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Widerrufsrecht auch bei benutzter Kosmetik (OLG Köln)

Es gibt nur wenige Gründe, die ein Widerrufsrecht ausschließen. Hierzu gehört eine Regelung in § 312 d Abs. 4 Nr. 1 BGB, derzufolge ein Widerrufsrecht nicht besteht, wenn die Ware auf Grund ihrer Beschaffenheit nicht für eine Rücksendung geeignet ist oder schnell verderben kann.

Besonders ärgerlich für Internethändler ist die Rücksendung von Kosmetik, wenn diese durch den Verbraucher geöffnet wurde, um diese “auszuprobieren”. Das OLG Köln (Beschluss vom 27.04.2010, Az.: 643/10) hatte sich mit dem Fall zu befassen, dass ein eBay-Händler die Formulierung verwendete: “… Kosmetika nur in einem unbenutzten Zustand zurückgenommen werden.”

Das OLG Köln hat diese Klausel jedoch als unzulässig und damit als wettbewerbswidrig und abmahnwürdig angesehen. Die Begründung ist durchaus lesenswert:

Zum einen rügten die Kölner Richter, dass  unklar ist, was der Händler mit “unbenutzt” eigentlich meinte. Es heißt insofern in dem Beschluss:

Ob jedoch erst die Entnahme eines größeren oder kleineren Teils der Creme oder das bloße Öffnen der Tube oder die Entfernung einer Versiegelung oder bereits das Öffnen einer etwa vorhandenen Original-Umverpackung als Beginn der Benutzung des Produktes gelten soll, kann der Verbraucher der Klausel nicht entnehmen. Klarer wird der Belehrungstext im Streitfall auch nicht dadurch, dass in dem weiteren Text des eBay-Angebotes der Zustand des Artikels als “Neuware – ohne Karton” beschrieben wird. Ob ein Ausschluss der Rücknahme “angebrochener Kosmetika” sprachlich transparenter wäre, hat der Senat nicht zu entscheiden. Im Ergebnis kommt es darauf jedoch auch nicht an.

Kernpunkt der Begründung des Senates des OLG Köln ist, dass der Verbraucher bei einem Kauf über das Internet keine Prüfungsmöglichkeit hat, wie bspw. im Rahmen der Nutzung eines Testers im Laden. Zudem sind auch geöffnete oder benutzte Kosmetikprodukte “auf Grund ihrer Beschaffenheit” zur Rücksendung geeignet. Diese Klausel gilt nach Ansicht der Richter nur für Produkte, die tatsächlich nicht einfach zurückgegeben werden können, wie bspw. im Wege des Downloads vertriebene Dateien oder schüttbare Güter wie Heizöl.

Auch dass Kosmetikprodukte schnell verderblich sind, sahen die Kölner Richter nicht so. Dies gilt nur für Lebensmittel, Schnittblumen oder Arzneimittel. Maßgeblich ist jedoch die “objektive Verderblichkeit”.

Gericht rät: Gebrauchte Kosmetikprodukte einfach wieder verkaufen!

Es versteht sich von selbst, dass gebrauchte Kosmetikprodukte nicht zuletzt aus hygienischen Gründen quasi unverkäuflich sind und durch den Internethändler, der vom Widerruf und der Rücksendung betroffen ist, einfach nur noch entsorgt werden können. Auch dies sieht das Gericht anders. Es heißt in dem Beschluss:

“Zudem hat die Antragstellerin dargelegt und durch Angebote weiterer Internethändler glaubhaft gemacht, dass durchaus ein Markt für “gebrauchte” Gesichtscreme existiert; Dass dies auch für andere Kosmetikartikel, zumal des Hochpreissektors gilt, ist den in Wettbewerbssachen erfahrenen Mitgliedern des Senates bekannt und wird für die vom Verkehr akzeptierten Parfümtester sogar von Autoren eingeräumt, die das Widerrufsrecht bei angebrochener Kosmetika weitgehend beschränken wollen. Die Feststellung, dass bei den von der konkreten Verletzungsform erfassten Kosmetikprodukten schon ein Herausdrücken geringer Teile von Creme aus der Tube oder das bloße Öffnen der Tube zum Verderb und zur völligen Unverkäuflichkeit der zurückgesandten Ware führen muss, lässt sich daher jedenfalls nach Lage der Akten nicht treffen.”

Vorliegend ging es wohl um Antifaltencreme. Es ist lebensfremd, anzunehmen, dass eine geöffnete Tube Antifaltencreme, insbesondere wenn man nicht weiß, wie der Verbraucher sie vor Ort behandelt hat, nicht wieder verkäuflich ist. Nicht zuletzt hygienische Argumente dürften dagegen sprechen. Ob ein Wertersatz für eine “benutzte” Kosmetik geltend gemacht werden kann, ist ebenfalls zweifelhaft.

Die für Händler sehr nachteilige Ansicht des OLG Köln deckt sich mit Rechtsprechung des OLG Hamburg (Urteil vom 20.12.2006, Az. 5 U 106/06). Dort wurde entschieden, dass Kontaktlinsen und Kontaktlinsen-Pflegemittel sehr wohl dem Widerrufsrecht unterliegen. Auch Unterwäsche, die bspw. gebraucht wurde (getragen wurde), unterliegt somit einem Widerrufsrecht.

Händler sollten wegen dieser sehr strengen Gesetzeslage im Falle eines Widerrufes entsprechende Totalverluste in die Preiskalkulation mit aufnehmen.

Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt Johannes Richard, Rostock

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