ag-bruehl-21-c-361-10
Leitsatz
Die Meldung eines Wettbewerbsverstoßes an die Wettbewerbszentrale durch einen Verbraucher führt nach einer danach erfolgenden wettbewerbsrechtlichen Abmahnung nicht zu einer Schadenersatzpflicht des Verbrauchers.
AG Brühl, Urteil vom 26.11.2010, AZ: 21 C 361/10
In dem Rechtsstreit
… ./. …
hat das Amtsgericht Brühl auf die mündliche Verhandlung vom 05.11.2010 durch den Richter am Amtsgericht … für Recht erkannt:
Die Klage wird abgewiesen
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt Ersatz von Rechtsanwaltskosten wegen der Abwehr einer wettbewerbsrechtlichen Abmahnung.
Die Beklagte erwarb am 23.04.2009 im eBay-Shop der Klägerin einen Handy-Akku zum Preis von 4,99 €. Der gelieferte Akku war defekt. Die Klägerin bot die Übersendung eines Ersatz-Akkus mit Rücksendemarke für den zuerst gelieferten an. Die Beklagte ging auf dieses Angebot ein. Auch der zweite Akkku erwies sich als defekt. Über die Portokosten für die Rücksendung der Ware entspann sich eine lebhafte eMail-Korrespondenz zwischen den Parteien, in deren Verlauf die Beklagte mit der Einschaltung der Wettbewerbszentrale drohte. Am 2.6.2009 schrieb die Klägerin: “Da der Warenwert unter 40 € liegt, bekommen Sie keine Paketmarke von uns. Da Sie nicht zufrieden sind und von ihrem Widerrufsrecht Gebrauch machen möchten, müssen Sie auch für den Rückversand bezahlen…” Diese eMail, ihre Antwort, in der sie sich zum wiederholten Male auf ihre Gewährleistungsrechte bezog, sowie die vorherige Korrespondenz sandte die Beklagte am 2.6.2009 um 13:25 Uhr an die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs in Bad Homburg v. d. Höhe. Das nahm die Wettbewerbszentrale zum Anlass, die Klägerin am 17.6.2009 abzumahnen. Die eMails der Klägerin vom 2.6.2009 (13:57 Uhr) und vom 3.6.2009, in denen sie nun doch die Bereitschaft zur Übernahme der Portokosten zeigte, wurden weder von der Klägerin noch von der Beklagten an die Wettbewerbszentrale weitergeleitet. Die Klägerin beauftragte ihre Prozessbevollmächtigten, welche unter Beifügung der späteren eMails der Klägerin der Abmahnung widersprachen und dafür einen Betrag in Höhe der Klageforderung in Rechnung stellen. Die Übernahme der Portokosten erfolgte bis zum heutigen Zeitpunkt nicht.
Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagte sei verpflichtet gewesen, der Wettbewerbszentrale auch die beiden letzten eMails der Klägerin zuzuleiten. Dann wäre es nicht zu der Abmahnung und in der Folge zur Beauftragung ihres Rechtsanwalts gekommen. Sie behauptet, die Beklagte habe den zweiten Akku nicht zurückgesandt.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.157,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.12.2009 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte meint, aufgrund der Verweigerung zur Übernahme der Portokosten sei sie zur Beschwerde bei der Wettbewerbszentrale berechtigt gewesen. Sie behauptet, sie habe für die Rücksendung der Akkus zweimal das Porto verauslagt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist unbegründet. Der Klägerin steht aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Anspruch auf Erstattung ihrer Anwaltskosten in Höhe von 1.157,00 € zu.
1)
Ein Schadensersatzanspruch aus §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB besteht nicht. Zwar ist jeder Vertragspartner nach § 241 Abs. 2 BGB zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Vertragsteils verpflichtet. Diese Rücksichtnahmepflicht geht jedoch nicht so weit, dass es einem Verbraucher verwehrt wäre, bei Anhaltspunkten für einen Wettbewerbsverstoß die zuständige Wettbewerbszentrale zu informieren. Diese Zentrale hat den Sachverhalt eigenständig zu prüfen und über ihr weiteres Vorgehen selbst zu entscheiden. Darauf hat der Verbraucher keinen Einfluss mehr. Hier kommt hinzu, dass die Beklagte bei ihrer Meldung an die Wettbewerbszentrale den bis dahin gewechselten eMail-Verkehr vollständig, also keineswegs verzerrt oder lückenhaft zu Lasten der Klägerin vorlegte. Die eMails der Klägerin vom 2.6.2009 (13:57 Uhr) und vom 3.6.2009 wurden erst nach der Meldung der Beklagten versendet. Die Beklagte war aufgrund ihrer Meldung auch nicht gehalten, die nachfolgenden eMails der Klägerin an die Wettbewerbszentrale weiterzuleiten. Die Beklagte hatte der Klägerin ihre Meldung keineswegs verheimlicht., ihr diese vielmehr deutlich offenbart. Es war nunmehr Sache der Klägerin, ihre späteren eMails, in denen sie ihre Rechtsauffassung änderte, selbst an die Zentrale zu schicken. Dass dies unterblieb und die Klägerin dies erst ihren Rechtsanwälten überließ, wäre zudem als Verstoß gegen die Schadenminderungspflicht zu bewerten.
Im übrigen ist nicht ersichtlich, dass die Wettbewerbszentrale ihr Verfahren auch eingestellt hätte, wenn sie davon erfahren hätte, dass die Klägerin entgegen ihren Ankündigungen die Portokosten doch nicht erstattete.
2)
Aus dem Vorgenannten folgt, dass für die Annahme einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung im Sinne von § 826 BGB erst recht kein Raum ist. Die Meldung an die Wettbewerbszentrale war weder sittenwidrig, noch wollte die Beklagte der Klägerin damit vorsätzlich einen Schaden zufügen.
3)
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Streitwert. 1.157,00 €
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