Sonstiges Urteil 28
Sonstiges
Leitsatz:
- Ein Telefondiensteanbieter ist unter dem Gesichtspunkt einer nebenvertraglichen Schutzpflicht verpflichtet, Vorkehrungen zur Vermeidung von unbeabsichtigten Kosten für den Endkunden zu treffen.
- Bei Verbindungen zu 0190-Rufnummern ist die Einrichtung einer automatischen Abschaltung nach einer Verbindungsdauer von mehr als einer Stunde zum Schutz des Kunden geboten.
LG Heidelberg, Urteil v. 17.05.2002, Az. 5 O 19/02, CuR 2002, 896 ff. (rechtskräftig)
Die Klägerin verlangt die Begleichung einer Telefonrechnung für Entgelte für verschiedene Verbindungen zu 0190-Rufnummern für einen Gesamtbetrag von über 34.000,00 DM.
Das Gericht hat der Klage nur zu einem geringen Teil stattgegeben. An einem Datum bestand eine zustande gekommene 0190-Verbindung über 158 Stunden. Nach Ansicht des Gerichtes schuldet der Beklagte das Entgelt nur für die Dauer einer Stunde. Die Klägerin und die Talkline GmbH als Netzbetreiber wären verpflichtet gewesen, zum Schutz des Kunden eine automatische Abschaltung der Verbindung nach einer Stunde Verbindungsdauer vorzusehen.
Aus Sicht des Gerichtes steht fest, dass der Sohn des Klägers eine 0190-Nummer tatsächlich angewählt hatte, unter der Telefonsex angeboten wurde. Entweder auf Grund eines Bedienungsfehlers oder wegen eines Defektes an der Telefonanlage des Beklagten bestand diese Verbindung für insgesamt 158 Stunden, 27 Minuten und 53 Sekunden oder dass dies durch den Beklagten oder ein Familienmitglied bemerkt worden wäre.
Das Gericht führt nochmals aus, dass entsprechend der höchstrichterlichen Rechtsprechung (BGH NJW 2002, 361) auch für Telefonsexverbindungen ein Entgelt verlangt werden kann.
Entgeltpflichtig ist für den Kunden grundsätzlich die Verbindung über den gesamten Zeitraum des Bestehens (§ 5 TKV zur Verbindungspreisberechnung).
Der Beklagte kann sich deshalb nicht darauf berufen, dass das Gespräch schon nach wenigen Sekunden beendet war. Jedoch wären die Klägerin und die Talkline GmbH verpflichtet gewesen, zum Schutz des Kunden für derartige Verbindungen eine automatische Abschaltung nach einer Stunde vorzusehen. Unter dem Gesichtspunkt einer positiven Vertragsverletzung kann der Beklagte dies dem Entgeltanspruch der Klägerin entgegenhalten. Dies gilt auch unter dem Gesichtspunkt einer nebenvertraglichen Schutzpflicht zur Vornahme einer solchen Absicherung.
Zu berücksichtigen ist insbesondere, dass auf den Kunden sehr hohe Forderungen zukommen können, ohne dass er eine für ihn nützliche Leistung erhält.
Dieses Risiko ist gerade bei 0190-Sondernummern besonders hoch. Insbesondere wird es nur wenige Dienste geben, die nur genutzt werden können, wenn sie länger als eine Stunde dauern.
Es kommt nicht darauf an, dass eine solche Zwangstrennung im Jahr 1999 noch nicht vorgesehen war.
Im Rahmen des Schadensersatzes wegen positiver Vertragsverletzung hat die Klägerin den Beklagten daher so zu stellen, als wäre das Gespräch nach einer Stunde beendet worden. Damit hatte der Kläger nur einen Betrag in Höhe von 187,74 DM zu zahlen.
Sollten somit auf Ihrer Telefonrechnung Positionen auftauchen, bei denen zu Mehrwertdiensten mit 0190-Nummern stundenlange Gespräche abgerechnet werden, kann unter Umständen die in diesem Urteil genannte Nebenvertragspflicht herangezogen werden.
Ihr Ansprechpartner Rechtsanwalt Johannes Richard
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