strafrecht6

                             LANDGERICHT DÜSSELDORF

                                    IM NAMEN DES VOLKES

                                            URTEIL

 

 

XXXI 34/02

70 Js 6582/01

Strafsache

gegen:

           geboren am:

           wohnhaft:

wegen: Verbreitung pornographischer Schriften.

Auf die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts

-Strafrichters- in Neuss vom 19.08.2002 hat die XXXI. kleine Strafkammer

des Landgerichts Düsseldorf aufgrund der Hauptverhandlung vom 31. Januar

2003, an der teilgenommen haben:

                    Richter am Landgericht

                    als Vorsitzender,

                    als Schöffen

                    Staatsanwaltschaft

                    als Beamter der Staatsanwaltschaft

                    Rechtsanwalt … als Verteidiger,

                    als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle,

für R e c h t erkannt:

Auf die Berufung des Angeklagten wird das Urteil des Amtsgerichts

Neuss vom 19.08.2002 -7 Ds 70 Js 6582/01 -18/02- aufgehoben.

Der Angeklagte wird freigesprochen.

Die Staatskasse trägt die Kosten des Verfahrens und die notwendigen

Auslagen des Angeklagten.

Gründe:

Das Amtsgericht Neuss hat den Angeklagten am 19.08.2002 wegen

Verbreitung pornographischer Schriften zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen

zu je 70,- €  verurteilt.

In den Gründen seiner Entscheidung hat das Amtsgericht Neuss u.a. ausgeführt:

Im Juli 2001 war der Angeklagte alleiniger Geschäftsführer der in Düsseldorf

ansässigen Firma  XXX  mit Zweigniederlassung in.. Eine der Leistungen

des Unternehmens war die Bereithaltung pornographischer Bilder,

Videos, Live-Sex-Shows und Magazinen auf einem Server in Berlin. Der Besucher der Homepage von http://www … wurde dort neben den

als verdorben, verrucht und verlockend angepriesenen Produkten auf den

Mitgliedsbereich “mit den heissesten Shows und den schärfsten Bildern” hin-gewiesen.

Insoweit lautete die Offerte:

 

“… Und das Beste: Keine Anmeldung, keine Kreditkarte, keine

Wartezeit und 100% anonym durch den Highspeed-Zugang.

Einfach den High-Speed-Dialer durch den Download-Link

rechts herunterladen,

mit einem Doppelklick aktivieren und nur wenige Sekunden

später wirst Du automatisch in den Mitgliedsbereich von Club-hardcore

geleitet.”

Zum Download des Dialers und damit zum Erwerb der Mitgliedschaft mit Zugang in den Mitgliedsbereich war ausschließlich die Eingabe der Identitätsnummer eines bundesdeutschen Personalausweises oder die Kartennummer einer Kreditkarte wie Mastercard oder Visa erforderlich. Der Download des Dialers, mit dessen Hilfe fortan der Mitgliedsbereich zum Minutenpreis von DM 3,60 bei Abrechnung über die Telefonrechnung genutzt werden konnte, startete, sobald ein von der Firma” auf dem Server installiertes Programm eine sogenannte numerische Prüfung der vom User eingegebenen Identitäts- oder Kartennummer mit Schlüssigkeitsergebnis vorgenommen hatte. Bei Identitätsnummern aus Personalausweisen wurde dabei auch das

verschlüsselt vermerkte Geburtsdatum geprüft. Unwiderlegt wurde der Zu-gang verwehrt, wenn die Prüfung das Geburtsdatum eines Minderjährigen

ergab.

Eine weitere Prüfung fand nicht statt; insbesondere waren keine Angaben

von Personalien oder Anschriften erforderlich.

Der Angeklagte, seit November 2000 in der beschriebenen Position tätig, war

sich jederzeit bewusst, dass auch Kinder bzw. Minderjährige mit Hilfe der Identitäts- oder Kartennummern von nicht auf sie ausgestellter Personalaus-weise oder Kreditkarten in der beschriebenen Weise jederZeit und auf Dauer

Zugang zum Mitgliedsbereich mit pornographischen Produkten erlangen

konnten. Insbesondere wusste er, dass auf Grund der rein technischen Kontrolle zu keinem Zeitpunkt sichergestellt war, dass der jeweilige User ein Erwachsener sei. Wissend um diese “Scheinkontrolle” begnügte er sich hiermit.

