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Amazon-Transparency: Wirksames Mittel gegen Markenfälschungen oder Marktbehinderung?

Das Angebot und die Lieferung von gefälschten Markenwaren ist bei Amazon, wie auf anderen Plattformen auch, ein Problem. Häufig, so unsere Erfahrung, handelt es sich nicht um ein gemachtes Plagiat eines Markenproduktes, dass erst auf 2. Blick als Fälschung erkennbar ist das Problem ist vielmehr ein anderes:

An einer ASIN mit einem Markenprodukt können sich in der Regel andere Händler anhängen. Das Anhängen an diese ASINs ist unproblematisch, wenn die Verkäufer im Falle einer Bestellung ein echtes Markenprodukt ausliefern. Häufig werden jedoch andere Produkte ausgeliefert, die zwar ähnlich, wenn nicht sogar technisch identisch sind, jedoch keine Markenprodukte. Besonders häufig tritt diese Konstellation auf, wenn asiatische Verkäufer sich an markenrechtlich geschützte ASINs anhängen. In diesem Fall liegt aus rechtlichen Gründen immer eine Markenrechtsverletzung vor.

Amazon-Transparency

Amazon hat das einen sogenannten Authentifizierungsservice auf Artikelebene eingeführt, „Transparency“ genannt.

Dieser Service läuft wie folgt ab:

Der Markeninhaber registriert seine Produkte bei Amazon-Transparency. Er erhält von Amazon einen Code, , der mittels eines Aufklebers auf dem Produkt oder der Verpackung angebracht wird. Amazon kennt diese Codes, um sicherzustellen, dass nur echte Markenware an die Kunden versendet wird. Wir interpretieren diese Information so, dass andernfalls eine Versendung der Ware an den Kunden nicht erfolgt. Mutmaßlich kann dieser Service daher nur beim FBA-Versand funktionieren.

Über eine App hat der Käufer die Möglichkeit, den Code einzuzuscannen. Der Käufer hat darüber die Möglichkeit, die Echtheit des Produktes zu verifizieren, er kann zudem mehr über das Produkt erfahren.

Dieser Schutz kostet den Markeninhaber ein paar Cent pro Produkt.

Hilfreich oder rechtlich problematisch?

Inwieweit das Transparency-Programm von Amazon Markenhersteller, wie auch Käufer vom Markenfälschungen bzw. der Lieferung von No-Name-Produkten schützen kann, können wir nicht genau beurteilen. Fakt ist jedenfalls, dass es das Problem nicht gäbe, wenn Amazon, zumindest in seinen FBA-Lagern eine Eingangskontrolle hätte, bei der geprüft wird ob das ein gelieferte Produkt auch wirklich ein Markenprodukt ist. Nach unserem Eindruck wird dieses Defizit nunmehr auf den Markeninhaber abgewälzt.

Es gibt jedoch u. U. auch ein rechtliches Problem:

Wenn ein Markeninhaber in der Europäischen Union ein echtes Markenprodukt in den Verkehr bringt, können Dritte (z.B. Amazon-Händler) dieses Produkt auch legal anbieten und verkaufen. Juristen sprechen hier von der sogenannten Erschöpfung.

Wenn ein Transparency-Aufkleber notwendig ist, um das Produkt bei Amazon verkaufen zu können, kann dies zur Folge haben, dass Amazon-Verkäufer, die echte und legale Produkte anbieten, diese plötzlich nicht mehr verkaufen dürfen. Dies wäre dann der Fall, wenn der Aufkleber fehlt. Das Transparency-Programm könnte daher dazu genutzt werden, den freien Warenverkehr mit Markenprodukten in der EU einzuschränken. Der Markeninhaber könnte über diesen Code steuern, wer seine Produkte bei Amazon verkaufen darf. Dies wiederum könnte sich auf den Preiswettbewerb auswirken.

Amazon-Händler sollten daher genau beobachten, in welche Richtung sich das Transparency-Programm von Amazon in der Zukunft entwickelt.

Stand: 29.07.2020

Es berät Sie: Rechtsanwalt Johannes Richard