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Warnhinweise bei der Werbung für ein Biozidprodukt: Wie Sie feststellen können, ob es ein Biozidprodukt ist

Für sogenannte Biozid-Produkte gilt die „VERORDNUNG (EU) Nr. 528/2012 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 22. Mai 2012 über die Bereitstellung auf dem Markt und die Verwendung von Biozidprodukten.

Art. 72 der Verordnung schreibt einen Warnhinweis in der Werbung für ein Biozid-Produkt vor, nämlich die Formulierung

„Biozidprodukte vorsichtig verwenden. Vor Gebrauch stets Etikett und Produktinformationen lesen.“

Diese Sätze müssen sich von der eigentlichen Werbung deutlich abheben und gut lesbar sein. In der Werbung darf das Wort „Biozidprodukte“ in den vorgeschriebenen Sätzen durch den eindeutigen Verweis auf die beworbene Produktart ersetzt werden.

Soweit somit ein Biozidprodukt im Internet angeboten wird, muss es in der Artikelbeschreibung diesen Warnhinweis geben. Fehlt bei einem Angebot für ein Biozid der Hinweis „Biozidprodukte vorsichtig verwenden. Vor Gebrauch stets Etikett und Produktinformationen lesen.“, kann dies wettbewerbswidrig sein und eine Abmahnung zur Folge haben.

Problem: Ist es ein Biozid oder nicht?

Ob ein bestimmtes Produkt ein Biozid-Produkt ist, für das der Warnhinweis notwendig ist, ist auf ersten Blick oft nicht leicht zu erkennen. Der Warnhinweis selber ist nur in der Werbung vorgeschrieben. Auf dem Produkt ist er nicht zu finden.

Desinfektionsmittel sind in diesen Zeiten ein begehrtes Gut. Desinfektionsmittel, wie jedoch auch antibakterielle Produkte können Biozid-Produkte sein.

Die offizielle Definition aus der Verordnung lautet wie folgt:

Biozidprodukt

— jeglichen Stoff oder jegliches Gemisch in der Form, in der er/es zum Verwender gelangt, und der/das aus einem oder mehreren Wirkstoffen besteht, diese enthält oder erzeugt, der/das dazu bestimmt ist, auf andere Art als durch bloße physikalische oder mechanische Einwirkung Schadorganismen zu zerstören, abzuschrecken, unschädlich zu machen, ihre Wirkung zu verhindern oder sie in anderer Weise zu bekämpfen.”

Dies hilft jedoch in der Praxis häufig nicht weiter, da oftmals nicht klar ist, wie weitreichend und weitgehend diese Definition eigentlich ist.

Wie Sie feststellen können, ob ein Biozidprodukt vorliegt

Gemäß Art. 69 Abs. 2 der Biozid-Verordnung gibt es Pflichtinformationen, die auf dem Etikett enthalten sein müssen. Dazu gehört die Bezeichnung jedes Wirkstoffs und seiner Konzentration. Sehr viel wichtiger ist jedoch, dass auf dem Etikett des Biozidproduktes die Zulassungsnummer angegeben werden muss. Diese Nummer setzt sich aus dem Buchstaben N und einer Zahlenfolge zusammen.  

Baua BiozidprodukteBiozidprodukte müssen vor dem erstmaligen Inverkehrbringen bei der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (baua) gemeldet werden. Auf der Internetseite der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin können in einer Datenbank die gemeldeten Biozid-Produkte recherchiert werden. Da der Handelsname des Biozid-Produktes ebenfalls abgefragt werden kann, kann durch diese Datenbank einfach festgestellt werden, ob ein bestimmtes Produkt ein Biozid-Produkt ist.

Es gibt jedoch auch Produkte, die zwar ein Biozidprodukte sind. Der Hersteller hat das Produkt jedoch nicht bei der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin gemeldet. In diesem Fall hat der Händler als Verkäufer kaum eine Chance. 2015 hatten wir in unserer Beratungspraxis einmal den Fall, dass ein Bernsteinhalsband für Tiere gegen Zecken helfen sollte. Nach Ansicht eines Abmahners handelte es sich dabei um ein Biozidprodukt. Sieht man sich die Definition an, ist dies sogar nicht ganz abwegig. Zu einer gerichtlichen Klärung kam es damals nicht.

Nach einer Entscheidung des OLG Frankfurt, kann auch ein Lebensmittel ein Biozid-Produkt sein, wenn es auf dem Etikett vorrangig so beworben wird.

Alternative: Ein Arzneimittel ist kein Biozidprodukt

Denkbar ist auch, dass ein Biozid-Produkt im technischen Sinne rechtlich ein Arzneimittel ist. Dies kann z.B. bei Desinfektionsmitteln der Fall sein. In diesem Fall ist ein Warnhinweis nicht notwendig, es kann jedoch andere rechtliche Verpflichtungen geben.

Vorsicht bei einer Abmahnung wegen eines fehlenden Hinweises bei der Werbung für Biozidprodukte

Eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung, in der gerügt wird, dass bei dem Angebot eines Biozid-Produktes der Warnhinweis fehlt, ist sehr problematisch. Häufig bezieht sich die geforderte Unterlassungserklärung nicht auf ein ganz bestimmtes Produkt, sondern ganz grundsätzlich auf eine Produktgruppe. Eine solche Unterlassungserklärung einzuhalten kann, wie oben erläutert, problematisch sein.

Wir beraten Sie.

Stand: 08.09.2020

Es beraten Sie: Rechtsanwalt Johannes Richard und Rechtsanwalt Andreas Kempcke