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Massenhafte Facebook-Abmahnungen waren rechtsmissbräuchlich (OLG Nürnberg)

Gewerbliche Anbieter benötigen auch bei Facebook ein Impressum. Dies ist vielen nicht bekannt oder die Impressumspflicht wurde nicht korrekt umgesetzt.

Neues Medium- Neues Glück wird sich ein Abmahner gedacht haben und mahnte vielfach eine fehlende Anbieterkennzeichnung bei Facebook ab.

OLG Nürnberg: Massenhafte Facebook-Abmahnungen sind rechtsmissbräuchlich

Das Oberlandesgericht Nürnberg (OLG Nürnberg, Urteil vom 03.12.2013, Az.: 3 U 348/13) schrieb dem Abmahner Rechtsmissbrauch ins Stammbuch.

Wann liegt Rechtsmissbrauch vor?

Der Rechtsmissbrauch ergibt sich grundsätzlich aus § 8 Abs. 4 UWG. Das OLG Nürnberg führt einleitend aus:

Maßgebend sind die Motive und Zwecke der Geltendmachung des Anspruches, die sich aber in der Regel nur aus äußeren Umständen erschließen lassen. Dazu gehören:

– Art und Umfang des Wettbewerbsverstoßes und Verhalten des Verletzten nach dem Verstoß
– Verhalten des Anspruchesberechtigten bei der Verfolgung dieses oder anderer Verstöße
– Verhalten sonstiger Anspruchsberechtigter
– Art und Schwere des Verstoßes und Verhalten des Schuldners nach dem Verstoß
– im Rahmen der gebotenen Interessenabwägung ist auch zu fragen, ob die Interessen der Allgemeinheit eine Rechtsverfolgung rechtfertigen

Als typisches Beispiel nennt das Gesetz die Geltendmachung eines Anspruches, der vorwiegend dazu dient, gegen den Zuwiderhandelnden einen Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen oder Kosten der Rechtsverfolgung entstehen zu lassen. Dies gilt jedoch in gleicher Weise für das Interesse, Ansprüche auf Zahlung, z.B. von Vertragsstrafen entstehen zu lassen. Davon ist auszugehen, wenn der Anspruchsberechtigte kein nennenswertes wirtschaftliches oder wettbewerbpolitisches Interesse an der Rechtsverfolgung haben kann. Maßgebend ist dabei die Sichtweise eines wirtschaftlich denkenden Unternehmers. Ein Indiz dafür ist freilich nicht schon eine umfangreiche Abmahntätigkeit. Vielmehr ist eine Gesamtwürdigung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmen.

Ein Missbrauch ist dann anzunehmen, wenn sich die Abmahntätigkeit verselbstständigt hat und in keinem vernünftigen Verhältnis zur gewerblichen Tätigkeit des Abmahnenden steht.

Hier hat das OLG kurz zusammengefasst, auf was es ankommen kann:

Anzahl der Abmahnungen

Nach den Feststellungen des OLG hat der Abmahner in einem Zeitraum von wenigen Tagen im August 2012 mindestens 199 Abmahnungen gegen vermeintliche Mitbewerber im IT-Bereich wegen der Verletzung der Impressumspflicht gemäß § 5 TMG ausgesprochen. Es wurde entweder gerügt, dass überhaupt kein Impressum enthalten war, Angaben zum Geschäftsführer fehlen oder Handelsregisterdaten fehlten.

Anzahl der Abmahnung stand in keinem vernünftigen Verhältnis zur gewerblichen Tätigkeit des Abmahners.

Nach Ansicht des OLG hat die Abmahnerin eine große Anzahl von Abmahnungen ausgesprochen “obwohl sie finanziell schwach war”. Die Bilanz für 2011 wies einen erheblichen Fehlbetrag aus, 2012 wurde ein Umsatz von brutto ca. 190.000,00 Euro erzielt. Bis zum Zeitpunkt der Abmahnung waren im Jahr 2012 Nettoerlöse von ca. 40.000,00 Euro in Rechnung gestellt worden.

“Das heißt, den bis zu den Abmahnungen in Rechnung gestellten Forderungen standen allein Forderungen des Prozessbevollmächtigten der Klägerin aus den Abmahnungen in Höhe von 52.000,00 Euro gegenüber, was für sich allein schon auf Rechtsmissbräuchlichkeit schließen lässt. Dabei ist das Prozesskostenrisiko aus negativen Feststellungsklagen bzw. aus selbstständig weiter verfolgten Ansprüchen noch nicht berücksichtigt. Das Prozesskostenrisiko für eine einzige Unterlassungsklage für eine Instanz beliefe sich auf mindestens 1250,00 Euro, bei annähernd 200 Verfahren wären dies 250.000,00 Euro. Selbst aus den Umsatzerlösen (dies ist nicht der Gewinn) für das gesamte Jahr 2012 wäre dieses Risiko nicht zu bestreiten gewesen.

Die Klägerin hatte offensichtlich vorgetragen, dass sie in dem Jahr noch sehr viel mehr verdient hätte, die Erwartung eines Auftrages kann jedoch nach Ansicht des OLG nicht berücksichtigt werden.

Weiteres Indiz für Rechtsmissbrauch: Ansprüche wurden nicht gerichtlich verfolgt

Erstmalig wurden die abgemahnten Unterlassungsansprüche gerichtlich wohl erst dann geltend gemacht, als bereits negative Feststellungsklagen eingereicht worden waren. Im Rahmen einer negativen Feststellungsklage kann der Abgemahnte gerichtlich feststellen lassen, dass die Abmahnung unberechtigt ist. In einigen Fällen wurden Abmahnkosten in einem Mahnbescheid geltend gemacht, zudem wurde einmal eine Vertragsstrafe geltend gemacht.

Art der Recherche der Wettbewerbsverstöße

Innerhalb von wenigen Tagen wurden 199 Abmahnungen ausgesprochen. Die Verstöße selber wurden durch die speziell entwickelte Software innerhalb eines Arbeitstages festgestellt “insoweit handelt es sich um ein massenhaftes systematisches Durchforsten, auch dies ist ein weiteres Indiz für Rechtsmissbrauch”, so das OLG.

Kein wirtschaftliches Interesse

Nach Ansicht des OLG handelt es sich bei den Verstößen um Formalverstöße. Tatsächliche Wettbewerbsnachteile hatte die Abmahnerin nicht.

Fazit

Massenabmahner sollten nicht unterschätzen, welche Recherchemöglichkeiten es heutzutage gibt, nicht nur das Abgemahnte sich vernetzen ( auch wir stehen Abgemahnten oder Kollegen zum Informationsaustausch jederzeit zur Verfügung) auch Informationsquellen, wie das elektronische Handelsregister oder Ähnliches können dazu beitragen, ein Gesamtbild entstehen zu lassen. Hierbei beobachten wir regelmäßig, dass Massenabmahner mit einer “Geschäftsidee”, nämlich einer Vielfachabmahnung es regelmäßig übertreiben. Nach dem Motto “alles sofort” haben wir in den letzten Jahren ein paar Fälle beobachtet, in denen tatsächlich innerhalb von wenigen Tagen Hunderte von Abmahnungen versandt wurden. Dies fällt natürlich sofort auf.

Wir begrüßen es, dass der Facebook-Abmahnungs-Spuk ein Ende hat.

Ihre Ansprechpartner: Rechtsanwalt Johannes Richard und Rechtsanwalt Andreas Kempcke, Rostock 

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