verwechslungsgefahr-im-markenrecht

Da kann man genau so gut die Münze werfen: Die Verwechslungsgefahr zwischen Wortmarken

Die Anmeldung von zwei ähnlichen Wortmarken kann ein Problem darstellen, wenn eine Verwechslungsgefahr besteht.

Wann dies im Einzelfall der Fall ist, lässt sich nie so genau vorhersagen, sondern liegt immer im Auge der urteilenden Richter.

Aus diesem Grund gibt es eine Vielzahl von Urteilen aus der Abteilung Marke “AAA” hat (k)eine Verwechslungsgefahr mit Marke “AAB”.

Die Begründung liest sich oftmals wie ein Besinnungsaufsatz eines Deutschleistungskurses zum Thema Semantik. Die Ergebnisse sind nicht immer nachvollziehbar.

Was denken Sie: Verwechslungsgefahr zwischen der Marke SKYPE und SKY?

Auf erstem Blick bzw. auf erste Aussprache könnte man annehmen, dass zwischen der Marke SKY und der Marke SKYPE eigentlich keine Verwechslungsgefahr besteht. Hinzukommt, dass der Begriff SKYPE für Videotelefonie eigentlich in den entsprechenden Kreisen bekannt ist, während es sich bei SKY um einen Fernsehsender handelt. Unglücklicherweise hatten sowohl SKY wie auch SKYPE eine Gemeinschaftsmarke in den gleichen Waren- und Dienstleistungsklassen angemeldet, nämlich Ausstattung von Audio- und Videogeräten, Telefonie und Fotografie sowie IT-Dienstleistungen im Zusammenhang mit Software der Einrichtung von Webseiten oder Webhosting.

Nach Ansicht von SKY besteht eine Verwechslungsgefahr zu der Marke SKYPE.

Semantik für Fortgeschrittene

Das Gericht der Europäischen Union (Urteil vom 05.05.2015, Az: T-423/12, T-183/13, T-184/13) hat tatsächlich angenommen, dass zwischen den Marken SKY und SKYPE eine Verwechslungsgefahr besteht.

Sprich es aus

Zunächst einmal besteht nach Ansicht des Gerichtes eine klangliche Ähnlichkeit. “Der Vokal “y” im Wort “SKYPE” wird nicht kürzer ausgesprochen als im Wort “SKY”.

Was ist erkennbar?

“Darüber hinaus bleibt das Wort “SKY” das zum Grundwortschaft der englischen Sprache gehört, im Wort “SKYPE” trotz dessen Zusammenschreibung klar erkennbar. Schließlich sind die relevanten Verkehrskreise ohne Weiteres in der Lage, den Bestandteil “SKY” im Wort “SKYPE” zu erkennen, auch wenn der verbleibende Bestandteil “PE” keine eigenständige Bedeutung hat.”

Letztlich wird eine Wortmarke Buchstabe für Buchstabe auseinander gepflückt, bis nichts mehr übrig bleibt. Personen mit dem Nachname “Kowalsky” müssten sich somit durchaus Sorgen machen.

Das Bild kann den Unterschied machen

Offensichtlich ging es auch um angemeldete Bildzeichen.

“Der Umstand, dass der Wortbestandteil “SKYPE” im angemeldeten Bildzeichen von einer Umrandung in Wolken- oder Sprechblasenform umgeben ist, stellt den mittleren Grad bildlicher, kleinlicher und begrifflicher Ähnlichkeit nicht in Frage. In bildlicher Hinsicht beschränkt sich der Bildbestandteil auf die Hervorhebung des Wortbestandteils und wird daher nur als bloße Umrandung wahrgenommen.”

Wie klingt das Bild?

Die Überschrift klingt auf erstem Blick abwegig, auf zweitem Blick geht es darum, dass ein Bild – ausgesprochen – durchaus Bezug haben kann zur Marke.

Fahren wir somit fort:

“In klangliche Hinsicht ist der Bildbestandteil in Form eine Umrandung nicht geeignet, einen klanglichen Eindruck zu erzeugen; dieser bleibt ausschließlich dem Wortbestandteil vorbehalten. Begrifflich lässt der Bildbestandteil allenfalls an eine Wolke denken, was geeignet wäre, die Wahrscheinlichkeit, dass im Wortbestandteil “SKYPE” das Element “SKY” erkannt wird, noch zu erhöhen, da sich Wolken “im Himmel” befinden und daher leicht mit dem Wort “SKY” in Verbindung gebracht werden können.”

Wenn somit bildlich etwas beschrieben wird, was auch eine Wortmarke darstellen kann, kann es somit Probleme geben. Denken könnte man hier bspw. an Äpfel aller Art unter Bezugnahme auf die Marke Apple, wobei dies kein besonders gutes Beispiel ist, da Apple auch über den Apfel als Bildmarke verfügt.

Wenn die bekannte Marke zum Gattungsbegriff wird.

“SKYPEN” ist fast schon zu einem Synonym für eine Videokonferenz geworden, wobei wir davon ausgehen, dass in diesem Fall tatsächlich auch SKYPE verwendet wird. Ist eine Begrifflichkeit so bekannt, dass sie allgemeine Bedeutung erlangt hat, fällt auch dies dem Markenanmelder auf die Füße:

“In Bezug auf das Argument, die Unterscheidungskraft des Zeichens “SKYPE” sei aufgrund ihrer Bekanntheit in der Öffentlichkeit erhöht, stellt das Gericht fest, dass es sich bei dem Wort “SKYPE”, selbst wenn es für die Erfassung der von der Gesellschaft SKYPE angebotenen Telekommunikationsdienstleistungen eine eigenständige Bedeutung erlangt haben sollte, um einen allgemeinen und folglich beschreibenden Begriff für diese Art von Dienstleistung handelt.”

Geh skypen, sozusagen.

Überzeugt?

Wir jedenfalls nicht. Die grundsätzlichen Mittel, eine Marke hinsichtlich ihrer Verwechslungsgefahr juristisch zu sezieren hat das Gericht zwar angewendet, überzeugend ist dies jedoch nicht. SKY ist SKY und SKYPE ist SKYPE.

Was wir eigentlich sagen wollen:

Diese Entscheidung des Gerichtes der Europäischen Union zeigt, dass man schlichtweg nicht vorhersehen kann, ob ein Gericht eine Verwechslungsgefahr bei einer Marke annimmt oder nicht. Man hätte den oben dargestellten Fall mit guten Argumenten durchaus auch anders beurteilen können. Dies ist letztlich in der deutschen Rechtsprechung auch nicht anders.

Letztlich muss sich jeder Markenanmelder in diesen Fällen die Mühe machen, die Angelegenheit durch die Instanzen zu klären. In jeder Instanz wird dann die Münze neu geworfen – Ausgang unklar. Aufgeben sollte man keinesfalls.

Wir beraten Sie.

Stand: 06.05.2015

Ihre Ansprechpartner: Rechtsanwalt Johannes Richard und Rechtsanwalt Andreas Kempcke, Rostock

https://ssl-vg03.met.vgwort.de/na/c7699d30a40e4e4c9311b48649032592