Im April 2001 hatte die von dem Angeklagten vertretene Firma eine Abmahnung von der Zentralstelle der Obersten Landesjugendbehörden für Jugendschutz in Mediendiensten, ansässig in Mainz, erhalten. Sie enthielt den Hinweis, dass über den Pfad http://www. Pornographie in jugendgefährdender Weise und unter Verstoß gegen § 184 Abs. 1 StGB frei zugänglich sei, weil keine wirksame Alterskontrolle gegeben sei. Der Angeklagte nahm keinerlei Änderungen der Zugangsvoraussetzungen vor.

Die Beweisaufnahme hat auf Grund der Angaben des Angeklagten, der Bekundungen des sachverständigen Zeugen … und der in der Hauptverhandlung vorgenommenen Internet-Tests bei http://www ergeben,

dass der User in den Mitgliedsbereich mit einer Vielzahl der angebotenen

pornographischen Produkte gelangt, dem der Download des Dialers

nach erfolgreicher Prüfung der eingegebenen Personalausweis- oder Kreditkartennummer gelingt. Hierfür ist allein die “Stimmigkeitsprüfung” der Identitätsnummern – oder Kartennummernkombination maßgebend. Ob die verwendete Karte oder der Personalausweis gestohlen oder sonst zu Unrecht

verwendet werden, bleibt offen. So hat das Gericht in der Hauptverhandlung

über die Suchmaschine “Google” problemlos Identitätsnummem von Personalausweisen “geliefert” erhalten, “die den “Stimmigkeitsprüfungen” standhalten. So hat denn auch der Zeuge … von der Obersten Landesjugendbehörde für Jugendschutz glaubhaft dargelegt, dass es im Internet  zahlreiche und einfache Möglichkeiten gebe, “passende” Identitätsnummern zu erhalten.

In der Verantwortung des Angeklagten hat die von ihm vertretene Firma pornographische Schriften Personen unter 18 Jahren zugänglich gemacht und

i.S.v. Nr. 5 angeboten (§ 52 StGB). Es drängte sich auf und lag für ihn nahe,

dass die bloßen Nummernprüfung” reiner “Scheinschutz” war, da auf leichteste Art auch für Kinder zu umgehen. Er wusste, dass das von ihm verwendete Prüfsystem  weit hinter menschlicher Kontrollmöglichkeit stand. Am Kiosk und in der Videothek kann nämlich erkannt werden, ob der Personalausweis oder die Kreditkarte dem Verwender gehören bzw. das vorgegebene Alter zutrifft. Durch die Zusicherung von “Anonymität” ohne Erfassung personenbezogener Daten signalisierte die Firma… letztlich jegliches Desinteresse daran, wer ihre Angebote nutzte.

Gegen dieses Urteil hat der Angeklagte durch den am 23.08.2002 bei dem

Amtsgericht Neuss per Faxschreiben eingegangenen Schriftsatz seiner Verteidiger (BI. 103 a d.A.) das Rechtsmittel der Berufung eingelegt.

Die zulässige und insbesondere fristgerecht eingelegte Berufung hat in der

Sache Erfolg und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur

Freisprechung des Angeklagten aus rechtlichen bzw. zum Teil aus tatsächlichen Gründen.

                                                 

                                                  II

 

In der Berufungshauptverhandlung sind die vom Amtsgericht Neuss getroffenen Feststellungen zu dem technischen Betrieb sowie zum Inhalt und zur Aufmachung der Internetseite http://www, die von der in Düsseldorf ansässigen …  deren alleiniger Geschäftsführer. der Angeklagte im Juli 2001 (und bis Juni 2002) war, betrieben wurde, in vollem Umfang bestätigt worden.

Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Beschreibung des

technischen Betriebes und des Inhaltes ,und der Aufmachung der Internetseite unter I. Bezug genommen.

