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Widerruf von Verbraucherverträgen im Internet: EU plant Widerrufsbutton “Vertrag widerrufen”

WiderrufsbuttonAm 24.02.2023 wurde dem Rat der Europäischen Union ein Vorschlag unterbreitet, der alle  Internethändler betrifft. U. a. ist vorgesehen, eine Schaltfläche für den Widerruf (Widerrufsbutton) einzuführen.

Zur Begründung heißt es:

„Durch eine Schaltfläche für den Widerruf oder eine ähnliche Funktion werden die Verbraucher stärker für ihr Recht auf Widerruf und die Möglichkeiten des Rücktritts von einem Vertrag sensibilisiert. Bei Fernabsatzverträgen ist es generell wichtig, dass es nicht aufwändiger ist, von dem Vertrag zurückzutreten, als ihn zu schließen. Um den Verbraucherschutz weiter zu stärken, wird im Kompromisstext vorgeschlagen, die Anwendung der Schaltfläche für den Widerruf nicht nur auf Finanzdienstleistungen zu beschränken. Stattdessen sollen die einschlägigen Bestimmungen in dem allgemeinen Kapitel der Richtlinie über die Rechte der Verbraucher aufgenommen und damit ein horizontaler Anwendungsbereich für im Fernabsatz geschlossene Verträge geschaffen werden. Darüber hinaus werden im Kompromisstext einige technische Änderungen an der Gestaltung der Schaltfläche für den Widerruf vorgeschlagen, damit die Nutzung einfacher und den Verbrauchern die Wahrnehmung ihrer Rechte erleichtert wird.“

Wie sich die EU die konkrete Umsetzung vorstellt

In den Erwägungsgründen heißt es:

„Bietet der Unternehmer neben den anderen vorhandenen Widerrufsmöglichkeiten (wie etwa das in Anhang 1 Teil B vorgesehene Formular) die Möglichkeit, Fernabsatzverträge über eine Online-Benutzeroberfläche (wie etwa eine Website oder eine Anwendung) zu schließen, so sollte er dafür Sorge tragen müssen, dass der Verbraucher diesen Vertrag über eine Schaltfläche oder eine ähnliche Funktion auf derselben Benutzeroberfläche widerrufen kann. Damit sollte sichergestellt werden, dass es für die Verbraucher genauso leicht ist, einen Vertrag zu widerrufen wie ihn abzuschließen. Dazu muss der Unternehmer auf der Online-Benutzeroberfläche, auf der der Vertrag geschlossen wird, eine Schaltfläche oder eine ähnliche Funktion bereitstellen, die auf die Möglichkeit zum Widerruf hinweist. Der Verbraucher sollte die Möglichkeit haben, eine Widerrufserklärung abzugeben und die zur Identifizierung des Vertrags erforderliche Angaben zu machen oder diese zu bestätigen. So könnte beispielsweise ein Verbraucher, der sich – z. B. durch Einloggen – bereits identifiziert hat, bestätigen, von welcher Dienstleistung er zurücktreten möchte, ohne dass sein Name und die Bezeichnung des Vertrags angegeben werden müssen. Um einen zufälligen Widerruf des Vertrags durch den Verbraucher zu vermeiden, sollte zur Übermittlung der Widerrufserklärung eine Bestätigungsschaltfläche genutzt werden. Wenn der Verbraucher im Rahmen desselben Fernabsatzvertrags mehrere Waren oder Dienstleistungen bestellt hat, kann der Unternehmer dem Verbraucher die Möglichkeit einräumen, von einem Teil des Vertrags zurückzutreten.“

In der Praxis dürfte dies bedeuten, dass bei jeder Online-Bestellung im Rahmen eines Check-Outs (so wie es z. B. bei Plattformen oder im Internetshop üblich ist) einen Widerrufsbutton geben muss.

Ein Problem ist natürlich immer die Identifizierung des Verbrauchers und des Vertrages, um den es geht. Hier soll es die Möglichkeit geben, dass der Verbraucher Identifikationsdaten machen kann. Das kann durch ein Einloggen geschehen, hinter der der Verbraucher seine Bestellungen erkennen kann. Es muss ferner eine Bestätigungsschaltfläche geben. Dies interpretieren wir so, dass nach Nutzen des „Widerrufsbuttons“ es einen weiteren Button geben muss, aus dem dem Verbraucher deutlich wird, dass er durch Anklicken des weiteren Button den Widerruf erklärt.

Nicht unüblich ist ein Teilwiderruf einer Bestellung. Der Unternehmer kann dem Verbraucher die Möglichkeit einräumen, einen Teil des Vertrages zu widerrufen. Interessant ist hier die Formulierung „kann“. Es scheint möglich zu sein, dass der Unternehmer (Shopbetreiber) den Verbraucher auch zwingen kann, den gesamten Vertrag zu widerrufen.

Zeitlich befristeter Widerrufsbutton

In den Erwägungsgründen heißt es ferner, dass der Unternehmer dafür Sorgen muss, dass der Widerrufsbutton während der Widerrufsfrist verfügbar ist sowie sichtbar und leicht zugänglich ist. Ähnliche Vorschriften gibt es bereits bei dem Kündigungsbutton für Dauerschuldverhältnisse.

