EDV-Recht Urteil 3
EDV-Recht
Leitsatz:
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Ein EDV Fachunternehmen, dass die vertragliche Verpflichtung übernommen hat, Datenträger vor der Vervielfältigung auf Virusbefall zu überprüfen, haftet für einen Schaden, der eintritt, wenn bei der Virusprüfung auf Grund der Verwendung nicht aktueller Prüfprogramme ein Virus übersehen worden ist.
- Schäden durch Viren stellten in diesem Fall einen Mangelfolgeschaden dar.
- Eine Überprüfungspflicht des Auftraggebers, ob die vervielfältigten Datenträger virenfrei sind, besteht dann nicht, wenn das EDV-Unternehmen selbst entgeltlich die Aufgabe übernommen hat, den Datenträger virenfrei herzustellen.
LG Hamburg, Urteil v. 18.07.2001, Az. 401 O 63/00, CuR 2001, 667 f. (rechtskräftig).
Die Klägerin hatte eine EDV-Firma mit der Vervielfältigung eines Datenträgers beauftragt. Die EDV-Firma sollte Disketten mit Brieftextvorlagen vervielfältigen und an entsprechende Kunden der Klägerin versenden. Das Vertragsangebot umfasste die Überprüfung der Masterdiskette auf Viren mit aktueller Antivirussoftware.
Die Disketten enthielten ein Word-Makro-Virus. Die Klägerin war daher gezwungen, ein Antivirusprogramm einschließlich verständlicher Gebrauchsanleitung zu entwickeln; sie führte ferner eine Telefon-Rückrufaktion an die Empfänger der Disketten durch.
Das Landgericht hatte angenommen, dass die EDV-Firma aus den Grundsätzen der positiven Vertragsverletzung schadenersatzpflichtig ist, da sie es übernommen hatte, die Masterdiskette mit aktueller Antivirensoftware zu überprüfen. Im Rahmen eines Sachverständigengutachtens im Verfahren war festgestellt worden, dass zum Zeitpunkt der Übergabe der Masterdiskette der Word-Makro-Virus von aktuellen Virenprogrammen problemlos zu erkennen war; insbesondere waren kostenlose Antivirenprogramme im Umlauf, die hierzu in der Lage waren.
Unerheblich war für das Gericht, dass der Makro-Virus vergleichsweise harmlos war und zu keiner erheblichen Zerstörung an Dateien führte. Nach Ausführung des Landgerichtes führt jeder Virus bei den Betroffenen zu Irritationen und Ärger, bei Werbemaßnahmen ist das Vorhandensein eines solchen Viruses ausgesprochen kontraproduktiv und daher unbedingt zu vermeiden. Dies gelte daher auch bei relativ harmlosen Viren.
Ein Ausschluss von Schadenersatzforderungen durch die allgemeinen Geschäftsbedingungen des EDV-Unternehmens sah das Gericht als nicht gegeben an, da dieses die Kardinalspflichten verletzt habe.
Auch eine Verletzung der Rügepflicht durch die Klägerin gem. §§ 377, 387, 381 HGB sei nicht gegeben, da es das EDV-Unternehmen übernommen habe, die Masterdiskette auf Virenfreiheit zu überprüfen. Da es sich um einen Mangelfolgeschaden handelte, verjähren die Ansprüche gem. § 195 BGB in 30 Jahren.
Der Klägerin war daher Schadenersatz für die umfangreiche Telefonrückrufaktion sowie die Entwicklung eines speziellen Antivirusprogrammes zugesprochen worden.
Das Urteil verdeutlicht, dass gerade Unternehmen, die Datenträger vervielfältigen, zu umfangreichen Prüfungspflichten hinsichtlich eines Virenbefalles verpflichtet sind. Schadenersatzansprüche können in diesem Zusammenhang regelmäßig durch allgemeine Geschäftsbedingungen nicht ausgeschlossen werden. Es ist daher für EDV-Unternehmen, die Datenträger vervielfältigen, anzuraten, dass diese nicht nur umfangreiche Virenprüfungen mit aktueller Software vornehmen, sondern diese auch nachweisbar dokumentieren.
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