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Abmahn-Disclaimer des Abmahners kann zur Folge haben, dass dieser keine Abmahnkosten erstattet verlangen kann (OLG Hamm)

Gern liest man im Internet Abmahn-Disclaimer, die sinngemäß so lauten, dass man sich vor einer Abmahnung erst einmal mit dem Unternehmen in Verbindung setzen möge, um entsprechende Rechtsfragen zu klären. Anderenfalls würden Abmahnkosten nicht erstattet werden.

Normalerweise sind solche Disclaimer eher ein Problem als eine Lösung und verhindern auch nicht, dass im Falle einer Abmahnung Kostenerstattungsansprüche gemäß § 12 Abs. 1 UWG entstehen.

Frei nach dem nicht-biblischen Motto “Wer im Glashaus sitzt, soll nicht mit Steinen werfen.” hatte das OLG Hamm (Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 31.01.2012, Az.: I-4 U 169/11) einen Fall zu entscheiden, in dem es nur um Abmahnkosten ging:

Der Abmahner hatte auf seiner Internetseite unter der Rubrik “Haftungsausschluss” folgendes mitgeteilt:

“Um die Kosten eines Rechtsstreites zu vermeiden, sollten Sie uns im Vorfeld bei unvollständigen Angaben, wettbewerbsrechtlichen Vorkommnissen oder ähnlichen Problemen auf dem Postwege kontaktieren. Eine kostenpflichtige anwaltliche Abmahnung ohne diesen Vorab-Kontakt wird aus Sicht der Schadenminderungspflicht als unzulässig angesehen.”

Ein Wettbewerber warb wettbewerbswidrig und wurde unter Zugrundelegung eines Streitwertes von 15.000,00 Euro von dieser Firma mit diesem Disclaimer abgemahnt. Vor Gericht stritt man sich dann um die Erstattung der Rechtsanwaltskosten.

Das OLG Hamm hat die Klage auf Erstattung der Rechtsanwaltskosten für die Abmahnung abgewiesen. Nach Ansicht des OLG war eine Abmahnung nicht erforderlich, um ein gerichtliches Verfahren zu vermeiden, da ein Vorab-Kontakt durch die Klägerin (Abmahnerin) selbst ausgereicht hätte, um eine förmliche Abmahnung durch einen Rechtsanwalt zu vermeiden.

Es heißt insofern in der Entscheidung:

“Ein kleines Unternehmen, das über keine eigene Rechtsabteilung verfügt, kann die Abmahnung auch grundsätzlich durch einen Rechtsanwalt aussprechen lassen. Das ändert aber nichts daran, dass Mitbewerber im Einzelfall vereinbaren können, vor einer formellen Abmahnung durch einen Rechtsanwalt miteinander Kontakt aufzunehmen, um auf ein aus Sicht eines Mitbewerbers als wettbewerbswidrig angesehenes und zu unterlassenes Verhalten hinzuweisen, um ihm Gelegenheit zu geben, das Verhalten ohne den Anfall weiterer Folgekosten sofort einzustellen. (…) Zwar haben die Parteien hier eine Vereinbarung solcher Art unstreitig nicht getroffen. Einem Erstattungsanspruch der Klägerin steht aber hier der Grundsatz von Treu und Glauben im Hinblick auf ein widersprüchliches Verhalten (§ 242 BGB) entgegen. Der Grundsatz ist hier anwendbar, weil jedenfalls nach dem Klägervortrag eine durch einen Wettbewerbsverstoß des Beklagten entstandene Rechtsbeziehung als rechtliche Sonderverbindung zwischen den Parteien anzusehen ist. Nach der Rechtsprechung gilt in diesem Bereich des Wettbewerbsrechts, dass sich aus § 242 BGB sogar Handlungspflichten, nämlich eine Verpflichtung zur Antwort und zu einem Hinweis auf eine eventuelle Drittunterwerfung ergeben können. (…)

Die Klägerin verlangt von ihren Mitbewerbern, dass sich diese nach der Entdeckung von Wettbewerbsverstößen zunächst im Rahmen eines Vorab-Kontaktes selber an sie wenden sollen, um eine kostenträchtige anwaltliche Abmahnung zu vermeiden. Sie droht an, sich im Falle der sofortigen förmlichen Abmahnung durch einen Rechtsanwalt auf eine Verletzung der Schadenminderungspflicht durch den abmahnenden Mitbewerber zu berufen. Auch wenn diese Einschätzung ohne eine gesonderte Vereinbarung der obigen Art rechtlich nicht zutreffend ist und es dem abmahnenden Mitbewerber freisteht, sofort abzumahnen und die Kosten dafür erstattet zu verlangen, wird der rechtlich unkundige Mitbewerber in dieser Frage verunsichert und kann sich veranlasst sehen, die Klägerin vor einer anwaltlichen Abmahnung vorsichtshalber selbst anzuschreiben. Derjenige, der eine solche Vorgehensweise von den Mitbewerbern unter Androhung einer Sanktion verlangt und diese dadurch zu einem bestimmten Verhalten veranlasst, muss sich dann auch selbst so verhalten. Er bindet sich mit einer solchen Verhaltensempfehlung in Bezug auf sein eigenes Verhalten in ähnlicher Weise, als wenn er sich vertraglich zu einem solchen Vorab-Kontakt verpflichtet hätte. Mit diesem zu erwartenden Verhalten setzt sich die Klägerin in rechtlich erheblicher Weise in Widerspruch, wenn sie unstreitig noch wiederholt Mitbewerber – wie hier den Beklagten – wegen eines bestimmten Anzeigeninhalts sofort durch einen Anwalt abmahnen lässt. (…) Für dieses widersprüchliche Verhalten sind keine Gründe ersichtlich.”

Mit anderen Worten: Zunächst einmal weist das OLG zutreffend darauf hin, dass diese “Abmahn-Disclaimer” rechtlich eigentlich bedeutungslos sind. Wer einen solchen Abmahn-Disclaimer hat, wird nicht vor kostenpflichtigen Abmahnungen geschützt. Es kann ihm jedoch passieren, dass er selbst – vereinfacht gesagt – nicht mehr kostenpflichtig abmahnen darf.

Ein derartiger “Abmahn-Disclaimer” nützt nicht nur nichts, er kann sogar schädlich sein.

Stand: 05.03.2012

Ihre Ansprechpartner: Rechtsanwalt Johannes Richard und Rechtsanwalt Andreas Kempcke, Rostock

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