In der Praxis dürfte die Regelung, dass der Widerrufsbutton während der Widerrufsfrist verfügbar ist, für erhebliche Probleme sorgen: Die Widerrufsfrist beginnt mit Erhalt der Ware, wenn es um den Verkauf von Waren geht bzw. mit dem Erhalt der letzten Ware bei Teillieferungen. Es wird einen erheblichen Aufwand zur Folge habe, diese zeitlich passenden Informationen in einem Internetshop darzustellen. Eine Fristberechnung wird kaum möglich sein, wenn die Ware nicht mit Trackinginformationen, sondern z. B. per einfachem Brief versandt wird.

Der konkrete Vorschlag zur Umsetzung

Es  geht es um eine Änderung der Richtlinie 2011/83/EU.

Konkret geregelt werden soll dies in Art. 11 a Abs. 1 der Richtlinie:

 „Artikel 11a Ausübung des Widerrufsrechts bei Fernabsatzverträgen, die über eine Online-Benutzeroberfläche geschlossen werden

Bei Fernabsatzverträgen, die über eine Online-Benutzeroberfläche geschlossen werden, stellt der Unternehmer sicher, dass der Verbraucher den Vertrag über dieselbe Online-Benutzeroberfläche widerrufen kann, indem er eine Schaltfläche oder eine ähnliche Funktion nutzt. Die Schaltfläche oder ähnliche Funktion ist lesbar mit den Worten ‚Vertrag widerrufen‘ oder einer entsprechenden eindeutigen Formulierung gekennzeichnet. Die Schaltfläche für den Widerruf oder ähnliche Funktion wird auf der Online-Benutzeroberfläche hervorgehoben platziert und ist für den Verbraucher leicht zugänglich.“

Die Buttonbezeichnung „Vertrag widerrufen“ erinnert an die Buttonlösung im Check-Out „zahlungspflichtig bestellen“.

Um es dem Verbraucher möglichst einfach zu machen, muss der Button hervorgehoben platziert werden, d. h. er darf sich nicht in irgendeinem Untermenü verstecken.

Welche Informationen dann abgefragt werden

Dies ergibt sich aus Art. 11 a Abs. 2:

„Die Nutzung der Schaltfläche oder der ähnlichen Funktion ermöglicht es dem Verbraucher, eine Widerrufserklärung abzugeben, indem folgende Informationen bereitgestellt oder bestätigt werden:

a) Name des Verbrauchers;

b) Bezeichnung des Vertrags;

c) Angaben zum elektronischen Kommunikationsmittel, mit dem die Bestätigung des Widerrufs dem Verbraucher übermittelt wird.“

Notwendig ist dann eine gesonderte Schaltfläche gem. Art. 11 a Abs. 3, die mit der Bezeichnung „jetzt widerrufen“ oder einer entsprechenden eindeutigen Formulierung zu kennzeichnen ist.

Gem. § 11 a Abs. 4 besteht seitens des Unternehmers die Verpflichtung, dem Verbraucher automatisch eine Bestätigung für die Übermittlung der Widerrufserklärung per E-Mail mitzuteilen einschließlich des Datums und der Uhrzeit.

Gem. § 11 a Abs. 5 hat der Unternehmer ferner unverzüglich (d. h. nicht automatisch die in der vorhergehenden Regelung den Inhalt der Widerrufserklärung, einschließlich des Datums und der Uhrzeit Ihres Eingangs auf einem dauerhaften Datenträger zu bestätigen. Dies bedeutet in der Praxis, dass hier eine E-Mail zu übersenden ist.

Offene Fragen

Aktuell handelt es sich nur um einen Vorschlag des Ausschusses der Ständigen Vertreter an den Rat der Europäischen Union. Beabsichtigt ist die Änderung einer Richtlinie. Wenn diese Richtlinie geändert werden sollte, muss sie dann in deutsches Recht umgesetzt werden.

Da es durch den Widerrufsbutton eine neue Möglichkeit zum Widerruf geben wird, stellt sich die Frage, ob sich damit auch die Widerrufsbelehrung ändert. Bei den bisherigen Widerrufsmöglichkeiten (telefonisch, per E-Mail oder per Post oder mit dem Widerrufsformular) wird es auf jeden Fall bleiben. Es gibt dann aber eine zusätzliche Möglichkeit zum Widerruf über den Widerrufsbutton.

Der technische Aufwand des entsprechenden Widerrufprozesses gerade in Internetshops wird hoch sein, insbesondere was die Berechnung der Widerrufsfrist angeht und eine Verknüpfung mit den Bestellungen eines Verbrauchers.

Da es der Kommission darum geht, dass Verbraucher Verträge genauso schnell widerrufen können, wie sie sich schließen, wird genau dies passieren: Die Widerrufsquote wird noch weiter steigen. Die „Amazonisierung“ des Internets wird weiter zunehmen: Viel bestellen, viel widerrufen. Die Kosten trägt letztlich der Verbraucher.

Über die aktuellen Entwicklungen zum Widerrufsbutton werden wir Sie an dieser Stelle informieren.

Stand: 07.03.2023

Es berät Sie: Rechtsanwalt Johannes Richard