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Wenn genug Platz da ist : bei Werbeprospekt mit Bestellkarte muss über das Widerrufsrecht informiert werden

Die Wettbewerbszentrale führt aktuell ein Musterverfahren, in dem es darum geht, ob bei einem Werbeprospekt mit einer Antwort- und Bestellkarte ausführlich über das Widerrufsrecht  zu informieren ist. Nach Angaben der Wettbewerbszentrale wird dieses Verfahren zur Klärung wichtiger Fragen und zur Schaffung von Rechtssicherheit für die werbenden Unternehmen geführt.

Im vorliegenden Fall ging es um einen mehrseitigen Werbeprospekt mit einer Antwort- und Bestellkarte, der als Beileger zu Zeitschriften veröffentlicht wurde. In der Bestellkarte wurde lediglich auf das Bestehen eines Widerrufsrechts hingewiesen, es fehlten jedoch weitergehende Informationen.

Erleichterte Informationspflicht bei begrenzter Darstellungsmöglichkeit?

Für diese Fälle gibt es im Gesetz eine Sonderregelung. Artikel 246 a § 3 EGBGB regelt die erleichtere Informationspflicht bei begrenzter Darstellungsmöglichkeit. Es heißt dort:

“Soll ein Fernabsatz mittels eines Fernkommunikationsmittels geschlossen werden, das nur begrenzten Raum oder begrenzte Zeit für die dem Verbraucher zu erteilenden Informationen bietet, ist der Unternehmer verpflichtet, dem Verbraucher mittels dieses Fernkommunikationsmittels zumindest folgende Informationen zur Verfügung zu stellen:

4. Ggf. das Bestehen eines Widerrufsrechtes

…”

Der Gesetzgeber hat somit durchaus mitgedacht und räumt Unternehmern ein, unter bestimmten Voraussetzungen auf ausführliche Informationen zu verzichten.

LG Wuppertal und OLG Düsseldorf: Informationspflicht über das komplette Widerrufsrecht auch im Werbeprospekt

Die erste Instanz (Landgericht Wuppertal, Urteil vom 27.07.2015, Az: 11 O 40/15) wie auch mittlerweile die zweite Instanz (OLG Düsseldorf, Urteil vom 18.02.2016, Az: I-15 O 54/15) nehmen an, dass die Darstellung einer Widerrufsbelehrung notwendig ist. Im Tenor des Urteils des OLG Düsseldorf heißt es, dass die Beklagte verurteilt wird, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr Verbrauchern den Abschluss von Fernabsatzverträgen über den Kauf von Waren mittels eines Printmediums zu ermöglichen ohne in diesem Printmedium selbst unmittelbar über Folgendes zu informieren:

Die Bedingungen, die Fristen und das Verfahren für die Ausübung des Widerrufsrechts, insbesondere Namen und Anschrift desjenigen, gegenüber dem der Widerruf zu erklären ist, und ohne das Muster-Widerrufsformular dem Printmedium beizufügen.

Der Sachverhalt

Es ging um einen ausklappbaren Werbeprospekt, der sechs Seiten hatte. Der Werbeprospekt enthielt auf der unteren rechten Ausklappseite eine heraustrennbare Bestellpostkarte. Auf der Vorder- wie auf der Rückseite der Postkarte wurde auf das gesetzliche Widerrufsrecht hingewiesen. Es gab ferner einen Hinweis auf eine telefonische Bestellmöglichkeit und auf eine Internetadresse. Im Internet war unstreitig über die Widerrufsbelehrung und das Muster-Widerrufsformular informiert worden.

Die Begründung

Widerrufsbelehrung und Muster-Widerrufsformular muss nach Artikel 246 § 4 Abs. 3 EGBGB in einer den benutzten Fernkommunikationsmittel angepassten Weise zur Verfügung gestellt werden. Zum Problem wurde es für den Prospektanbieter, dass der Prospekt eine heraustrennbare Bestellpostkarte enthielt, mit welcher der Verbraucher eine Vertragserklärung abgeben kann. Vor diesem Hintergrund kam es nicht darauf an, dass es auch eine telefonische Bestellmöglichkeit gab und zudem auf eine Bestellmöglichkeit im Internet verwiesen wurde. Interessanterweise nimmt das OLG Düsseldorf anders als andere Gerichte an, dass die Darstellung einer Telefonnummer in der Widerrufsbelehrung nicht zwingend sei. “Dies folgt daraus, dass auch das Muster-Widerrufsformular gemäß Anlage 2 Artikel 246 a § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EGBGB zwar Namen und Anschrift, nicht zwingend die Telefonnummer des Unternehmens enthalten muss.” Ganz nachvollziehen können wir diese Begründung nicht, da zu unterscheiden ist zwischen der Telefonnummer in der Widerrufsbelehrung und dem tatsächlichen Umstand, dass die Telefonnummer im Muster-Widerrufsformular nicht angegeben werden muss.

Erleichterte Informationspflichten bei Printwerbung?

Nach Ansicht des OLG ist der Werbeprospekt kein Fernkommunikationsmittel, das “nur begrenzten Raum oder begrenzte Zeit für die dem Verbraucher zu erteilenden Informationen bietet”. Folge ist, dass die komplette Widerrufsbelehrung dargestellt werden muss. “Dabei ist nicht die konkrete Gestaltung des Fernkommunikationsmittels durch den Unternehmer maßgebend, sondern welche technischen und tatsächlichen Möglichkeiten es zur Informationserteilung bietet. Dies hat zur Folge, dass der streitgegenständliche mehrseitige Werbeprospekt nicht unter Artikel 246 a § 3 EGBGB fällt, weil er sich so ausgestalten lässt, dass genügend Raum für alle Pflichtinformationen vorhanden ist.” Letztlich darf die Gestaltung eines Werbeprospektes nicht dazu führen, dass der Unternehmer es in der Hand hat, durch die Art und Weise der Ausgestaltung des Fernkommunikationsmittels zu bestimmen, ob Pflichtinformationen erteilt werden müssen.

Unter dem Strich wurde es jedenfalls dem Anbieter zum Verhängnis, dass es einen mehrseitigen Werbeprospekt gab, in dem genug Platz vorhanden war, um über Widerrufsbelehrung und Muster-Widerrufsformular zu informieren. Unter dem Strich errechnet der Senat zusätzliche 1,5 Seiten Pflichtinformationen, die enthalten sein müssen.

Das OLG hat die Revision zugelassen, so dass wir davon ausgehen, dass der BGH letztlich über die Rechtsfrage entscheiden wird.

Wir werden Sie an dieser Stelle darüber informieren.

Stand: 01.04.2016

Es berät Sie: Rechtsanwalt Johannes Richard, Rostock

https://ssl-vg03.met.vgwort.de/na/5065e2c4e6424bbaa057f9b44aca3271