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Werbeaussagen im Internetshop: Aussage, eine große Anzahl von Artikel ständig im Angebot zu haben und marktführender Online-Händler zu sein, muss zutreffend sein
In unserem Beitrag zur Spitzenstellungswerbung hatten wir bereits darauf hingewiesen, dass Derjenige, der mit Werbeaussagen wirbt, die den Eindruck erwecken, er würde zur sogenannten Spitzenstellung von Anbietern gehören oder gar der Beste auf dem Markt sein, auch die Beweislast dafür hat, dass dies zutreffend ist. Ein Ausweg kann eine haarspalterische Wortklauberei sein.
Auch im Übrigen gilt, dass entsprechende Werbeaussagen auch im Internetshop wahr sein müssen, da anderenfalls eine wettbewerbsrechtliche Irreführung vorliegt.
Das Landgericht Düsseldorf (LG Düsseldorf, Urteil vom 23.07.2010, Az.: 38 O 19/10) hatte sich mit zwei mutigen Werbeaussagen eines Internethändlers zu befassen.
Zum einen hatte dieser mit der Aussage geworben: “Mit über 18.500 Artikel im ständigen Angebot, geben wir Ihnen die Möglichkeit, das Richtige speziell für Ihre Augen zu finden.” sowie “Unser Online-Shop umfasst ständig über 18.500 Artikel für jeden Geschmack.”
Damit nicht genug, hatte der Internethändler auch behauptet, “einer der marktführenden Online-Händler” zu sein.
Das Landgericht hat hinsichtlich der Aussage, 18.500 Artikel ständig im Angebot zu haben, eine Täuschung angenommen. Es werde der Eindruck erweckt, der Kunde habe eine nahezu unbeschränkte Auswahl. Die Abmahnerseite hatte behauptet, dass tatsächlich nur 500 Artikel angeboten werden. Auch hier kam dem Abmahner die Beweislastumkehr zu Gute: Es wäre Sache des werbenden Internethändlers gewesen, diese Aussage konkret zu beweisen, was ihm jedoch nicht gelungen war.
Auch Internethändler, die ihre Waren im Wege des Dropshipping anbieten oder die Warenauswahl Ihres Shops durch einen Contentlieferanten bestücken lassen, müssen sich am Wahrheitsgehalt entsprechender Werbeaussagen messen lassen. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass sich im Rahmen eines Internetshops relativ leicht feststellen lässt, wie viele Produkte tatsächlich angeboten werden. Interessant wird es natürlich immer dann, wenn Produkte in verschiedenen Kombinationen angeboten werden. Hier kann eine entsprechende Multiplikation durchaus eine hohe Anzahl von Produktvariationen und somit unterschiedlichen Produkten ergeben.
Auch die Behauptung, zu den marktführenden Online-Händlern im fraglichen Bereich zu gehören, war nach Einschätzung des Gerichtes irreführend. Es handelt sich hierbei um einen für die Einschätzung der Leistungsfähigkeit eines Unternehmens bedeutsamen Umstand, der für potentielle Kunden vertrauenerweckend wirken soll. Wichtig für Händler, die entsprechend werben möchten, lt. Landgericht können Aussagen zur Marktführerschaft nur dann getroffen werden, wenn der Markt ein Bild bietet, das eine eindeutige (!) Zuordnung ermöglicht. Umsatzzahlen können hierfür nur eingeschränkt als Beurteilungsgrundlage verwendet werden. Insbesondere muss der Händler beachten, in welcher Branche er seine Waren anbietet. Wer in unterschiedlichen Branchen Waren anbieten, im vorliegenden Fall Sonnenbrillen wie auch Kontaktlinsen, muss in der jeweiligen Branche, d. h. in mehreren Branchen, Marktführer sein. Wer Marktführer ist, muss den Markt zudem mit einem deutlichen Abstand anführen. Bei dicht beieinander liegenden Umsätzen wird nach Ansicht des Gerichtes deutlich, dass eine Marktführerschaft in diesem Fall nicht besteht. Nur wenn ein Unternehmen hinsichtlich der Umsatzzahlen deutlich nach oben abweicht, kann eine Marktführerschaft als gegeben angesehen werden.
Mit entsprechend blumigen Werbeaussagen sollten Internethändler daher vorsichtig sein.
Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt Johannes Richard, Rostock
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