ag-wuppertal-22ds-70js6906-06

Die Nutzung eines offenen Wlans zum “Schwarzsurfen” ist strafbar.

AG Wuppertal, Urteil vom 03.04.2007, Az.: 22 Ds 70 Js 6906/06

AMTSGERICHT WUPPERTAL

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

Az.: 29 Ds 70 Js 6906/06 (16/07)

Entscheidung vom: 3. April 2007

In dem Strafverfahren

………………….

Der Angeklagte ist eines Verstoßes gegen §§ 89 Satz 1, 148 Telekommunikationsgesetz in Tateinheit mit einem Verstoß gegen §§ 43 Abs. 2 Nr. 3, 44 Bundesdatenschutzgesetz, 52, 59 StGB schuldig

    Er wird verwarnt.

    Die Vollstreckung einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu je 5,– Euro bleibt vorbehalten.

    Der sichergestellte Laptop nebst Ladegerät werden eingezogen.

    Die Kosten des Verfahrens trägt der Angeklagte.

Gründe:

Der Angeklagte ist ledig und hat keine Kinder. Von Beruf war er Altenpfleger, den er jedoch wegen psychosomatischer Beschwerden aufgeben musste. Eine Umschulungsmaßnahme zum Informatiker bzw. Anwendungsentwickler brach er ebenfalls erfolglos ab. Gegenwärtig lebt er von elterlicher Unterstützung. Nach seinen Angaben ist der Angeklagte nicht vorbestraft.

Im Frühjahr 2006 kaufte sich der Angeklagte einen sogenannten Laptop zum Preise von 999,– Euro, auf den er zwei Betriebssysteme Windows XP und Solaris installierte. Einen Internetzugang leistete sich der Angeklagte aus finanziellen Gründen nicht. Bei Verwandten und Bekannten nutze er gelegentlich deren sogenannten WLAN-Anschluss, um mit deren Erlaubnis im Internet zu surfen und das Programm ICQ zu nutzen.

Am Abend des 12. Oktober 2006 besuchte der Angeklagte in der Nachbarschaft der Straße X seine Eltern. Gegen 20.00 Uhr suchte der Angeklagte die Nähe des Hauses X, wo er bereits Tage zuvor herausgefunden hatte, dass er sich dort von seinem Notebook aus in das offene Funknetzwerk des Zeugen A einwählen konnte,. weil dieser Zeuge A seinen Internetzugang mittels WLAN-router nicht verschlüsselt hatte. Vom Bürgersteig aus nutzte so der Angeklagte den Internetzugang des Zeugen A, in dem er sich mit Hilfe des Programms ICQ mit Bekannten austauschte. Er beabsichtigte dabei, die Internetnutzung ohne Zahlung eines Entgeltes zu erlangen, eine Erlaubnis hatte der Zeuge A dem Angeklagten dafür nicht erteilt. Er rief vielmehr die Polizei, als er bemerkte, dass sich der Angeklagte mit seinem Laptop in seinen Computer eingewählt hatte. Obwohl dem Zeugen A durch die Tat des Angeklagten kein finanzieller Schaden entstand, da er über eine sogenannte Flatrate verfügte. Trotzdem erstattete der Zeuge A Strafanzeige bei der Polizei, die den Laptop des Angeklagten nebst Netzadapter beschlagnahmte.

Diese Feststellungen beruhen auf der Einlassung des Angeklagten, der informatorischen Anhörung des Polizeibeamten B sowie auf dem übrigen zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemachten Akteninhalt.

Der Angeklagte hat sich dahin eingelassen, dass er sich des sogenannten Schwarzsurfend bedient habe, weil er aus finanziellen Gründen gegenwärtig sich einen Internetanschluss nicht leisten könne. Mit Hilfe des Chat-Programmes ICQ habe er unbedingt Kontakt mit Bekannten halten wollen. Über etwaige finanzielle Nachteile des Inhabers des Internetanschlusses habe er sich keine Gedanken gemacht.

Durch seine Einlassung wird der Angeklagte nach Auffassung des Gerichts nicht entlastet. Er hat gegen das sogenannte Abhörverbot nach §§ 89 Satz 1 verstoßen und sich somit gemäß § 148 Abs. 1 Satz 1 des Telekommunikationsgesetzes strafbar gemacht. Das Abhören von Nachrichten umfasst den vorliegenden Sachverhalt. Der WLAN-Router ist eine elektrische Sende- und Empfangseinrichtung und damit eine Funkanlage im Sinne von § 89 TKG. Der Begriff “Nachrichten “, der entsprechend der Entscheidung des Bundesgerichtshofes zu Radarwarngeräten sehr extensiv auszulegen ist, umfasst auch die Zuweisung einer IP-Adresse zu und wertet sie aus. Die Nachrichten wurden damit abgehört. Fraglich ist, ob die Nachrichten zudem nicht für den Angeklagten bestimmt war, auch wenn dieser der eigentliche Kommunikationspartner mit dem WLAN-Router ist. Denn die Festlegung, wer zur Verwendung der IP-Adresse berechtigt ist, wird vom Eigentümer des WLAN-Router – hier dem Zeugen A – und nicht vom Gerät selbst getroffen. Außerdem hat sich der Angeklagte gemäß §§ 44 in Verbindung mit § 43 Abs. 2 Nr. 3 des Bundesdatenschutzgesetzes strafbar gemacht. Voraussetzung ist das Vorliegen von personenbezogenen Daten.

Nach der Legaldefinition des § 3 Abs. 1 BDSG sind Daten Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person. Solche Daten fallen grundsätzlich auch bei IP-Adressen und Zugangsdaten an. Denn insbesondere die IP-Adresse kann jederzeit zurückverfolgt und einer bestimmten Person zugeordnet werden. Indem auf den Router zugegriffen wird, werden personenbezogene Daten im Sinne dieses Gesetzes abgerufen. Voraussetzung ist weiterhin, dass der jeweilige Täter in Bereicherungs- oder Schädigungsabsicht handelte. Unzweifelhaft war es Ziel des Angeklagten, die Internetnutzung, die üblicherweise nur gegen Entgelt gewährt wird, zu erhalten. Um diesen Wert der Nutzung wollte sich der Angeklagte bereichern. Außerdem hat er billigend in Kauf genommen, dass der Zeuge A möglicherweise über keine Flatrate verfügte und seinen Internetanschluss nach Volumen oder Zeit abrechnen musste.

Nach Auffassung des Gerichts ist daher die unbefugte Nutzung eines unverschlüsselten drahtlosen Computernetzwerkes strafwürdig. Der Angeklagte konnte nicht damit rechnen, dass im reinen Wohngebiet der Straße X ein sogenannter kostenloser “Hot-Spot” eingerichtet war.

Der Angeklagte war mithin eines tateinheitlich begangenen Verstoßes gegen §§ 89 Satz 1, 148 Abs.1 TKG, §§ 43 Abs. 2 Nr. 3, 44 BDSG, 52 StGB schuldig. Er war gemäß §§ 59 StGB zu verwarnen, weil die Rechtslage bisher ungeklärt war. Das Gericht hat eine Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu je 5,– Euro vorbehalten, um den Angeklagten in Zukunft von sogenanntem Schwarzsurfen abzuhalten. Eine Einstellung des Verfahrens gegen Verzicht auf den Laptop hat der Angeklagte nicht zugestimmt. Gemäß § 74 StGB war der Laptop nebst Adapter als Tatwerkzeug einzuziehen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 465 StPO.

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