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BGH zum Widerrufsrecht bei Dienstleistungen und Maklervertrag: Verbraucher können Vertrag widerrufen, wenn über das Widerrufsrecht nicht korrekt belehrt wurde – Makler hat dann keinen Zahlungsanspruch

Das gesetzliche Widerrufsrecht für Verbraucher ist sehr viel weitergehender, als viele annehmen. So besteht ein Widerrufsrecht auch bei Dienstleistungen. Dazu gehören nicht nur Handwerkerleistungen sondern auch der Maklervertrag. Rechtlich gesehen handelt es sich hierbei um eine Dienstleistung. Auch hier hat der Verbraucher ein Widerrufsrecht. Die Widerrufsfrist beträgt 14 Tage und beginnt ab Vertragsschluss.

Ein Widerrufsrecht besteht dann, wenn der Vertrag entweder im Wege des Fernabsatzes (Telefon, E-Mail, online) geschlossen wurde. Ein Widerrufsrecht besteht ebenfalls, wenn der Vertrag außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen wurde. Dieser Fall ist durchaus häufig. Ein Vertrag außerhalb von Geschäftsräumen liegt z.B. vor, wenn der Vertrag in der Wohnung des Verbrauchers geschlossen wurde, oder bei Maklerverträgen in dem Objekt, dass der Verbraucher besichtigt.

Gibt es formelle Fehler bei der Information des Verbrauchers über das Widerrufsrecht, sind die Folgen weitreichend: Die Widerrufsfrist beträgt dann nicht mehr 14 Tage ab Vertragsschluss, sondern 12 Monate und 14 Tage. Widerruft der Verbraucher, insbesondere nachdem er nicht rechtlich einwandfrei über das Widerrufsrecht belehrt wurde, hat der Unternehmer keinen Anspruch auf Wertersatz. Mit anderen Worten: Der Unternehmer bekommt gar nichts. Gerade bei einem Maklervertrag, z.B. über ein Haus, kann es somit um erhebliche Summen gehen. (weitere Informationen zum Widerruf des Maklervertrages siehe unsere Informationen hier und hier ).Ein weitreichendes Urteil zum Thema Widerrufsrecht bei einem Maklervertrag gibt es jetzt vom Bundesgerichtshof (BGH, Urteil vom 26.11.2020, Az. I ZR 169/19).

Der Fall

Kläger war ein Makler. Die Beklagten wollten ihr Haus verkaufen und unterschrieben in Ihrer Wohnung, in der sie der Makler aufgesucht hatte einen Maklervertrag. Die Beklagten unterzeichneten ferner eine Widerrufsbelehrung, in der darauf hingewiesen wird, dass für einen Widerruf das beigefügte Muster-Widerufsformular verwendet werden kann. Im Anschluss an die Widerrufsbelehrung folgten zwei durchaus übliche Erklärungen zum Thema Widerrufsrecht bei Dienstleistungen: Der Verbraucher kann verlangen gemäß § 357 Abs. 8 BGB, dass der Unternehmer mit Erbringung der Dienstleistung vor Ablauf der Widerrufsfrist beginnt. Hierzu muss der Verbraucher bestätigen, dass ihm bekannt ist, dass er bei vollständiger Vertragserfüllung durch den Unternehmer sein Widerrufsrecht verliert, wenn dieser die Dienstleistung bereits vor Ablauf der Widerrufsfrist vollständig erbracht hat (§ 356 Abs. 4 BGB).

Wichtig für diesen Fall: Ein Muster-Widerufsformular hatten die Beklagten nicht erhalten. Der Makler verlangte eine Maklercourtage von über 15.000 €. Etwas über 3 Monate nach Abschluss des Maklervertrages wieder riefen die Beklagten den Vertrag.

Beginn der Widerrufsfrist nur bei ordnungsgemäßer Belehrung

Der BGH prüft den Sachverhalt sehr genau anhand der gesetzlichen Regelungen. Die Beklagten hatten den Vertrag mehr als 2 Wochen nach Vertragsschluss widerrufen. Dieser Widerruf wäre noch innerhalb der Frist, wenn der Makler nicht ordnungsgemäß über das Widerrufsrecht belehrt hätte. In diesem Fall beträgt die Widerrufsfrist 12 Monate und 14 Tage ab Vertragsschluss.