Ebenfalls bestätigt wurde die Feststellung des Amtsgerichts, dass die von

dem Angeklagten als Geschäftsführer vertretene Firma im April 2001 eine

Abmahnung von der Zentralstelle der Obersten Landesjugendbehörden für

Jugendschutz in Mediendiensten (Jugendschutz.net) erhalten hatte. Der Angeklagte nahm nach Kenntnisnahme des Inhalts dieser Abmahnung keine

Änderungen der Zugangsvoraussetzungen vor.

Weiter wurde in der Hauptverhandlung festgestellt, dass sich die Zahl der im

Internet allein von deutschen Anbietern betriebenen Seiten mit pornographischen Inhalten auf mehrere Zehntausend beläuft. Dies hat der Zeuge der sehr sachkundig und sachlich ausgesagt hat, bekundet.

Im Übrigen hat sich der Angeklagte dahingehend eingelassen, er sei seinerzeit – anwaltlich beraten – davon ausgegangen, dass das Angebot von

http://www. … den gesetzlichen Jugendschutzbestimmungen genüge.

                                                 

 

                                                  III

Aufgrund der getroffenen Feststellungen ist eine Strafbarkeit des Verhaltens des Angeklagten nach der von der Kammer vertretenen Rechtsauffassung nicht gegeben bzw. eine unerlaubte Werbung nicht (mehr) feststellbar.

Der Angeklagte hat durch das bezeichnete Internetangebot unzweifelhaft so-genannte einfache Pornographie i.S.d. § 184 Abs. 1 StGB generell angeboten und sich mit diesem Angebot an einen unbestimmten Kreis von nicht individualisierten Nutzern gewendet.

1.

Dieses Verhalten erfüllt nicht den Tatbestand von § 184 Abs. Nr. 1 StGB,

da als strafbewehrte Tathandlung auch nach der vom Gericht vertretenen

Rechtsauffassung (vgl. insoweit auch BGHSt 34, 94, 98; Tröndle/Fischer,

StGB, 50. Auflage, § 184 StGB) erforderlich ist, dass die Person unter 18

Jahren bei der Tathandlung individualisiert sein muss: Dies ist bei dem Angebot an eine unbestimmte Vielzahl von Nutzern nicht der Fall.

2.

Eine diesbezügliche Strafbarkeit ist im vorliegenden Fall auch nicht gemäß §

21 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes über die Verbreitung jugendgefährdender

Schriften und Medieninhalte (GjS) i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 1 GjS gegeben, da es

auch insoweit an dem rechtlich ebenfalls vorauszusetzenden konkreten Angebot an eine individualisierte Person unter 18 Jahren fehlt.

3.

Nach der vom Gericht vertretenen Rechtsauffassung und vorgenommenen

tatsächlichen Würdigung ist auch eine Strafbarkeit gemäß § 21 Abs. 1 Nr. 3 a

GjS nicht gegeben, der auf die 1997 neu geschaffene Regelung von § 3 Abs.

1 Nr. 4 GjS verweist.

Anders als § 184 Abs. 1 Nr.1 StGB und § 3 Abs. 1 Nr. 1 GjS verlangt § 3

Abs. 1 Nr. 4 GIS nicht das Angebot an eine individualisierte Person unter 18

Jahren. Bereits das Verbreiten, Bereithalten oder sonstige Zugänglichmachen

von jugendgefährdenen Schriften an einen unbestimmten Nutzerkreis

durch elektronische Informations- und Kommunikationsdienste ist strafbar.

Gemäß § 6 Nr. 2 GjS gehören pornographische Schriften – und zwar auch

sogenannte einfache Pornographie – zu den jugendgefährdenden Schriften

i.S.d. GjS, ohne dass es einer Aufnahme in die Liste jugendgefährdender

Schriften und einer Bekanntmachung bedarf.

Die Verbreitung, Bereithaltung oder Zugänglichmachung solcher Schriften durch elektronische Informations- und Kommunikationsdienste- also gerade auch im Bereich des Internets – ist gemäß § 3 Abs. 2 GjS allerdings erlaubt, wenn durch technische Vorkehrungen Vorsorge getroffen ist, dass das Angebot oder die Verbreitung im Inland auf volljährige Nutzer beschränkt werden kann.

