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Schadenersatz im Wettbewerbsrecht: Abmahner muss Kausalität und Kalkulation für entgangenen Gewinn nachweisen

Bei einem Wettbewerbsverstoß gibt es nicht nur Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche. Gem. § 9 UWG steht auch die Verpflichtung zum Schadenersatz.

Auskunft und Schadenersatzfeststellung

Häufig wird in einer Abmahnung neben einem Unterlassungsanspruch in der Unterlassungserklärung auch eine ganz konkrete Auskunft gefordert. Abgefragt werden häufig Informationen und Zeitraum zum Umfang, zum Umsatz und ggf. zum erzielten Gewinn aufgrund der wettbewerbswidrigen Handlung.

Des Weiteren soll der Abgemahnte häufig in der Unterlassungserklärung klären, dass er sich verpflichtet hat, dem Abgemahnten sämtliche Schäden zu ersetzen, die durch die wettbewerbswidrige Handlung entstanden sind oder noch entstehen werden.

Diese sogenannte Schadenersatzfeststellung hat folgenden Grund:

Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, dazu gehört auch ein Schadenersatzanspruch,verjähren innerhalb von sechs Monaten. Durch die Erklärung, dass der Abgemahnte sämtliche Schäden ersetzen wird in der Unterlassungserklärung wird diese sehr kurze Verjährungsfrist verlängert.

Die Erklärung des Abgemahnten, dass er dem Abmahner sämtliche Schäden ersetzen wird, die diesem durch die wettbewerbswidrige Handlung entstanden sind oder entstehen werden, hat im Übrigen nicht zur Folge, dass ein bestimmter Schadenersatzbetrag anerkannt wird. Es geht nur um die grundsätzliche Feststellung der Schadenersatzverpflichtung.

Sowohl hinsichtlich des Auskunftsanspruches wie aber auch hinsichtlich der Schadenersatzfeststellung hat der Abmahner einen Rechtsanspruch auf diese Erklärungen, wenn für den Abmahner ein Schaden denkbar ist. Die rechtlichen Anforderungen sind somit gering.

Der Rechtsanspruch hat im Übrigen nicht zur Folge, dass der Abgemahnte diese Erklärung in der Unterlassungserklärung abgeben muss. Wird eine derartige Erklärung nicht abgegeben, jedoch z. B. zur Vermeidung eines teuren Unterlassungsverfahrens eine Unterlassungserklärung, kann der Abmahner diese beiden Aspekte auch gerichtlich einklagen.

Wie hoch ist der konkrete Schaden des Abmahners?

Der Abmahner hat verschiedene Möglichkeiten einen Schadenersatz geltend zu machen. So kann ein entgangener Gewinn geltend gemacht werden oder der sogenannte Verletzergewinn.

Die tatsächliche Geltendmachung und Forderung eines Schadenersatzes bei einem Wettbewerbsverstoß kommt, so unser Eindruck aus unserer jahrelangen Beratungspraxis, eher selten vor.

Das Problem ist immer die Beantwortung der Frage:

Wie hoch ist der konkrete Schaden?

Welchen Schaden hat ein Abmahner z. B., weil sein Wettbewerber falsch über das Widerrufsrecht informiert hat oder Grundpreise nicht korrekt angegeben hat?

Ein weiteres Problem für die Durchsetzung von Schadenersatzansprüchen ist die Kausalität:

Hat der Abgemahnte einen Gewinn gerade deshalb erzielt, weil er sich wettbewerbswidrig verhalten hat?

Diese Frage wird man wohl nur in den seltensten Fällen bejahen können. Denkbar ist dies z. B. bei einem Wettbewerbsverstoß aufgrund des sogenannten ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes gem. § 4 Nr. 3 UWG. Dies ist z. B. der Fall, wenn eine Nachahmung oder ein Plagiat verkauft wird und der gute Ruf des Original-Produktes ausgebeutet wird. Dies kann dann ein Fall der sogenannten Gewinnabschöpfung sein.

