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OLG Celle: Böse Falle für Handwerker: Widerruf bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen

Eine gerade bei Handwerkerleistungen häufig übersehene Regelung ist das Widerrufsrecht des Verbrauchers gem. § 312 b BGB bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen.

Außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge sind Verträge, die bei gleichzeitiger körperlicher Anwesenheit des Verbrauchers und des Unternehmers an einem Ort geschlossen werden, der kein Geschäftsraum des Unternehmers ist.

In der Praxis bedeutet dies, dass ein Vertrag außerhalb eines Geschäftsraumes geschlossen wird, wenn der Handwerker z. B. ausschließlich vor Ort beim Kunden den Vertrag abschließt. Einfacher lässt sich dies für den umgekehrten Fall erklären:

Kein Widerrufsrecht besteht, wenn der Vertrag zwischen Verbraucher und Unternehmer in der Firma oder den Geschäftsräumen des Unternehmens geschlossen wird.

In der Praxis ist es häufig so, dass der Vertrag entweder bei dem Verbraucher vor Ort geschlossen wird. Eine andere Alternative, ist ein Fernabsatzvertrag: Der Handwerker unterbreitet ein konkretes Angebot für eine Handwerksleistung per Post, Fax oder E-Mail und der Verbraucher bestätigt dieses Angebot, jedenfalls nicht in den Geschäftsräumen des Unternehmers, sondern z. B. ebenfalls per E-Mail, telefonisch oder per Post. Auch hier besteht ein Widerrufsrecht.

Sowohl bei Fernabsatzverträgen wie aber auch bei Verträgen, die mit einem Verbraucher außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen werden, besteht dann seitens des Unternehmers die Verpflichtung, den Verbraucher über das Widerrufsrecht zu belehren. Die Rechtsfolgen, wenn keine rechtskonforme Information über das Widerrufsrecht für Dienstleistungen erfolgt, sind weitreichend:

Zum einen hat der Verbraucher ein Widerrufsrecht von zwölf Monaten und 14 Tagen nach Vertragsschluss. Die weitreichendste Folge ist jedoch, dass im Falle des Widerrufes durch den Verbraucher der Unternehmer keinen Wertersatz geltend machen kann. Vereinfacht gesagt hat der Unternehmer keinen Zahlungsanspruch und arbeitet quasi umsonst.

Die Rechtslage ist nicht nur Theorie, sondern auch Praxis, wie eine Entscheidung des Oberlandesgerichtes Celle (OLG Celle Urteil vom 12.01.2022 Az.: 14 U 111/21) zeigt.

Der Fall

Ein Verbraucher hatte mit einem Handwerksunternehmen einen Vertrag über den Einbau einer neuen Wärmepumpe nebst Pufferspeicher geschlossen. Der Vertrag wurde im Wohnhaus des Verbrauchers geschlossen, mithin nicht in einem Geschäftsraum des Unternehmers. Das Gericht weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass es nicht darauf ankommt, ob der Unternehmer überhaupt Geschäftsräume hat.

Der Handwerker hatte auf Zahlung des Werklohns geklagt, der Verbraucher widerklagend nach einem Widerruf auf Rückzahlung der bereits gezahlten Beträge an den Unternehmer.

Das Urteil ist für jeden Handwerker wie aber auch für jeden Verbraucher, der Handwerksleistungen beauftragt, lesenswert.

Vertrag außerhalb von Geschäftsräumen

Nach Ansicht des OLG ist der Einbau einer Wärmepumpe und eines Pufferspeichers keine erhebliche Umbaumaßnahme im Sinne des Gesetzes. In diesem Fall kann das Widerrufsrecht ausgeschlossen sein.

Es kommt ferner nicht darauf an, dass der Vertragsabschluss auf Veranlassung des Verbrauchers erfolgt war. Allein entscheidend ist, dass der Vertrag in der Wohnung oder am Arbeitsplatz des Verbrauchers geschlossen wird. Ob es bei dem Vertragsschluss ein Druckmoment gibt, wie z. B. in einer Haustürsituation etc. ist dabei unerheblich. Egal ist auch, ob der Verbraucher quasi den Unternehmer eingeladen hat, ein Angebot z. B. für eine Handwerksleistung abzugeben.

