abmahnvereine

Dürfen die das? Abmahnung durch die Zentrale zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs, Verbraucherzentralen oder Abmahnvereine

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Im Falle eines Wettbewerbsverstoßes steht das Recht zur Abmahnung gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 1 zu erst einmal jedem Mitwettbewerber zu. Die Definition des Mitbewerbers ergibt sich aus § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG. Mitbewerber ist jeder Unternehmer, der mit einem oder mehreren Unternehmen als Anbieter oder Nachfrager von Waren oder Dienstleistungen in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis steht. Die erste Voraussetzung ist somit die Eigenschaft als Unternehmer. Des Weiteren muss der Mitwettbewerber in einem ähnlichen Markt tätig sein. Für viele stellt sich die Frage, woher ein Verbraucherschutzverband oder eine Zentrale zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs (WBZ) oder ein sonstiger Verein die Berechtigung hernimmt, wettbewerbswidriges Handeln abzumahnen. Näheres regelt auch hier § 8 Abs. 3.

(3) Die Ansprüche aus Absatz 1 stehen zu:

 

1. jedem Mitbewerber;

 

2. rechtsfähigen Verbänden zur Förderung gewerblicher oder selbstständiger beruflicher Interessen, soweit ihnen eine erhebliche Zahl von Unternehmern angehört, die Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben, soweit sie insbesondere nach ihrer personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattung imstande sind, ihre satzungsmäßigen Aufgaben der Verfolgung gewerblicher oder selbstständiger beruflicher Interessen tatsächlich wahrzunehmen und soweit die Zuwiderhandlung die Interessen ihrer Mitglieder berührt;

 

3. qualifizierten Einrichtungen, die nachweisen, dass sie in die Liste qualifizierter Einrichtungen nach § 4 des Unterlassungsklagengesetzes oder in dem Verzeichnis der Kommission der Europäischen Gemeinschaften nach Artikel 4 der Richtlinie 98/27/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Mai 1998 über Unterlassungsklagen zum Schutz der Verbraucherinteressen (ABl. EG Nr. L 166 S. 51) eingetragen sind;

 

4. den Industrie- und Handelskammern oder den Handwerkskammern.

 

Zunächst einmal sind alle qualifizierten Einrichtungen gemäß § 4 Abs. 3 Nr. 3 UWG zur Abmahnung berechtigt, wenn sie in der Liste “qualifizierte Einrichtungen” nach § 4 des Unterlassungsklagegesetzes, Unterlassungsklageverordnung  oder in einem EU-Verzeichnis eingetragen sind. Die Liste wird im Bundesanzeiger veröffentlicht und kann auch im Internet abgefragt werden. Eingetragen werden nur Verbände, zu deren satzungsmäßigen Aufgaben es  gehört, die Interessen der Verbraucher durch Aufklärung und Beratung nicht gewerbsmäßig und nicht nur vorübergehend wahrzunehmen. Die Verbände müssen mindestens 75 natürliche Personen als Mitglieder haben und seit mindestens 1 Jahr bestehen. Ferner muss eine sachgerechte Aufgabenerfüllung nach § 4 Abs. 2 Satz 1 Unterlassungsklagegesetz gewährleistet sein. Bei der Zentrale zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs (WBZ) dürfte dies zweifellos gegeben sein. Spannender wird die Frage schon dann, wenn bisher unbekannte Vereinigungen Abmahnungen aussprechen, so dass es erst einmal nahe liegt, deren Berechtigung in Zweifel zu ziehen. Derartige Abmahnungen zeichnen sich oft dadurch aus, dass stark auf Zahlung der Abmahnkosten gedrängt wird oder selbst nach Ablauf der Frist nicht konsequenter Weise ein gerichtliches Verfahren, sondern eine weitere anwaltliche Abmahnung folgt. Ob hier eine Abmahnberechtigung gegeben ist, ergibt sich aus § 8 Abs. 2 UWG.

Erste Voraussetzung ist, dass es sich um eine sogenannte juristische Person des Privatrechts handeln muss. Dazu gehören rechtsfähige Vereine, Stiftungen, Aktiengesellschaften, s, Genossenschaften. Auch juristische Personen des öffentlichen Rechts, wie Handwerksinnungen fallen unter diese Voraussetzung.

Die Satzung des Verbandes muss die Förderung gewerblicher oder selbstständiger beruflicher Interessen beinhalten. Dies lässt sich oftmals durch eine einfache Internetrechtsrecherche feststellen. Ausdrücklich darf die Satzung nicht lediglich Vorwand sein, um sich selbst, Mitarbeitern oder Anwälten Einnahmen zu verschaffen. Indizien dafür  können sein, dass ein Verband überhöhte Abmahnpauschalen fordert, in Abmahnschreiben systematisch einen Verzicht auf die Einrede des Fortsetzungszusammenhangs verlangt und erwirkte Verfügungstitel ständig durch strafbewehrte Unterlassungserklärung zu ersetzen versucht. Erläuternd ist darauf hinzuweisen, dass bei einer strafbewehrten Unterlassungserklärung die Vertragsstrafe an den Abmahner zu zahlen ist. Bei einer einstweiligen Verfügung hat der Abmahner persönlich nichts von einem weiteren Verstoß des Abgemahnten. Ein festgesetztes Ordnungsgeld fließt an die Staatskasse. Ob der Verband dann auf Grund eigener Initiative oder  durch die Hinweise Dritter tätig wird, ist dagegen nicht von Belange.

