Spamming Urteil 6

Spamming

Leitsatz:

  1. Die Zusendung unverlangter Werbe-e-Mails unter Gewerbetreibenden ist nicht sittenwidrig, sondern sozial üblich und notwendig, um den Wirtschaftskreislauf in Schwung zu halten.
  2. Schadenersatzansprüche unter dem Gesichtspunkt des Eingriffes in das geschützte Rechtsgut des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebes kommen nicht in Betracht.

Amtsgericht Dachau, Urteil v. 10.07.2001, Az. 3 C 167/01, CuR 2002, 455ff.

Beide Parteien sind Unternehmen in der IT-Branche. Der Beklagte sandte an die Klägerin eine Werbe-e-Mail mit Anhängen. Das Amtsgericht hat einen Schadenersatzanspruch aus § 823 II BGB i.V.m. § 1 UWG abgewiesen und eine Sittenwidrigkeit des Versendens von e-Mails  abgelehnt. Wörtlich heißt es in dem Urteil: “Der Klägerin ist zuzugeben, dass die momentane technische Situation unbefriedigend ist und bei der Massenversendung von e-Mails ein Zusammenbruch dieses Kommunikationsmittels drohen könnte. Auszugehen ist aber vom konkreten Fall. Hier wurde die Klägerin in ihrer geschäftlichen Sphäre, also nicht in einer besonders geschützten Privatsphäre kontaktiert. Im Geschäftsverkehr ist die werbende Kontaktaufnahme sozial üblich und notwendig, um den Wirtschaftskreislauf in Schwung zu halten. Dies gilt zu mindestens bei Angeboten, wie dem der Beklagten, bei denen durchaus ein Interesse der Klägerin an der angebotenen Dienstleistung denkbar ist.” Im Geschäftsverkehr sei von größeren Freiheiten des Werbetreibenden auszugehen.

Eine Schadenersatzpflicht bestehe nicht. Die kurzfristige Inanspruchnahme von Speicherkapazität und die maximal 30-minütige Blockade eines Computers fallen bei einem Unternehmen dieser Branche nicht ins Gewicht, da die Ausstattung der Klägerin mit solchen Geräten für umfangreiche Online-Abfragen gerüstet sein muss.

Gleichwohl kann das Urteil nur als Fehlurteil bezeichnet werden und drückt sowohl technische wie auch wettbewerbsrechtliche Unkenntnis aus. Insbesondere Gewerbetreibende genießen einen höheren Schutz vor werbender e-Mail als Privatleute. Nicht nachvollziehbar ist ferner, weshalb eine 30-minütige Blockade eines Computersystems auf Grund der Werbe-e-Mail hinnehmbar sein sollte. Dies hätte zur Folge, dass bei einer Freigabe von Werbe-e-Mails entsprechend den Ansichten des Amtsgerichtes bei 16 entsprechenden e-Mails der Arbeitstag für den entsprechenden Mitarbeiter komplett erledigt wäre. Vielmehr ist eine Belästigung unstreitig gegeben.

Dieses Urteil sollte daher für Werbetreibende im Internet nicht zum Anlass genommen werden, auf eine Zulässigkeit von e-Mails Ohne Zustimmung des Empfängers zu vertrauen.

Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt Johannes Richard

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