Der Gesetzgeber hat mit dieser Vorschrift einen Erlaubnistatbestand geschaffen, der für den Tatzeitraum (Juli 2001 bis Dezember 2001) Anklageerhebung am 05.12.2001 anzuwenden ist. Die insoweit deutlich restriktivere  Erlaubnisregelung des § 4 Abs. 2 Nr. 3 Satz 2 des JMStV (Staatsvertrag über den Schutz der Menschenwürde und den Jugendschutz In Rundfunk und Telemedien) tritt erst zum 01.04.2003 in Kraft und ist daher nicht anzuwenden.

Dem Erlaubnistatbestand des § 3 Abs. 2 GjS genügt das in der Verantwortung

des Angeklagten im Tatzeitraum in das Internet gestellte Angebot von http://www … .

a) Dabei kann es im Ergebnis dahingestellt bleiben, ob der durch die anonyme

Abfrage einer Personalausweisnummer installierte technische Schutz allein

(d.h. isoliert betrachtet) dem gesetzlichen Erlaubnistatbestand genügt, da

im vorliegenden Fall ein weiterer Schutz, nämlich die Kostenpflichtigkeit des

Angebots hinzukam. Beides zusammen jedenfalls genügt dem gesetzlichen

Erlaubnistatbestand.

Dafür, dass eine anonyme Personalausweisabfrage dem gesetzlich normierten Erlaubnistatbestand genügen könnte, spricht allerdings, dass sich

hierbei um eine technische Vorkehrung handelt, die eine Hürde für das Betrachten pornographischer Inhalte aufstellt. Insoweit ist auch eine (gewisse)

Vorsorge getroffen, dass das Angebot oder die Verbreitung im Inland auf

volljährige Nutzer (die über einen entsprechenden Personalausweis verfügen)

beschränkt werden kann. Dass eine Beschränkung auf erwachsene Nutzer sicherzustellen ist, verlangt § 3 Abs. 2 GjS (anders als der demnächst

In Kraft tretende § 4 Abs. 2 Nr. 3 Satz 2 des JMStV) gerade nicht. Die Frage

der Strafbarkeit ist im vorliegenden Fall anhand von § 3 Abs. 2 GjS zu beurteilen.

Ohne eine zumindest bei der technischen Überprüfung die Zugehörigkeit zu

einem erwachsenen Nutzer ergebende Personalausweisnummer ist mit dem

von dem Angeklagten verwendeten System eine Betrachtung des pornographischen Inhalts nicht möglich. Soweit das Amtsgericht darauf abgestellt hat, dass die rein technische Kontrolle hinter einer menschlichen Kontrollmöglichkeit zurückbleibt, ist dies zwar richtig. Der Erlaubnistatbestand des § 3 Abs. 29 GjS verlangt aber gerade keine menschliche Kontrolle, sondern (lediglich) eine technische Vorkehrung.

Der nicht volljährige Nutzer ist bei der verwendeten Personalausweisziffernabfrage entweder gehalten, sich die Personalausweisziffern eines Erwachsenen zu beschaffen, was in aller Regel nur heimlich – und somit missbilligt geschehen dürfte. Oder aber der nicht volljährige Nutzer verfügt über die notwendige Erfahrung im Bereich des Internet und der Computernutzung, um zu wissen, dass es zum Einen Internetseiten gibt, auf denen “passende Personalausweisziffern abgefragt werden können oder aber dass man mit entsprechender Kenntnis eine solche Ziffernfolge auch selbst generieren kann.

Letztere Gruppe dürfte aber in aller Regel ebenfalls wissen, dass es im Internet  Tausende von (aus dem Ausland betriebenen) Seiten mit pornographischen Inhalten gibt, die keinerlei Schutzmechanismen vorhalten und dass sich auch andere Schutzmechanismen umgehen lassen.

Zu berücksichtigen ist insoweit, dass gerade die heutigen Jugendlichen in

Deutschland mit den Medien Computer und Internet aufwachsen. Das bedeutet, dass sie häufig über Kenntnisse verfügen, die denen vieler älterer

Erwachsener weit vorausgehen. Diesen soll aber durch die Regelungen zum

Schutz der Jugend der Zugang zu sogenannter einfacher Pornographie nicht

unvertretbar erschwert werden.