Ein weiteres Erfordernis muss gegeben sein: Verbände sind nur dann anspruchsberechtigt, wenn ihnen eine erhebliche Anzahl von Unternehmer angehört, die Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf dem selben Markt vertreiben. Wer beispielsweise nur als Verband Mitglieder in der Sanitärbranche hat, wird sicherlich keine Abmahnungen gegenüber dem Vertrieb von Elektronikartikeln aussprechen dürfen. Entscheidend ist, ob die Mitgliedsunternehmen, die nicht zu gänzlich unbedeutende Beeinträchtigung durch Wettbewerbsmaßnahmen zu befürchten haben. Die notwendige Angebotsähnlichkeit wird in der Rechtsprechung zum Teil relativ weit ausgelegt, wie zum Beispiel im Verhältnis Mahlzeiten von Gastronomiebetrieben zu Fertiggerichten von Einzelhändlern, Münzen und Medaillen im Verhältnis zu Schmuck sowie bezüglich Nahrungsergänzungsmittel zu Lebensmitteln. Interessant ist in diesem Zusammenhang ein Urteil des OLG Celle vom 19.01.2006, AZ 13 U 191/05 . Ein Verband war in der Erotikbranche nicht klagebefugt, da er keine Mitglieder hatte, die ähnliche Dienstleistungen anbieten.

Eine weitere Voraussetzung ist, dass eine Tätigkeit auf dem selben oder auf dem relevanten Markt vorliegt. Wenn Mitglieder beispielsweise nur in Süddeutschland werbend tätig sind, der durch den Verein Abgemahnte jedoch ausschließlich in Norddeutschland vertreibt, wird man in der Regel nicht von dem selben Markt ausgehen können. Letztlich kommt es darauf an, ob trotz räumlicher Entfernung des Kunden zum Anbieter noch ein Vertragsschluss möglich erscheint. Diese Möglichkeiten sind natürlich durch das Internet und den E-Commerce erheblich erweitert worden. Bei einer Werbung im Internet ist daher in der Regel ein bundesweiter Markt anzunehmen. Darüber sollte man sich bei Internetangeboten als gewerblicher Händler immer bewusst sein.

Viele vermeintlich abmahnfähige Verbände bzw. Vereine scheitern jedoch an der erheblichen Zahl der Mitglieder. Es muss sich zum einen um Mitglieder handeln, die auf den betreffend sachlichen und räumlich maßgebenden Markt tätig sind. Eine Mindestanzahl ist nicht erforderlich, da auf vielen Märkten nur wenige Unternehmen tätig sind. Nicht einmal die Mehrheit der Mitwettbewerber muss einem Verband angehören. Nach Entscheidung des BGH müssen lediglich Unternehmen aus dem Kreise der Mitbewerber auf dem relevanten Markt repräsentativ vertreten sein, so dass ein missbräuchliches Vorgehen des Verbandes ausgeschlossen werden kann. Die Grenze ist im Einzelnen jedoch schwer zu ziehen, da sich die Rechtsprechung zu Recht einer festen Anzahl von Mitgliedern oder prozentualen Mitgliederanzahlen verweigert.

Wichtig ist auch hier, auf den räumlichen Bezug zu achten. So ist durch die Rechtsprechung beispielsweise entschieden worden, dass bei einer Abmahnung im Ruhrgebiet 2 Autohändler aus Mitglieder im Ruhrgebiet nicht ausreichend sind. Gleiches gilt für die Stadt Hamburg. Bei einer Mitgliedsstadt von 3 Gebrauchtwarenhändlern. Auf der anderen Seite war es jedoch vollkommen ausreichend, wenn 2 Lebensmittel -Filialisten- mit über 240 Geschäften in Berlin Mitglied sind.  Nicht einmal 10% der auf den räumlichen Markt tätigen Autohändler sind dagegen ausreichend. Es wird deutlich: Diese Frage muss man sich gerade bei obskuren Abmahnvereinen genauer angucken.

Des Weiteren muss der Verband fähig sein, seine satzungsmäßigen Aufgaben wahrzunehmen. Dazu gehört eine personelle Ausstattung wie auch eine fachliche, d.h. wettbewerbsrechtliche Qualifikationen der Mitglieder, des Vorstandes oder der Mitarbeiter des Verbandes. Ein Verband muss in der Lage sein, das Wettbewerbsgeschehen zu beobachten und zu bewerten, damit er zumindestens typische Wettbewerbsverstöße, deren rechtliche Bewertung keine besonderen Schwierigkeiten aufweist, auch ohne anwaltlichen Rat erkennen kann. Eine eigene Geschäftsstelle und Geschäftsführung ist in der Regel unerlässlich. Das ein Wettbewerbsverband automatisch ohne eigene Tätigkeit Rechtsanwälte beauftragt, die für ihn tätig werden, ist jedoch nicht ausreichend.

Auch finanziell muss der Verband vernünftig ausgestattet sein. Der Verband muss grundsätzlich in der Lage sein, Prozesskosten bis zur Revisionsinstanz ohne Streitwertherabsetzung zu tragen.

Unzulässig ist es auch, wenn ein Verband keine  angemessene Tätigkeit zur Verwirklichung seines Satzungszweckes entwickelt und sich auf eine bloße Abmahntätigkeit beschränkt.

Grundsätzlich sollten Abmahnungen auch von eher unbekannten Verbänden durchaus ernst genommen werden. Der “Vorteil” für den Abgemahnten, wenn er von einem Verband abgemahnt wird, ist zweifelsohne, dass die zu erstattenen Abmahnkosten bei weitem nicht so hoch sind, wie bei einer anwaltlichen Abmahnung. In der Regel bewegen sie sich im Rahmen einer Pauschale zwischen einem Betrag von 170,00 € bis 250,00 €. Eine anwaltliche Abmahnung kann diesen Betrag um ein mehrfaches übersteigen. Im Zweifel lassen Sie sich anwaltlich beraten.

Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt Johannes Richard, Rostock

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