Eine Ausnahme gibt es im Übrigen nach § 312 g Abs. 2 Nr. 11 BGB: Bei einer dringenden Reparatur- oder Instandhaltungsmaßnahme hat der Verbraucher grundsätzlich kein Widerrufsrecht. Dringend sind Instandhaltungsarbeiten nur dann, wenn sie zur sofortigen Wiederherstellung der Funktionstauglichkeit erforderlich waren und der Verbraucher darauf angewiesen war. Darum ging es vorliegend nicht.

Der Verbraucher konnte somit noch erheblich später den Widerruf erklären, da „mangels Widerrufsbelehrung die Widerrufsfrist bei Ausübung des Widerrufsrechtes noch nicht abgelaufen bzw. erloschen gewesen war“.

Rückgewähr der eingebauten Materialialien

Im Rahmen der Rückabwicklung hatte die I. Instanz angenommen, dass der Unternehmer gem. § 357 Abs. 6 Satz 3 BGB berechtigt und verpflichtet sei, die eingebauten Geräte und Materialien auszubauen und mitzunehmen. Insofern erfolgte Zug um Zug Verurteilung.

Diese Ansicht hatte das OLG bestätigt: Im Rahmen des Widerrufsrechtes besteht auch eine Rückgewährsverpflichtung des Verbrauchers für die eingebauten Vertragsgegenstände. Das Rohre und andere Teile beim Ausbau unter Umständen beschädigt oder gar zerstört werden, steht der Rückgewährsverpflichtung ebenfalls nicht entgegen.

„Zudem belastet eine etwaige Beschädigung oder Zerstörung von zurückzugewährenden Gegenständen die Beklagten (Verbraucher) überhaupt nicht, sonst schmälert allenfalls den verbleibenden Wert der ausgebauten Anlage für den Kläger.“

Muss der Unternehmer ausgebaute Altgeräte zurückgeben?

Vorliegend ging es um die Erneuerung einer Wärmepumpe. Ganz offensichtlich hatte der Handwerker die alte Anlage ausgebaut und mutmaßlich entsorgt. Dieses Altgerät muss der Unternehmer jedoch in diesem Fall weder herausgeben noch dafür Wertersatz leisten. Das Altgerät wurde dem Unternehmer nicht als Teil des Vertrages überlassen, etwa zu einer weiteren Verwertung. Offensichtlich sollte dies entsorgt werden, so dass kein Wert bei dem Handwerker verblieben war.

Fazit

Die Entscheidung des OLG Celle zeigt, wie wichtig es für Handwerker ist, sich darüber bewusst zu sein, wann Verbraucher über ein Widerrufsrecht belehrt werden müssen. Häufig, so unser Eindruck, geschieht dies nicht. Vielen Handwerksbetrieben scheint diese Verpflichtung nicht bekannt zu sein. Die Rechtsfolgen sind weitreichend, da der Unternehmer im Falle des Widerrufes, der auch noch sehr lange erklärt werden kann, quasi nichts bekommt.

Notwendig ist eine Widerrufsbelehrung für Dienstleistungen nach dem amtlichen Muster des Gesetzgebers. Die Widerrufsbelehrung muss der Verbraucher in Textform erhalten. Es bietet sich an, dass der Unternehmer dokumentiert und sich bestätigen lässt, dass der Verbraucher eine Widerrufsbelehrung erhalten hat.

Die Widerrufsfrist beträgt 14 Tage ab Vertragsschluss. Der Verbraucher kann verlangen, dass der Unternehmer vor Ablauf der Widerrufsfrist mit seinen Leistungen beginnt. Hier sind jedoch bestimmte Formalien zu beachten.

Die entsprechende gesetzliche Regelung gibt es seit 2014. Vielen Verbrauchern scheinen die rechtlichen Möglichkeiten (noch nicht) bekannt zu sein. Es gibt zu der Thematik nur relativ wenig Urteile.

Handwerker und andere Dienstleister sind auf jeden Fall erheblich besser abgesichert, wenn die Formalien zum Widerrufsrecht beachtet werden.

Wir beraten Handwerker und Dienstleister bei der ordnungsgemäßen Gestaltung einer Widerrufsbelehrung, um rechtliche Nachteile zu vermeiden.

Sprechen Sie uns einfach an.

Stand: 23.02.2022

Es berät Sie: Rechtsanwalt Johannes Richard