergebnis das Gericht. Bei einer deutlich geringeren Vertragsstrafe, so das KG, bestände vielmehr die ernsthafte Gefahr, dass der Zweck des Vertragsstrafeversprechens, den Schuldner von weiteren Verstößen abzuhalten, nicht erreicht würde.

Auch die genutzte Plattform spielte für das KG eine Rolle:

„Ferner war in Ansatz zu bringen, dass es sich bei der Plattform Amazon.de um eine solche mit einem gehörigen Bekanntheitsgrad handelt. Es bestand daher insbesondere die gesteigerte Gefahr, dass eine erhebliche Anzahl von Internetbesuchern, die Werbeaussage zur Kenntnis nehmen, was auch die Gefahr der Nachahmung erhöht“.

Hinzu kam, dass der Händler zudem auch mit zwei Angeboten gegen die Unterlassungserklärung verstoßen hatte.

Praxistipp: Keine Unterlassungserklärung abgeben bei Verstößen bei Amazon

Bei einer Abmahnung, die sich auf Artikelbeschreibungen bei Amazon bezieht, sollte in der Regel keinesfalls eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben werden. Aus einer einmal abgegebenen Unterlassungserklärung kommt der Abgemahnte in der Regel nicht wieder heraus. Diese ist sehr lange wirksam. Die Motivation, die Unterlassungserklärung zu überprüfen, ist für den Abmahner hoch, da dann abkassiert werden kann.

Wir beraten Sie bei einer Abmahnung bei Amazon.

Stand: 28.09.2021

Es beraten Sie: Rechtsanwalt Johannes Richard und Rechtsanwalt Andreas Kempcke