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Hygieneprodukt: Bei einem Corona-Test kann das Widerrufsrecht ausgeschlossen werden (OLG Nürnberg)

Viele freiverkäufliche Corona-Tests werden auch online verkauft. Dies gilt für sogenannte Laientests. Die Coronatests, die nur durch medizinisches Fachpersonal verwendet werden dürfen, dürfen nicht an Verbraucher verkauft werden.

Widerrufsrecht?

Das Oberlandesgericht Nürnberg (OLG Nürnberg, Beschluss vom 26.11.2021, Az: 3 U 2473/21) hatte sich im Rahmen eines wettbewerbsrechtlichen Verfahrens mit einem Onlineshop zu befassen, der Corona-Tests zum Kauf anbot. In der Produktbeschreibung hieß es:

„Aus hygienischen Gründen sind Schnelltests von der Rückgabe und vom Umtausch ausgeschlossen“

Bemerkenswerterweise sah das OLG Nürnberg diesen Hinweis nicht als wettbewerbswidrig an:

„Der gerügte Hinweis ist in allen Fällen und bei allen denkbaren Rechtsfolgen nicht geeignet, einen Verbraucher von der berechtigten Ausübung eines Widerrufsrechts abzuhalten, wenn die Voraussetzungen des Öffnens einer vorhandenen Versiegelung nicht vorliegen:

Nähme man an, der Ausschluss des Widerrufsrechts des Verbrauchers wäre wegen einer unzureichenden Belehrung (wogegen aber das Fehlen einer entsprechenden ausdrücklichen Voraussetzung im Gesetz spricht) nicht gegeben, wäre der Hinweis zwar inhaltlich falsch. Der durchschnittliche verständige Verbraucher erkennt aber aus der Formulierung trotz ihres schlagwortartigen Charakters, dass ihm das Widerrufsrecht nur dann verwehrt sein soll, wenn hygienische Gründe einer erneuten Verwendung einer ihm zugesandten Ware entgegenstehen.

Ein Verbraucher, der die Ware noch gar nicht erhalten hat oder ihm übersandten Spucktest noch nicht geöffnet hat, würde sich daher durch den so formulierten Hinweis nicht ernsthaft von seiner Absicht und seinem Rechtsstandpunkt abbringen lassen, da in solchen Fällen hygienische Gründe einen Widerruf erkennbar nicht entgegenstehen.“

Bedenkliche Ansicht

Wir finden die Ansicht des OLG Nürnberg problematisch.

Zunächst: Gem. § 312 g Abs. 2 Nr. 3 BGB besteht ein Widerrufsrecht nicht bei Verträgen zur Lieferung versiegelter Waren, die aus Gründen des Gesundheitsschutzes oder der Hygiene nicht zur Rückgabe geeignet sind, wenn ihre Versiegelung nach der Lieferung entfernt wurde.

Nach unserer Auffassung schließt der Anbieter durch die Formulierung „Aus hygienischen Gründen sind Schnelltests von der Rückgabe und vom Umtausch ausgeschlossen“ jedoch ganz grundsätzlich das Widerrufsrecht aus. Dass das Widerrufsrecht erst dann ausgeschlossen ist, wenn der Verbraucher eine Versiegelung entfernt hat, wird aus der Formulierung nicht deutlich. Zudem spricht einiges dafür, dass durch den Ausschluss des Umtausches auch Mängelhaftungsansprüche (Gewährleistung) ausgeschlossen werden soll.

Wohlgemerkt geht es bei dieser Einschätzung um die konkrete beanstandete Formulierung, die Gegenstand des OLG-Verfahrens war.

Ausschluss Widerrufsrechtes möglich

Das Widerrufsrecht kann durchaus ausgeschlossen werden: Bei einem Corona-Schnelltest handelt es sich eindeutig um eine Ware, die aus Gründen des Gesundheitsschutzes oder Hygiene nicht zur Rückgabe geeignet ist (mehr zum Ausschluss des Widerrufsrechtes bei versiegelter Ware hier). Versiegelt ist diese Ware erkennbar ebenfalls: Dies gilt sowohl für Lolli oder Wattestäbchen wie aber auch für den Teststreifen.

Unproblematisch kann daher nach unserer Auffassung entsprechend den gesetzlichen Vorgaben des § 312 g Abs. 2 Nr. 3 BGB darauf hingewiesen werden, dass ein Widerrufsrecht bei entsiegelten bzw. geöffneten Tests ausgeschlossen ist. In diesem Fall sollte jedoch hinsichtlich der Informationen über die Ausschlussgründe der genaue Gesetzeswortlaut verwendet werden.

Man muss ferner davon ausgehen, dass der Verbraucher die Rechtslage zu entsiegelter Hygieneware nicht kennt. Die Ansicht des OLG:

„Der Verbraucher wird daher, selbst wenn er keine juristischen Kenntnisse und Argumentationsgabe besitzt, den gerügten Hinweis nicht als Grundlage dafür genügen lassen, dass der Verkäufer den Widerruf in solchen Fällen zurückweist …“

ist nicht nachvollziehbar

Das Gegenteil wird der Fall sein: Wenn grundsätzlich darauf hingewiesen wird, dass bei Corona-Schnelltests Rückgabe und Umtausch ausgeschlossen ist, werden viele Verbraucher ihre Rechte erst gar nicht wahrnehmen.

All dies ist kein Problem, wenn korrekt über den Ausschluss des Widerrufsrechtes informiert wird.

Stand: 11.01.2022

Es berät Sie: Rechtsanwalt Johannes Richard