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Werbung mit “statt”-Preis: Erläuterung notwendig ?

Kaum eine Werbung ist so wirksam wie die Angabe, dass ein Produkt günstig sei, früher jedoch mehr gekostet habe. Dies erfolgt in der Regel durch einen durchgestrichenen höheren Preis und die nicht durchgestrichene Angabe eines niedrigeren aktuellen Preises, zum Teil erläutert durch das Wort “statt”.

Die interessante Frage ist jedoch, und dies gilt insbesondere auch für den Internethandel, ob der höhere Preis, der ja jetzt durchgestrichen ist und ein “statt”-Preis ist, erläutert werden muss nach dem Motto: “Unser vorheriger Preis hier an dieser Stelle”.

Während das Landgericht Düsseldorf (Urteil vom 22.01.2010, Az.: I-20 U 28/10) noch eine Erläuterung für notwendig erachtet hatte, sieht das Oberlandesgericht Düsseldorf (OLG Düsseldorf, Urteil vom 29.06.2010, Az.: I-20 U 28/10) die Rechtslage etwas anders.

Der Abmahner hatte eine Klarstellung der Preise gefordert und zwar für das Beispiel:

“Statt 49,95 EUR nur 19,95 EUR”.

Das OLG sieht jedenfalls keine Irreführung im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 2 UWG.

“Die Werbung schafft keine Unklarheiten über einen besonderen Preisvorteil oder den Preis selbst oder die Art und Weise, wie er berechnet wird. Es ist nicht ersichtlich, dass der im Streitfall angesprochene Verkehr, nämlich die an Herrenschuhen interessierten Durchschnittsverbraucher, in dem durchgestrichenen Preis etwas anderes sehen können als den vom werbenden Unternehmen früher geforderten Preis. Der erkennende Senat teilt die Auffassung des Oberlandesgerichtes Stuttgart in dem von den Parteien erörterten Urteil vom 08.03.1996, durchgestrichene Preise würden allgemein dahin verstanden, dass es sich um die früher vom Gewerbetreibenden verlangten Preise handele, weil das Durchstreichen eines Preises für sein Ungültigmachen stehe und im Zusammenhang mit der Angabe des nun gültigen niedrigeren Preises für eine Preisherabsetzung. Durchgestrichene und damit ungültig gemachte Eigenpreise sind im Verkehr nicht nur aus der Werbung bekannt, sondern auch von Preisschildern her bestens vertraut. Das Durchstreichen steht Gedanken an Preise anderer Herkunft und Bedeutung geradezu entgegen, denn andere Preise macht der Gewerbetreibende nicht ungültig, sondern bezieht sich vielmehr auf ihre Geltung, damit der von ihm geforderte Preis im Vergleich als günstig erscheint. Der Umstand, dass in der durchgestrichenen Angabe des Streitfalls vor dem  Betrag noch das Wort “statt” erscheint, beeinträchtigt die Klarheit der Aussage nicht. Vielmehr erschöpft sich im gegebenen Zusammenhang die Bedeutung des Wortes in einer Bekräftigung der Aussage, dass es anstelle des durch den Strich für ungültig erklärten Preises einen anderen jetzt geltenden Verkaufspreis gibt.”

Wir interpretieren die Entscheidung so, dass die Werbung mit durchgestrichenen Preisen sogar dann zulässig ist, wenn nicht einmal das Wort “statt” verwendet wird.

Ursprünglich höherer Preis muss natürlich gefordert worden sein.

Es versteht sich fast von selbst, dass eine Werbung mit höheren Preisen unter Bezugnahme auf einen jetzt aktuell niedrigeren Preis unzulässig ist, wenn der höhere Preis niemals ernsthaft gefordert worden ist. Wir gehen ferner davon aus, dass der Preis auch auf der gleichen Plattform, wie bspw. eBay oder Internetshop, gefordert worden sein muss.

Ein ungeklärtes Problem ist die Ernsthaftigkeit des ursprünglich geforderten Preises. Die Rechtsprechung knüpft dies an den Zeitraum, in dem der ursprünglich geforderte Preis tatsächlich einmal verlangt worden ist. Belastbare Rechtsprechung gibt es nach unserem Eindruck nur für den stationären Handel, in dem die Rechtsprechung den höheren Preis bei einem Preisvergleich nur dann als zulässig ansieht, wenn dieser über einen längeren Zeitraum von mehreren Wochen gefordert wurde. Welche Zeiträume im Internet zugrunde zu legen sind, lässt sich nur schwer sagen. Uns ist eine Entscheidung bekannt, dass mit dem durchgestrichenen niedrigeren Preis nicht länger geworben werden darf, als der Zeitraum, in dem der ursprünglich höhere Preis gefordert wurde.

Rechtslage nicht abschließend geklärt

Die nach unserer Auffassung nachvollziehbare Entscheidung des OLG Düsseldorf ist leider nicht allgemeinverbindlich.