Der BGH (BGHSt 34. 94. 97) hat insoweit (zu § 184 Abs’. 1 StGB) ausgeführt:

,;Gesetzgeberisches Motiv für die begrenzte Freigabe der “einfachen” Pornographie durch die Neufassung des § 184 StGB … war die Erwägung, dass angesichts des Fehlens wissenschaftlich gesicherter Erkenntnisse über die Möglichkeit schädlicher Auswirkungen der Pornographie ihre Lektüre und

Betrachtung dem erwachsenen Interessenten insoweit freigestellt werden

sollte, als dadurch keine ernstzunehmenden Gefahren für andere Rechtsgüter

entstehen würden. Als weiterhin schutzbedürftiges Rechtsgut wurde dabei

vor allem die ungestörte sexuelle Entwicklung Jugendlicher gesehen; daneben sollte aber auch dem Interesse des einzelnen, nicht ungewollt mit Pornographie konfrontiert zu werden, Rechnung getragen werden. … . § 184

StGB und die entsprechenden Vorschriften des Gesetzes über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften sind daher so auszulegen, dass dem Erwachsenen  Interessenten der Zugang zur Pornographie nicht unvertretbar

erschwert wird, Jugendliche aber davon möglichst ferngehalten werden und

eine Überschwemmung der Öffentlichkeit mit Pornographie verhindert wird.”

Das sich im Bereich des Internet stellende Problem besteht im Hinblick auf

diese Definition u.a. darin, dass Jugendlichen, die mit der Nutzung von Computer und Internet aufwachsen, wie dargelegt, Möglichkeiten zur Umgehung von Schutzmechanismen häufig besser bekannt sind als vielen Erwachsenen und dass Umgehungen von technischen Schutzmechanismen, ganz gleich, wie diese ausgestattet sind, wegen der Natur des Mediums (überwiegend anonymer Massenverkehr) häufig unentdeckt bleiben.

Durch die Schaffung und stetige Fortentwicklung des Internets wurden ganz generell Möglichkeiten der Informationserlangung und der Kenntnisnahme von Inhalten jedweder Couleur geschaffen, von denen in den 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts und auch noch in den frühen 90er Jahren des vergangenen Jahrhunderts kaum jemand eine Vorstellung haben konnte. Das Internet ist im Bereich des World-Wide-Web (www..) grundsätzlich so aufgebaut, dass praktisch von jedem realen Ort auf alle Inhalte zugegriffen werden kann, ganz gleich, an welchem anderen realen Ort sich der die Inhalte bereithaltende Server befindet. Anders, als bei der herkömmlichen Telefonie entstehen für den Nutzer keine höheren Kosten, wenn sich der kontaktierte Server in einem geographisch weit entfernten Gebiet befindet. Es wurde ein (virtueller) Raum geschaffen, in welchem tatsächlichen geographischen Grenzen praktisch keine Bedeutung mehr zukommt.

Diese praktisch grenzenlose Nutzungsmöglichkeiten sind der großen Mehrzahl der Jugendlichen in Deutschland bekannt.

Für den Bereich der jugendgefährdenden Inhalte, die sich bei weitem nicht

auf pornographisches Material beschränken – zu nennen sind hier insbesondere rassistische und gewaltverherrlichende Inhalte, die ein inhumanes und intolerantes Weltbild propagieren – bedeutet das im Ergebnis zum Einen, dass auf einen Territorialstaat oder auf eine Rechtsordnung, beschränkte Regelungen praktisch leer laufen, da eine Strafverfolgung für außerhalb des einen Territorialstaates oder der einen Rechtsordnung residierende Täter häufig nicht gewährleistet ist. Lediglich am Rande zu erwähnen ist diesbezüglich, dass gemäß § 6 StGB für sogenannte einfache Pornographie das Weltrechtsprinzip keine Anwendung findet.