Geltendmachung von entgangenem Gewinn: Konkrete Kalkulation muss vorgelegt werden

Wie schwierig die Durchsetzung von Schadenersatzansprüchen im Wettbewerbsrecht ist, zeigt eine Entscheidung des OLG Frankfurt (Oberlandesgericht Frankfurt Urteil vom 28.10.2021 Az.: 6 U 147/20).

Die Parteien waren Wettbewerber beim Angebot von Sattelkupplungen für LKW. Die Klägerin und Abmahnerin verfügte über eine Bauartgenehmigung des Kraftfahrtbundesamtes. Die Beklagte bot Kupplungen der Klägerin als Ersatzteil an ohne Bauartgenehmigung.

Nach einer Auskunft der abgemahnten Beklagten bezifferte die Klägerin den entgangenen Gewinn auf  3.265.215,48 Euro. In dem vom OLG entschiedenen Verfahren machte Sie davon im Wege der Teilklage 653.043,10 Euro geltend.

Schaden muss konkret dargelegt werden

Das OLG hatte die Klage abgewiesen, da die Klägerin den entgangenen Gewinn nicht schlüssig hat darlegen können.

Die Klägerin hatte keine Kalkulationsgrundlage vorgelegt. Dies ist natürlich für den Abmahner ein Problem, dem Wettbewerber in einem gerichtlichen Verfahren die interne Kalkulation offen zu legen. Für die Durchsetzung von Schadenersatzansprüchen wäre dies jedoch in dem Verfahren, so das OLG, zwingend erforderlich gewesen. Der Vortrag wie im vorliegenden Fall einer allgemeinen Gewinnspanne reichte nicht aus. Auch wenn das Gericht den Schaden schätzen kann, muss dem Gericht eine Grundlage für die Schätzung an die Hand gegeben werden.

Das Problem Kausalität

Dem Abgemahnten obliegt es, die Kausalität zwischen der Verletzung (dem Wettbewerbsverstoß) und dem ihm entgangenen Gewinn nachzuweisen. Dies ist in der Praxis das häufigste Problem, an dem Schadenersatzforderungen des Abmahners scheitern.

Die Beklagte hatte die Kupplung zu einem erheblich niedrigeren Preis geliefert.

Hierzu führt das OLG nachvollziehbar zur Kausalität aus:

„Bei gedanklichem Wegfall der Beklagten hätten nicht alle Kunden sicher bei der Klägerin gekauft, auch wenn es sich um notwendige Ware gehandelt hat, die vom Kunden benötigt wurde. Aufgrund der Tatsache, dass es in anderen EU-Ländern weitere Anbieter gab, die dort (legal) Ersatzteile für Kupplungen angeboten haben, ist nämlich denkbar, dass ein Teil der Kunden der Beklagten sich im EU-Ausland eingedeckt hätten. Dort wäre dies auch legal gewesen, so dass dies bei der Schadenberechnung durchaus berücksichtigt, werden kann. Im Gegensatz dazu sind ebenfalls rechtswidrig handelnde inländische Wettbewerber außer Betracht zu lassen“.

Hinzu kam, die Verpflichtung zur KBA-Zulassung gilt nur in Deutschland, dass die Beklagte die Ware an eine Firma geliefert hatte, die die Ware dann ins Ausland weiterverkauft hat.

„Durch die Weiterlieferung ins Ausland ist nämlich keinerlei inländische Nachfrage bedient worden und damit der Klägerin auch kein Gewinn entgangen“,

so das OLG.

Fazit

Soweit in einer Abmahnung Auskunftsansprüche wie aber auch eine Schadenersatzfeststellung gefordert wird, besteht dieser Anspruch in der Regel.

Die jedoch konkrete Frage, ob dem Abmahner ein Schaden entstanden ist und wie hoch dieser ist, ist im Wettbewerbsrecht häufig nicht nachweisbar und beweisbar.

Wir beraten Sie unter anderem zu Auskunftsansprüchen und Schadenersatzansprüchen bei einer wettbewerbsrechtlichen Abmahnung.

Stand: 19.01.2022

Es beraten Sie: Rechtsanwalt Johannes Richard und Rechtsanwalt Andreas Kempcke