Bei einem Vertrag außerhalb von Geschäftsräumen ist es gemäß Art. 246a § 4 Abs. 2 S. 1 EGBGB notwendig, dass der Verbraucher schriftlich d. h. auf Papier informiert wird. Nur bei ausdrücklicher Zustimmung des Verbrauchers ist eine Information über das Widerrufsrecht auf einem dauerhaften Datenträger zulässig.

Was gehört zu einer ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung?

Der BGH hat klargestellt, dass zu einer ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung auch das Muster-Widerufsformular gehört. Der Gesetzgeber hat in Anlage 2 zum EGBGB ein Muster-Widerufsformular veröffentlicht. Genau diese fehlende Information über das Muster-Widerufsformular wurde dem Makler zum Verhängnis.

Was es mit der Erklärung, der Makler möge sofort mit der Dienstleistung beginnen?

Gemäß § 356 Abs. 4 S. 1 BGB verliert der Verbraucher das Widerrufsrecht, wenn er ausdrücklich erklärt, dass er Kenntnis vom Verlust seines Widerrufsrechtes bei vollständiger Vertragserfüllung durch den Unternehmer hat. Bei einer fehlerhaften Information über das Widerrufsrecht findet der BGH hier jedoch deutliche Worte:

Das Widerrufsrecht des Verbrauchers ist, trotz seiner Erklärung zur sofortigen Ausführung der Dienstleistung, nicht erloschen, weil das Muster-Widerufsformular fehlte. Für das Erlöschen des Widerrufsrechtes nach § 356 Abs. 4 S. 1 BGB nimmt der BGH als Voraussetzung an, dass dem Verbraucher vorher eine formell ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung erteilt worden sein muss. Eine mögliche andere Kenntnis des Verbrauchers von der Existenz eines Widerrufsrechtes oder eine andere Möglichkeit, sich über die Widerrufsbelehrung zu informieren des Verbrauchers reicht nicht aus. Es vielmehr Aufgabe des Unternehmers, in der vorgeschriebenen Weise korrekt zu belehren. Bei einem Vertrag außerhalb von Geschäftsräumen ist dies die ordnungsgemäße Information über das Widerrufsrecht und das Muster-Widerufsformular in Schriftform.

Rechtsfolge: Der Makler bekommt gar nichts

Die Rechtsfolge einer fehlerhaften Belehrung über das Widerrufsrecht bei einer Dienstleistung, insbesondere bei einem Maklervertrag ist weitreichend:

Bei einer ordnungsgemäßen Belehrung hat der Unternehmer einen Anspruch auf Wertersatz. Gibt es formelle Fehler bei der Information über das Widerrufsrecht, so hat der Unternehmer bzw. der Makler gar keinen Anspruch. Ihm steht nicht einmal ein Anspruch auf Wertersatz gemäß § 357 Abs. 8 BGB für die bis zum Widerruf erbrachte Leistung zu. Der Gesetzgeber hat die Rechtsfolgen einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung bewusst streng geregelt

Fazit für Dienstleister, Handwerker und Makler

Unternehmer, Makler oder auch insbesondere Handwerker sollten extrem sorgfältig darauf 8., dass die Informationen über das Widerrufsrecht zusammen mit dem Muster-Widerufsformular korrekt sind. Ferner müssen Sie die Form einhalten, d. h. bei einem Vertrag außerhalb von Geschäftsräumen müssen Sie schriftlich informieren. Es bietet sich ferner an, die Information des Verbrauchers über das Widerrufsrecht zu dokumentieren.

Fazit für Verbraucher

Gerade eine Maklercourtage kann hoch sein. Es geht häufig um viel Geld. Lassen Sie prüfen, ob der Makler Sie korrekt über das Widerrufsrecht informiert hat. Fehler bei der Information über das Widerrufsrecht können zur Folge haben, dass sie gar nichts zahlen müssen. Die wichtige Frist, sollte es Fehler bei der Information über das Widerrufsrecht geben, sind 12 Monate und 14 Tage ab Vertragsschluss. Innerhalb dieser Frist kann der Verbraucher noch widerrufen, wenn er nicht ordnungsgemäß über das Widerrufsrecht belehrt wurde.

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Stand: 22.12.2020

Es berät Sie: Rechtsanwalt Johannes Richard