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Leitsatz:

1. Ein Vertrag zwischen einem Telefonsexanbieter mit einem TK-Netzbetreiber, demzufolge Kunden bei der Nutzung einer Telefonsexnummer in Westafrika eine Call-by-Call-Vorwahl nutzen, in Wirklichkeit jedoch keine Auslandsgespräche vermittelt werden, sondern die Gespräche bereits im Inland auf eine vom Telefonsexbetreiber vorher festgelegte innerdeutsche Rufnummer umgeleitet werden, ist nichtig.

LG München I, Grundurteil v. 10.01.2003, Az. 5 KH O 19188/01, MMR 2003, Seite 195f. (nicht rechtskräftig).

Die Klägerin bot Telefonsexgespräche in die Guenea/Westafrika zu einem Preis von 4,44 DM pro Minute an. In Wirklichkeit erfolgte jedoch kein Auslandsgespräch wenn diese Nummer gewählt wurde, sondern der Anruf wurde schon in Deutschland auf eine innerdeutsche Telefonnummer umgeleitet. Gegenüber dem Endkunden wurden diese Gespräche jedoch als Auslandsgespräche mit brutto 4,44 DM pro Minute berechnet.

Die Parteien haben eine Verteilung der Gebühren vereinbart. Das Landgericht hat angenommen, dass der Vertrag nichtig ist, da die Kunden mit Gebühren für besonders treure internationale Verbindungen belastet wurden, ohne dass eine solche internationale Verbindung dem Kunden tatsächlich zur Verfügung gestellt und von diesem genutzt wurde.

Hinzu kommt, dass in der Werbung eine Call-by-Call-Rufnummer verwendet wurde, die dem Kunden sugerierte, dass das Auslandsgespräch durch diese Vorwahl besonders günstig sein würde. Das Gericht spricht in diesem Zusammenhang von “besonderer perfider Werbung”, da die internationale Vorwahl 00224 durch die Vorwahl für den Netzbetreiber unkenntlich gemacht wurde. Die angegebene Nummer in Westafrika ist über das normale Telefonnetz unbestrittener Maßen überhaupt nicht erreichbar. Bei Anwahl ohne die Call-by-Call-Vorwahl ertönt nur eine Ansage, dass diese Rufnummer nicht erreichbar sei.

Derartige Verträge sind nach Ansicht des Gerichtes als sittenwidrig zu qualifizieren. Es verstößt gegen das Anstandsgefühl aller Billig- und Gerechtdenkenden, Geld für eine Leistung zu verlangen, die so nicht erbracht wurde.

Das Gericht nimmt daher – wohl gemerkt – zwischen zwei TK-Anbietern – einen Wertersatzanspruch an, der von der Klägerin mit 0,024 Euro pro Minute angesetzt wird, während die Beklagte meint, dass hier ein Fixbetrag von 0,12 DM pro Minute ihr zustehen soll.

Kommentar:

Dieses Urteil, das ein Vertragsverhältnis zwischen zwei TK-Anbietern betrifft, hat nach unserer Auffassung auch für den Kunden Auswirkung. Somit dürften Telefonsexgespräche mit Auslandsrufnummern, die tatsächlich von vornherein in Deutschland geführt werden, nach zutreffender Ansicht des Landgerichtes auch für den Kunden sittenwidrig sein. Soweit dem Kunden gelingt, dies nachweisen, dürfte ihm hier eine erhebliche Einwendungsmöglichkeit gegen überhöhte Telefonrechnungen zur Verfügung stehen.

Wenn bei einer Vorwahl im Ausland der “Gesprächspartner” deutsch spricht, wird man davon ausgehen können, dass dieser tatsächlich auch in Deutschland ansässig ist. Das Urteil stellt somit gute Argumente zur Verfügung, derartige Telefonrechnungen rechtlich anzugreifen.

Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt Johannes Richard, Rostock

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