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Solarmodule und Photovoltaikzubehör: Mehrwertsteuersatz ist kein Grund für eine Abmahnung

Seit dem 01.01.2023 können Solarmodule, wesentliche Komponenten und Speicher für Photovoltaikanlagen unter den Voraussetzungen des § 12 Abs. 3 Umsatzsteuergesetz (UStG) umsatzsteuerfrei angeboten werden. Die Mehrwertsteuer beträgt in diesen Fällen 0%:

Die Steuer ermäßigt sich auf 0 Prozent für die folgenden Umsätze:

  1. die Lieferungen von Solarmodulen an den Betreiber einer Photovoltaikanlage, einschließlich der für den Betrieb einer Photovoltaikanlage wesentlichen Komponenten und der Speicher, die dazu dienen, den mit Solarmodulen erzeugten Strom zu speichern, wenn die Photovoltaikanlage auf oder in der Nähe von Privatwohnungen, Wohnungen sowie öffentlichen und anderen Gebäuden, die für dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten genutzt werden, installiert wird. Die Voraussetzungen des Satzes 1 gelten als erfüllt, wenn die installierte Bruttoleistung der Photovoltaikanlage laut Marktstammdatenregister nicht mehr als 30 Kilowatt (peak) beträgt oder betragen wird;
  2. den innergemeinschaftlichen Erwerb der in Nummer 1 bezeichneten Gegenstände, die die Voraussetzungen der Nummer 1 erfüllen;
  3. die Einfuhr der in Nummer 1 bezeichneten Gegenstände, die die Voraussetzungen der Nummer 1 erfüllen;
    4.die Installation von Photovoltaikanlagen sowie der Speicher, die dazu dienen, den mit Solarmodulen erzeugten Strom zu speichern, wenn die Lieferung der installierten Komponenten die Voraussetzungen der Nummer 1 erfüllt.

Die Umsatzsteuerermäßigung gilt ausschließlich für einen Verkauf an Verbraucher. Zur Rechtslage gibt es eine Information des Bundesministeriums der Finanzen an die obersten Finanzbehörden der Länder (Dokument 2023/0197236).

Wettbewerbsrechtlich spielte beim Angebot derartiger Produkte mit 0% Umsatzsteuer in der Vergangenheit eine Rolle, dass bei der Bewerbung der Produkte, z.B. bei Google-Shopping, darauf hingewiesen werden muss, dass es sich um Angebote handelt, die unter den Voraussetzungen des § 12 Abs. 3 UStG mit 0% Umsatzsteuer angeboten werden (siehe hier dazu OLG Schleswig zu dem Thema, wir hatten in diesem Verfahren den Kläger vertreten). Der Verkäufer haftet in diesem Zusammenhang auch für Anzeigen von eBay für seine eBay-Angebote, so das OLG Rostock.

Der Verbraucher muss bereits in der Werbung erkennen können, dass es sich um ein Angebot ohne Mehrwertsteuer handelt, welches jedoch nur unter den besonderen Bedingungen des § 12 Abs. 3 UStG gilt.

Einen ganz anderen Aspekt bei der Bewerbung von Photovoltaikprodukten hat das Oberlandesgericht Düsseldorf (OLG Düsseldorf, Az.: I – 20 U 95/23) entschieden.

Vordergründig war abgemahnt worden, dass Alu-Solarprofile mit 0% Mehrwertsteuer angeboten worden waren. Der Abmahner vertrat die Ansicht, dass Alu-Solarprofile nicht unter § 12 Abs. 3 UStG fallen und somit auch nicht mit 0% Umsatzsteuer angeboten werden dürfen.

Die Solarprofile, so noch die Vorinstanz, seien nicht photolvoltaikanlagenspezifisch.

