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Erstes Urteil in Deutschland: Unternehmen haftet für falsche durch KI erstellte Informationen

Künstliche Intelligenz (KI) wird immer häufiger zur Generierung von Inhalten genutzt. Dies können Internetseiten sein, wie aber auch Kundenkommunikation.

Nach einer Entscheidung des Landgerichtes Kiel (LG Kiel, Urteil vom 29.02.2024, Az.: 6 O 151/23) haftet ein Unternehmen, welches durch KI erstellte Falschinformationen verbreitet, für den Inhalt.

Der Fall

Das beklagte Unternehmen betreibt eine Internetseite, auf der Wirtschaftsinformationen über deutsche Firmen abrufbar sind.

Es werden in einem vollautomatisierten Prozess Pflichtveröffentlichungen aus dem Bundesanzeiger, Handelsregister und Insolvenzregister verwendet. Die Informationen werden durch eine Software erstellt.

Über die Klägerin hatte die Beklagte die falsche Information veröffentlicht, dass eine Löschung der Gesellschaft wegen Vermögenslosigkeit beabsichtigt sei.

Die Klägerin hatte die Beklagte auf Unterlassung sowie auf Zahlung von Abmahnkosten in Anspruch genommen.

Das Urteil

Die Beklagte hatte auf Ihrer Internetseite darüber informiert, dass für die Erstellung der Informationen künstliche Intelligenz verwendet wird. Dafür haftet sie:

“Die Beklagte ist unmittelbare Störerin im Sinne von § 1004 Abs. 1 BGB. Als Störer ist, unabhängig von einem Verschulden, jeder anzusehen, der die Störung adäquat kausal herbeigeführt hat oder dessen Verhalten eine Beeinträchtigung befürchten lässt. Auch der mittelbare Störer ist von der Norm umfasst, der in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal an der Herbeiführung der rechtswidrigen Beeinträchtigung mitgewirkt hat.

Die Beklagte ist jedoch als unmittelbare Störerin anzusehen, weil sie sich willentlich zur Beantwortung von Suchanfragen einer eigenen Software bedient, die Informationen aus den veröffentlichten Pflichtmitteilungen extrahiert und aufbereitet veröffentlicht. Die Beklagte kann sich nicht darauf zurückziehen, sie sei an diesem automatischen Vorgang nicht beteiligt gewesen, weil sie sich bewusst zur Beantwortung von Suchanfragen ihrer Nutzer einer künstlichen Intelligenz bedient hat, die in Fällen wie diesem unzulänglich programmiert war, weil sie nicht erkannt hat, dass vorliegend die XXX, Amtsgericht XXX HRB XXX, gemeint war und ein Zuordnungsfehler vorlag. Zum anderen haftet der Betreiber eines Portals auch dann als unmittelbarer Störer für die von einem Dritten eingestellten Inhalte, wenn er sich diese aus Sicht eines verständigen Durchschnittsnutzers auf der Grundlage einer Gesamtbetrachtung aller relevanten Umstände zu eigen gemacht und dafür nach außen erkennbar die inhaltliche Verantwortung übernommen hat. Dies schafft die Beklagte dadurch, dass sie die Pflichtveröffentlichungen zu einem Unternehmen bei sich auf der Seite bündelt und die Informationen teilweise untereinander verknüpft.”

Das Landgericht sah ferner eine Wiederholungsgefahr und damit auch Unterlassungsansprüche als gegeben an, insbesondere deshalb, weil die Beklagte vorgetragen hatte, dass die verwendeten Informationen unzuverlässig seien, so dass es „zu falschen Anzeigen kommen könne“.

Auswirkungen auf die Praxis:

Das Urteil an sich ist keine Überraschung. Ob eine Information durch Software, KI oder einen Menschen erstellt wurde, ist für die daraus resultierenden Haftungsfragen eigentlich unerheblich.

In Planung ist auf EU-Ebene eine Richtlinie über die KI-Haftung (Vorschlag für eine RICHTLINIE DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES zur Anpassung der Vorschriften über außervertragliche zivilrechtliche Haftung an künstliche Intelligenz (Richtlinie über KI-Haftung))

In der Vergangenheit hatte ein kanadisches Gericht entschieden, dass ein Unternehmen für eine falsche Information über Flugrabatte, die KI erstellt waren, haften muss.

Insbesondere im Rahmen einer elektronischen Kundenkommunikation (Chat oder E-Mail) kann es ggf. zu weitreichenden Aussagen eines Unternehmens gegenüber einem Kunden kommen, an denen sich das Unternehmen dann festhalten lassen muss.

Stand: 12.11.2024

Es beraten Sie: Rechtsanwalt Johannes Richard und Rechtsanwalt Andreas Kempcke