Es gibt durchaus Gerichte, die dies anders sehen. Insbesondere sind uns Entscheidungen bekannt, dass die Bewerbung mit durchgestrichenen Preisen bei Amazon ohne weitere Erläuterung wettbewerbswidrig ist. Dies ist umso tücksicher, als dass nach unserem Eindruck Amazon-Händler kaum eine Einflussmöglichkeit auf die entsprechenden Gestaltungen haben. Weitere Informationen finden Sie in unserem Beitrag zur Bewerbung mit durchgestrichenen Preisen bei Amazon.

Ausnahme Postenbörse

Wie immer, kommt es bei derartiger Rechtsprechung, die sich auf Irreführung bezieht, auf den Einzelfall an. Das Oberlandesgericht Hamm (OLG Hamm, Urteil vom 24.01.2013, Az.: 4 U 186/12) hat die Bewerbung mit durchgestrichenen “statt”-Preisen als irreführend angesehen, wenn nicht klargestellt wird, um was für einen Vergleichspreis es sich handelt. Hier ist jedoch zu berücksichtigen, dass es sich um einen Sonderfall handelte, nämlich eine Postenbörse. Postenbörsen zeichnen sich offensichtlich dadurch aus, dass die Preise sehr viel günstiger sind als im normalen Handel. Es dürfte auf der anderen Seite jedoch unwahrscheinlich sein, dass die Postenbörse selbst vorher den höheren Preis gefordert hat. Als problematisch hat das OLG es angesehen, dass nach Ansicht der angesprochenen Verkehrskreise ein Verbraucher den Eindruck bekommen könne, bei den durchgestrichenen Preisen handele es sich um die regulären Einzelhandelspreise oder ggf. den früher geforderten höheren Preis.

Postenbörsen locken in erster Linie Schnäppchenjäger an. Das OLG Hamm nahm in diesem Zusammenhang an, dass die vorherigen Preise ggf. die Preise des Einzelhandels sein könnten. Der Zusatz “statt” (höherer Preis) werde durch die Verbraucher auch nicht als Bezugnahme auf eine unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers aufgefasst.

In diesem Sonderfall wurde die Bewerbung mit “statt”-Preisen ohne weitere Erläuterung jedenfalls als irreführend angesehen.

Ausnahme Streichpreise bei Neueröffnung

Eine Sonderkonstellation ist auch die Bewerbung mit durchgestrichenen Preisen bei einer Neueröffnung. Wenn ein Ladengeschäft oder eine Niederlassung bspw. neu eröffnet gibt es eigentlich keine höheren Preise, die an dieser Stelle früher gefordert werden konnten.

Die entsprechende Bewerbung mit Streichpreisen kann daher wettbewerbswidrig sein (OLG Hamm, Urteil vom 10.01.2013, Az.: 4 U 129/12). Ein Möbelhaus hatte mit Eröffnungspreisen unter Bezugnahme auf durchgestrichene Preise geworben und sogar darauf hingewiesen, dass die durchgestrichenen Preise den ehemaligen Verkaufspreisen in einem anderen Möbelcenter oder im Online-Shop entsprachen.

Dies reichte zur Klarstellung jedoch nicht, so dass das OLG auch hier eine Irreführung ansah. Nach Ansicht des Senates hat eine Preissenkung tatsächlich nicht stattgefunden. Vielmehr ist der durchgestrichene Preis ein vom Werbenden selbst niemals verlangter Preis. Der Umstand, dass die durchgestrichenen Preise von einem anderen Unternehmen verlangt wurde, hilft nach Ansicht des OLG nicht darüber hinweg, dass der Werbende sein eigenen Preis nicht gesenkt hat.

Diese Rechtsprechung lässt sich unproblematisch auf einen neuen Internetshop oder eBayverkauf übertragen.

Vorsicht mit unklaren Bezugnahmen

Ein grundsätzliches Problem bei einem sogenannten Eigenpreisvergleich ist eine unklare Bezugnahme auf den dargestellten höheren Preis. Unzulässig ist eine Bezugnahme auf ein “Ladenpreis” oder auf einen “Normalpreis”. Die Beispiele lassen sich beliebig fortsetzen. In diesen Fällen bleibt unklar, welches Geschäft wo und wann den Ladenpreis gefordert hat oder was ein “Normalpreis” eigentlich sein soll. Beachten Sie auch bitte unsere Informationen zu Preisvergleichen und der Werbung unter Bezugnahme auf eine unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers (UVP).

Grundsätzlich dürfen wir darauf hinweisen, dass gerade im Internet die Werbung mit durchgestrichenen Preisen nicht abschließend geklärt ist. Shop-Betreiber sollten daher durchaus vorsichtig sein.

Stand: 04/2013

Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt Johannes Richard, Rostock

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