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Wenn es zu spät ist: Die Verjährung von nur 6 Monaten bei wettbewerbsrechtlichen Ansprüchen

Das Wettbewerbsrecht ist im UWG geregelt. Geltend gemacht werden Unterlassungsansprüche und in der Regel Abmahnkosten.

Für diese Ansprüche gilt eine besonders kurze Verjährung gem. § 11 Abs. 1 UWG. Unterlassungsansprüche, die Geltendmachung von Abmahnkosten und der größte Teil von Schadenersatzansprüchen verjähren innerhalb von sechs Monaten. Diese Frist ist im Vergleich zu anderen Verjährungsfristen extrem kurz.

Die Verjährungsfrist beginnt, vereinfacht gesagt, dann, wenn der Abmahner Kenntnis von dem Wettbewerbsverstoß erhalten hat (siehe hier: Wann es im Wettbewerbsrecht wirklich dringend ist: Kenntnis und kennen müssen von einem Wettbewerbsverstoß). Kenntnis kann auch vorliegen, wenn der Rechtsanwalt des Abmahners Kenntnis von dem Wettbewerbsverstoß hat. Zum Problem kann es für den Abmahner insbesondere dann werden, wenn z. B. durch eine Kontaktaufnahme an den Abgemahnten außerhalb einer Abmahnung deutlich wurde, dass bereits Kenntnis von einem Wettbewerbsverstoß besteht. Auch wenn es ein freundlicher Zug ist, einen Wettbewerber z. B. zunächst per E-Mail aufzufordern, einen Wettbewerbsverstoß zu beseitigen, besteht hier jedoch immer der Nachteil, dass ab diesem Zeitpunkt die Kenntnis des Abmahners dokumentiert ist.

Wann spielt Verjährung im Wettbewerbsrecht in der Praxis eine Rolle?

Häufig werden Unterlassungsansprüche, wenn keine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben wurde, im Wege einer einstweiligen Verfügung geltend gemacht. Die einstweilige Verfügung verlängert die Verjährungsfrist und die Unterlassungsansprüche, nicht jedoch z. B. die Ansprüche auf Erstattung von Abmahnkosten oder Schadenersatz. Wenn z. B. Unterlassungsansprüche im Wege einer einstweiligen Verfügung geltend gemacht wurden, gegen die Widerspruch eingelegt wurde und über die dann im Weiteren noch ein Oberlandesgericht zu entscheiden hat, können sechs Monate ab Kenntnis des Wettbewerbsverstoßes schnell vergangen sein.

Verjährung ist eine Einrede

Die Verjährung ist eine sogenannte Einrede. Was dies bedeutet, ergibt sich eigentlich schon aus dem Begriff „Einrede“: Man muss den Einwand der Verjährung aussprechen, d. h. geltend machen, anderenfalls wird er von einem Gericht nicht berücksichtigt. Ein Gericht wird in der Regel nicht von sich aus darauf hinweisen, dass ein Anspruch möglicherweise verjährt wäre, dies könnte ein Grund für einen Befangenheitsantrag sein. In der Praxis passiert dies auch nicht. Solange somit der Beklagte nicht Einrede der Verjährung erhebt, wird das Gericht diese auch nicht berücksichtigen können.

Sonderfall: Am Ende der Frist eingereichte Klage, die erst später zugestellt wird

Hin und wieder mal werden Unterlassungsansprüche, Zahlungsansprüche auf Abmahnkosten oder Schadenersatzansprüche erst ganz am Ende der Frist geltend gemacht. Die Zustellung der Klage erfolgt dann, wenn z. B. die Klage am letzten Tag vor Fristablauf eingereicht wurde, erst später. Hier gilt es, genau hinzuschauen:

§ 167 ZPO „Rückwirkung der Zustellung“ regelt Folgendes:

„Soll durch die Zustellung eine Frist gewahrt werden oder die Verjährung neu beginnen oder nach § 204 des Bürgerlichen Gesetzbuches gehemmt werden, tritt die Wirkung bereits mit Eingang des Antrages oder der Erklärung ein, wenn die Zustellung demnächst erfolgt.“

Wenn somit zeitnah nach dem Fristablauf die vor Fristablauf eingereichte Klage zugestellt wurde, ist die Verjährung unterbrochen und alles ist gut.

Spannend wird es jedoch in den Fällen, in denen zwar eine Klage fristgerecht eingereicht wurde, jedoch erst Monate später zugestellt wird. Hier gilt es, genau hinzuschauen.

Wird eine Klage eingereicht, fordert das Gericht einen Gerichtskostenvorschuss an. Hier wahrt der Abmahner nur dann die Frist, wenn er nach Anforderung des Gerichtskostenvorschusses diesen innerhalb von 14 Arbeitstagen zahlt. Zudem besteht ganz grundsätzlich die Verpflichtung, nachzufragen, wenn ein Gerichtskostenvorschuss nicht angefordert wird oder seit Zahlung des Gerichtskostenvorschusses der Abmahner keine Information erhält, dass die Klage zeitnah zugestellt wurde. Fehler in der Klageschrift, wie z. B. die Angabe eines falschen Vornamens oder einer falschen Anschrift, gehen in der Regel zu Lasten des Klägers.

Mit Zustellung der Klage ist die Frage, ob tatsächlich eine Verjährung vorliegt, die der Kläger zu vertreten hat, häufig nicht klar zu beantworten.

Da die Einrede der Verjährung jedoch ein sehr grundsätzliches Argument ist, was zur Folge hat, dass wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche, Zahlungsansprüche und Schadenersatzansprüche nicht mehr durchgesetzt werden können, macht es auf jeden Fall Sinn, in derartigen Fällen genauer hinzuschauen. Dies gilt umso mehr, als dass wir in unserer Kanzlei aktuell mehrere Fälle haben, bei denen eine eigentlich fristgerecht eingereichte Klage erst Monate später zugestellt wurde.

Wenn Sie eine Klage nach Wettbewerbsrecht auf Unterlassung, Zahlung von Abmahnkosten oder Schadenersatz erhalten haben, prüfe ich selbstverständlich, ob hier ggf. die Einrede der Verjährung geltend gemacht werden kann.

Stand: 13.12.2022

Es beraten Sie: Rechtsanwalt Johannes Richard und Rechtsanwalt Andreas Kempcke