Zum Anderen bedeutet das, dass diejenigen jugendlichen Internetnutzer, die

sich überhaupt für pornographische Inhalte interessieren – wesentlich interessanter für Jugendliche dürften nach der Überzeugung des Gerichts (kostenlose) Musikdownloads, Informationen über Stars der Musikszene und vor allem auch der Chat (das über Tastatur oder Sprachsoftware erfolgende Gespräch in Echtzeit) mit Gleichaltrigen sein – über jede Suchmaschine Tausende von aus dem Ausland betriebenen- Internetseiten nachgewiesen erhalten, die pornographische Inhalte ohne jedwede technische oder faktische

Hürde anbieten. Die Anbieter solcher Seiten machen sich zwar nach wohl

zumindest überwiegender Meinung strafbar, wenn eine solche vom Ausland

aus betriebene Seite von einem in Deutschland verweilenden Jugendlichen

am PC aufgerufen wird (Erfolgsort i.S.v. § 9 Abs. 1 StGB), sind aber der

deutschen Gerichtsbarkeit faktisch entzogen. Dies ist zwar mitunter auch bei

anderen Straftatbeständen der Fall, wenn die Täter vom Ausland aus agieren

und dort verbleiben. Bezüglich des Verbreitens jugendgefährdender Schriften

im Internet ist dies allerdings anders als bei anderen Straftatbestanden ein

Massenphänomen, welches durch die beschriebene Struktur des Internets

bedingt ist. Im Sinne des Jugendschutzes wäre es daher zumindest sehr wünschenswert, dass für den Bereich des Internets internationale Standards

durchgesetzt werden könnten.

Über eine Suchmaschine erhält der Internetnutzer auch problemlos Zugang

zu Internetseiten, in denen Passwörter für kostenpflichtige (nicht nur, aber

auch pornographisch orientierte) Nutzungen kostenlos angeboten werden.

Die Aufzählung der Möglichkeiten, vollkommen kostenfrei und ohne eine

technische oder sonstige Hürde an pornographische Internetinhalte zu gelangen, ist bei weitem nicht vollständig.

Angesichts dieser Möglichkeiten, muss es als zumindest fraglich erscheinen,

ob sich jugendliche Nutzer überhaupt dafür interessieren, den Schutzmechanismus der Personalausweisziffernabfrage zu umgehen.

Andererseits zeigt sich allerdings, dass das Schutzsystem der anonymen

Personalausweisziffernabfrage von an pornographischen Inhalten interessierten Jugendlichen relativ leicht umgangen werden kann, wenn nicht ein weiterer Schutzmechanismus vorhanden ist.

b) Im vorliegenden Fall erübrigt sich aber eine alleinige und abschließende

Subsumtion des verwendeten Altersüberprüfungssystems der Personalaus-weisziffernabfrage unter § 3 Abs. 2 GjS deshalb, weil das Angebot, für das

der Angeklagte verantwortlich war, nicht allein durch dieses System vor dem

Zugriff noch nicht erwachsener Nutzer geschützt worden ist.

Für den Zugriff auf den pornographischen Inhalt war im vorliegenden Fall neben der Eingabe einer “richtigen” Personalausweisziffer noch der

Download eines sogenannten Dialers erforderlich. Bei einem Dialer handelt

es sich um ein Computerprogramm, welches nach dem Download und der Installation bewirkt, dass die Einwahl in das Internet oder zumindest auf die Seite des den Dialer verwendenden Anbieters über eine, über die Telefonrechnung abgerechnete 0190er-Nummer erfolgt. Für den Nutzer (und auch für den an den pornographischen Inhalten interessierten noch nicht erwachsenen Nutzer) wurde auf den Portalseiten unmissverständlich deutlich, dass in jedem Fall nicht unerhebliche Kosten entstehen würden (3,60 DM in der Minute), die dann über die Telefonrechnung abgerechnet werden würden. Angesichts des beschriebenen und ohne jedwede Überprüfung frei zugänglichen pornographischen Inhalts des übrigen Internets wurde damit insgesamt (Dialer und Personalausweisziffernabfrage) eine Hürde geschaffen, die nach der Bewertung durch das Gericht faktisch ausschließt, dass sich noch nicht erwachsene Personen die hinter der Portalseite befindlichen pornographischen Inhalte ansehen. Welcher an pornographischen Inhalten interessierte Jugendliche nimmt es in Kauf, entweder selbst 3,60 DM in der Minute dafür zu zahlen oder durch die Eltern bei der nächsten Telefonabrechnung entdeckt zu werden, wenn er bei dem vom Ausland aus agierenden Anbietern oder von im Ausland befindlichen Servern pornographische Inhalte durch einen bloßen “Mausklick” kostenlos und ohne jedwede Überprüfung erhalten kann?

