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Sittenwidrige Schädigung: Wenn Wettbewerber sinnlose Bestellungen aufgeben, returnieren und schlechte Bewertungen abgeben

Das Oberlandesgericht Hamm (OLG Hamm, Urteil vom 16.04.2024, Az. 4 U 151/22) wirft ein krasses Schlaglicht darauf, wie Wettbewerber zum Teil gegen ihre Konkurrenten vorgehen:

Die Parteien vertreiben Matratzen im Internet. Zwei damalige Angestellte bestellten 2019 über verschiedene Handelsplattformen 11 Matratzen bzw. Matratzenauflagen, returnierten diese und gaben in den Bewertungssystemen der Plattformen schlechte Bewertungen ab.

Zumindest teilweise wurden die bestellen Matratzen an die Adresse des Wettbewerbers geschickt.

Aufgrund des wohl gut dokumentierten Sachverhalts wurde das Unternehmen, für das die Mitarbeiter die Bestellungen aufgegeben und die Bewertungen abgegeben hatten, abgemahnt, insbesondere wegen einer sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigung.

Der abgemahnte Wettbewerber hatte außergerichtlich behauptet, mit den Bestellungen nichts zu tun zu haben. Es wurde dann eine einstweilige Verfügung erlassen, eine Abschlusserklärung wurde nicht abgegeben.

Der Tenor

Mit ordnungsgeldbewehrter Unterlassung geht es darum, dass es dem abgemahnten Wettbewerber untersagt wurde, Bestellungen bei der Klägerin zu tätigen und/oder tätigen zu lassen und im Zusammenhang mit der Bestellung eine negative Bewertung über die Klägerin zu veröffentlichen und/oder veröffentlichen zu lassen und/oder Rücksendeanträge zu stellen.

Des Weiteren ging es um ganz konkrete negative Produktrezensionen.

Sittenwidrige Schädigung

Der Senat sah in dem gesamten Vorgang eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung im Sinne des § 826 BGB:

„Ein rechtlich anerkennenswertes Interesse der Beklagten an dem hier streitgegenständlichen Verhalten ist nicht einmal im Ansatz zu erkennen; es dient offenkundig allein dem Zweck, dass Ansehen der Klägerin in der Öffentlichkeit und bei Plattformbetreibern als ihren Vertragspartnern zu schmälern und die Klägerin systematisch mit der Abwicklung sinnloser Bestellungen und anschließender sinnloser Retouren-Vorgänge zu belasten.“

Beweislast

Die Beklagte hatte den gesamten Vorgang wohl „nur“ bestritten. Das OLG geht hier von einer sogenannten sekundären Darlegungslast aus, d.h. die Beklagte hätte ausführlich vortragen müssen, wenn der Sachverhalt ein anderer gewesen wäre.

In diesem Zusammenhang finden wir es bemerkenswert, dass das verklagte Unternehmen offensichtlich kein Problem darin sah, die Ware sogar an seine Geschäftsadresse senden zu lassen.

Immer wieder erhalten wir Anfragen von Mandanten, die den Eindruck haben, dass Wettbewerber z. B. negative Produktbewertungen auf Plattformen abgeben, die in der Regel nur dann möglich sind, wenn das konkrete Produkt auch dort bestellt wurde. Hier ein Nachweis zu führen, dass ein bestimmtes Unternehmen hinter den negativen Rezensionen steckt, ist in der Praxis schwierig.

Kein Auskunftsanspruch

Die Klägerin hatte ferner noch auf Auskunft geklagt. Diesen Anspruch sah das OLG nicht. Gefordert worden war eine Auskunft über die Bestellungen, negativen Bewertungen und negativen Rezensionen, insbesondere über die Namen, unter welchen die Bestellungen bei der Klägerin ausgelöst wurden, über das Bestelldatum, den Inhalt der Rücksendeanträge sowie die negativen Bewertungen mit dem jeweiligen Datum.

Unter Anderem, weil es offensichtlich keine Verdachtsmomente für weitere Bestellungen gab, lehnte das OLG die Auskunftsansprüche ab.

Was tun bei einer sittenwidrigen Schädigung durch Wettbewerber in der Praxis?

Sinnlose Bestellungen mit Retouren durch Wettbewerber sind uns aus unserer Beratungspraxis nicht bekannt. Immer wieder haben unsere Mandanten jedoch die Vermutung, dass Wettbewerber zielgerichtet Bestellungen aufgeben, bzw. aufgeben lassen, um z.B. auf einer Plattform wie Amazon eine negative Kundenrezension über das Produkt zu veranlassen.

In der Praxis ist es nach unserem Eindruck schwierig, nachzuweisen, dass ein bestimmter Wettbewerber hinter diesen Vorgängen steckt. Das war in dem von OLG entschiedenen Fall anders.

Wir beraten Sie bei einer sittenwidrigen Schädigung durch Ihren Wettbewerber.

Stand: 11.07.2024

Es beraten Sie:Rechtsanwalt Johannes Richard und Rechtsanwalt Andreas Kempcke