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Das kann teuer werden: Unterlassungserklärung abgeben, jedoch Angebote nicht abändern

Viele wettbewerbsrechtliche Abmahnungen im Internethandel beziehen sich auf fehlende oder falsche Informationen im Angebot. So wird z.B. häufig abgemahnt, dass ein Impressum fehlt, eine Widerrufsbelehrung, ein Link auf die OS-Plattform oder Informationen zur Vertragstextspeicherung etc.

In einer Abmahnung wird immer eine strafbewehrte Unterlassungserklärung gefordert. Auf der einen Seite soll der Abgemahnte sich verpflichten, zukünftig etwas zu unterlassen. Auf der anderen Seite ist eine Unterlassungserklärung nur dann wirksam, wenn er für den Fall der Zuwiderhandlung gegenüber dem Abmahner einräumt, in diesem Fall eine Vertragsstrafe zu zahlen.

Wenn somit eine Unterlassungserklärung abgegeben wird, muss unbedingt gewährleistet sein, dass diese auch eingehalten wird. Im Zweifel muss der Händler seine Angebote beenden. Die Unterlassungserklärung tritt im Übrigen in der Regel zu dem Augenblick in Kraft, zu der die Unterlassungserklärung an die Gegenseite übersandt wird bzw. dort eingeht.

Sich nicht kümmern kann teuer werden

Das Landgericht Dortmund (LG Dortmund, Urteil vom 19.08.2020 Az. 10 O 19/19) hatte sich mit der Klage eines Abmahners auf Vertragsstrafe zu befassen.

Der Abgemahnte, es ging um Rasierklingen, hatte in 6 Punkten eine Unterlassungserklärung abgegeben. Bei neuen Angeboten nach Abgabe der Unterlassungserklärung hatte er gegen sämtliche 6, in der Unterlassungserklärung genannten Punkte verstoßen.

Der Abmahner hatte eine Vertragsstrafe von 8000 € gefordert, das Gericht hatte ihm 6000 € zuerkannt es war eine Vertragsstrafe nach dem sogenannten Hamburger Brauch vereinbart worden. Dies bedeutet, dass keine feste Vertragsstrafe eingeräumt wird, sondern eine angemessene, über die im Zweifel ein Gericht entscheidet.

6000 €, weil Verstoß gegen 6 Punkte in der Unterlassungserklärung

Zur Höhe der Vertragsstrafe führt das Gericht aus:

„Dies zugrundegelegt erscheint eine Vertragsstrafe i.H.v. 6.000,00 € angemessen und ausreichend. Zu Lasten des Beklagten war insbesondere zu berücksichtigen dass er gegen sämtliche 6 Punkte der Unterlassungserklärung verstieß und er dieses auch bewusst in Kauf nahm, weil er um die Notwendigkeit der rechtlichen Informationen wusste und er nicht ernsthaft annehmen konnte, seine erheblichen Verkäufe über den Account „A02“ seien – bei objektiver Betrachtung – nicht gewerblich. Demgegenüber musste zu Gunsten des Beklagten wirken, dass seine jährlichen Umsätze eher in einem niedrigen Bereich liegen. Der Kläger hat nicht bewiesen, dass diese höher als 11.519,90 € waren. Die Beweislast trifft aber insofern den Gläubiger der Vertragsstrafe.

Nach allem kann die wirtschaftliche Bedeutung der Konkurrenzsituation nicht allzu hoch eingeschätzt werden. Jedoch macht das Verhalten des Beklagten deutlich, dass die Vertragsstrafe eine erhebliche Höhe haben muss, um als Druckmittel dienen zu können.“

6000 € sind im Rahmen einer Unterlassungserklärung mit Hamburger Brauch relativ viel. Das Gericht hat jedoch berücksichtigt, dass der Verstoß quasi vorsätzlich erfolgte und zudem in 6 Punkten gegen die Unterlassungserklärung verstoßen wurde. Der abgemahnte hatte sich offensichtlich um nichts gekümmert.

Rechtsmissbrauch war kein Argument

Soweit die Abmahnung, aufgrund derer die Unterlassungserklärung abgegeben wurde rechtsmissbräuchlich ist, entfällt der Anspruch des Abmahners auf Zahlung einer Vertragsstrafe. In diesen Fällen Rechtsmissbrauch nachzuweisen, es kommt nach unserer Auffassung auf den Zeitpunkt der Abmahnung an, ist jedoch nicht einfach.

Das Landgericht hat sich ausführlich mit den Behauptungen des Abgemahnten zum Rechtsmissbrauch befasst, kommt jedoch zu dem Ergebnis, dass kein Rechtsmissbrauch vorliegt:

„Danach kann vorliegend ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Klägers nicht festgestellt werden. Die von dem Kläger dargelegte Abmahntätigkeit von jährlich 10-12 Abmahnungen lässt sich mit den unstreitigen wirtschaftlichen Verhältnissen des Klägers in Einklang bringen. Eine umfangreichere Abmahntätigkeit hat der im Rahmen des § 242 beweisbelastete Beklagte nicht bewiesen. Jährliche Umsätze mit den Onlineshops i.H.v. 550.000,00 € bei Gewinnen im Bereich von 20-50.000,00 € netto p. a. bedingen ein Missverhältnis zu der Abmahntätigkeit von jährlich 10-12 Abmahnungen nicht. Umsätze in 6-stelliger und Gewinne in deutlich 5-stelliger Höhe reichen für die Feststellung, dass sich die Abmahntätigkeit des Klägers verselbstständigte, nicht aus. Etwas anderes folgt auch nicht aus dem von dem Kläger jeweils eingegangenen Kostenrisiko. Die Kostenrisiken können nicht einfach, wie der Beklagte meint, aufaddiert werden… Auch im Übrigen liegen keine überzeugenden Anhaltspunkte für eine Verselbstständigung der Abmahntätigkeit vor. Dem Kläger ist nicht vorzuwerfen überhöhte Streitwerte oder Vertragsstrafen zu generieren. Die hier den Abmahnungen zu Grunde gelegten Streitwerte sind nicht zu beanstanden…“

Unterlassungserklärung- ja oder nein?

In unserer Beratungspraxis spielt es bei der Frage, ob wir Mandanten empfehlen, überhaupt eine Unterlassungserklärung abzugeben, eine wichtige Rolle, ob diese eingehalten werden kann. Rechtliche Informationen, wie beispielsweise ein Impressum oder eine Widerrufsbelehrung können einfach nachgetragen werden. Es gibt jedoch komplexere Informationspflichten, z.B. Grundpreise oder Textilkennzeichnung, bei denen das Risiko einer Vertragsstrafe außerordentlich hoch ist.

In diesen Fällen kann es durchaus eine Alternative sein, ganz bewusst keine Unterlassungserklärung abzugeben. Eine derartige Entscheidung kann- langfristig gesehen- viel Geld sparen.

Wir beraten Sie bei einer Abmahnung oder einer Vertragsstrafe.

Stand: 26.08.2020

Es beraten Sie: Rechtsanwalt Johannes Richard und Rechtsanwalt Andreas Kempcke