OLG Düsseldorf: Mehrwertsteuersatz ist wettbewerbsrechtlich ohne Belang

Das OLG Düsseldorf hat einen ganz grundsätzlich anderen Weg gewählt, um diesen Rechtsstreit zu entscheiden:

Nach Ansicht des OLG Düsseldorf kommt es auf die Frage, ob es sich bei einem Aluprofil um ein „für den Betrieb einer Photovoltaikanlage wesentliche Komponente“ gemäß § 12 Abs. 3 Nr. 1 UStG handelt, nicht an:

„Denn die Frage des zutreffenden Mehrwertsteuersatzes oder auch des von der Finanzverwaltung angewendeten Mehrwertsteuersatzes ist für die Beurteilung, ob das angegriffene Angebot unlauter ist, ohne Belang. Eine Täuschung im Sinne des § 5 UWG liegt bereits deshalb nicht vor, weil die Angabe eines möglicherweise unzutreffenden Umsatzsteuersatzes für den Käufer unerheblich wäre.“

Das OLG Düsseldorf argumentiert, dass der vom Verkäufer genannte Preis auch die Umsatzsteuer enthält. Der Preis erhöht sich nicht dadurch, dass dem Verkäufer ein zu niedriger Mehrwertsteuersatz berechnet wird.

Mit anderen Worten: Der angegebene Endpreis einschließlich Mehrwertsteuer (entweder 19% oder 0%) ist das was gilt. Wohlgemerkt geht es hier um Angebote gegenüber Verbrauchern, für die ohnehin nur der Gesamtpreis einschließlich Umsatzsteuer wichtig ist.

Eine ergänzende Vertragsauslegung könne dazu führen, dass der Käufer auch die Mehrwertsteuer schuldet. Dies würde jedoch im vorliegenden Fall, so das OLG, nicht passen, da der Käufer nicht vorsteuerabzugsberechtigt ist.

„Allein die Tatsache, dass der Verkäufer den von ihm angenommenen Umsatzsteuersatz offenlegt und dies der Käufer zur Kenntnis nimmt, reicht nicht aus. Im Streitfall verhandeln die Vertragsparteien aber über den Preis nicht. Vielmehr gibt die Antragsgegnerin den Preis vor, den der Käufer lediglich akzeptieren kann.“

Der Abgemahnte hatte in seinem Angebot eine ausführliche Information zur Mehrwertsteuer und den Voraussetzungen. Unter anderem hieß es dort:

„Der Käufer haftet für falsche Angaben in diesem Zusammenhang. Beachten Sie: Sollte sich im Nachhinein herausstellen, dass die Berechtigung für den Nullsteuersatz nicht bestand oder besteht, wird der aktuell gültige Steuersatz (zurzeit 19% MwSt) angesetzt und der daraus resultierende Differenzbetrag an den Käufer weiterbelastet. Der fehlende Mehrwertsteuerbetrag ist sofort fällig.“

Mit dieser Klausel, die immerhin als AGB zu behandeln ist, hatte das OLG keine Probleme:

„Zwar behält sich die Antragsgegnerin dort vor, Mehrwertsteuer nachzuberechnen, dies bezieht sich aber nur auf den Fall, dass sich die Versicherung des Käufers über die Verwendung der Materialien als unzutreffend erweist. Die Antragsgegnerin übernimmt damit das darüberhinausgehende Risiko einer unzutreffenden Einordnung.“

Mit anderen Worten: Ein falscher Mehrwertsteuersatz in Fällen, die nicht durch den Käufer zu vertreten sind, gehen zu Lasten des Verkäufers. Jedenfalls sei der Mehrwertsteuersatz auch keine Frage des Preisangabenrechtes.

Grundsätzlich ist es im Übrigen nach der Rechtsprechung des BGH so, dass steuerrechtliche Vorschriften wettbewerbsrechtlich nicht relevant sind. Es handelt sich bei steuerrechtlichen Vorschriften nicht um sogenannte Marktverhaltensregelungen.

Warum hier eigentlich abgemahnt wurde, bleibt unklar. Es erschließt sich nicht, wie man auf die Idee kommen kann, dass ein Alu-Solarprofil bzw. ein Montageprofil nicht unter Zubehör für Photovoltaikanlagen fällt, welches den Voraussetzungen des § 13 Abs. 3 UStG unterliegen kann.

Wir beraten Sie bei wettbewerbsrechtlichen Fragen oder einer Abmahnung im Zusammenhang mit dem Angebot von Solarmodulen, Photovoltaik oder Zubehör.

Stand: 03.01.2024

Es berät Sie: Rechtsanwalt Johannes Richard