Die Antwort liegt auf der Hand. Durch die Verbindung von Personalausweisabfrage und Dialer jedenfalls ist im Ergebnis die vom Erlaubnistatbestand des § 3 Abs. 2 GjS geforderte Vorsorge getroffen worden, mit der das Angebot oder die Verbreitung im Inland auf volljährige Nutzer beschränkt werden kann.

So unlieb es den Befürwortern des “freien” (und vor allem kostenfreien) Internets sein mag: Die Kostenpflicht für jugendgefährdende Inhalte stellt          -zusammen- mit einer Altersüberprüfung den derzeit faktisch wohl wirksamsten Jugendschutz dar. Dabei sieht die Kammer den Einsatz von Dialern als nicht unwirksamer an, als eine Kostenpflicht über Kreditkarte. Die üblichen Kreditkartensysteme arbeiten mit der Versendung von Passwörtern, nach deren Eingabe der Zugang zu den kostenpflichtigen Inhalten gewährt wird. Neben dem Umstand, dass die Versendung solcher Zugangsdaten per E-mail bezüglich der Möglichkeit der Kenntnisnahme von unbefugten Dritten nicht wesentlich sicherer ist, als eine Versendung per Postkarte, existiert auch eine nicht unerhebliche Anzahl von frei zugänglichen Internetseiten und Foren

in denen derartige Zugangsdaten von verschiedenen Personen aus unterschiedlichen Motiven heraus veröffentlicht werden. Derjenige, der sich derartige Zugangsdaten auf solchen Internetseiten oder sonst wie verschafft, hat dann kostenfrei Zugang zu den eigentlich kostenpflichtigen Inhalten.

Beim Einsatz eines Dialers besteht diese Möglichkeit nicht. Die erforderliche

Einwahl über den Dialer löst praktisch immer die Kostenfolge für den Einwählenden aus.

4.

Der Angeklagte hat sich auch nicht gemäß § 184 Abs. 1 Nr. 5 StGB strafbar

gemacht.

Bei § 184 Abs. 1 Nr. 5 StGB handelt es sich – wie bei der entsprechenden

Vorschrift im GjS (§ 5 GjS) – um ein abstraktes Gefährdungsdelikt. Schutzzweck ist die Beschränkung von Werbung für pornographische bzw. jugendgefährdende Inhalte.

Die grundsätzliche gesetzgeberische Motivlage (vgl, BGHSt 34, 94, 97, 98)

wurde bereits dargestellt.

Speziell zu § 184 Abs. 1 Nr. 5 StGB hat der BGH (aaO) u.a. ausgeführt:

“Im Sinne der aufgezeigten gesetzgeberischen Vorgabe soll insbesondere

verhindert werden, dass Personen unter 18 Jahren für pornographisches

Material interessiert und auf mögliche Bezugsquellen aufmerksam gemacht

werden. … Strafbedroht ist daher… auch das öffentliche Anbieten nur, wenn

es nach seinem Aussagegehalt erkennbar macht, dass es sich auf pornogra-phisches Material bezieht und dadurch Im Sinne der gesetzgeberischen Zielsetzung “gefährlich” ist.”

Die zitierte Entscheidung des BGH datiert aus dem Jahr 1986, einer Zeit, in

das Internet in rudimentärer Form zwar schon vorhanden, seine (seinerzeit

überwiegend wissenschaftliche) Nutzung aber nur wenigen vorbehalten war.

Bei der Auslegung von § 184 Abs. 1 Nr. 5 StGB für den Bereich des Internets

in seiner heutigen Ausprägung ist den Besonderheiten des Mediums Internet

und dem (noch gültigen) Erlaubnistatbestand des § 3 Abs. 2 GjS (der eine

Regelung für das von der Kammer gegenüber einer ihrerseits nicht pornographischen Werbung i.S.d. Jugendschutzes für gefährlicher gehaltene

tatsächliche Verbreitung von pornographischen Inhalten im Internet enthält) Rechnung zu tragen.

Ebenfalls Rechnung zu tragen ist der gesellschaftlichen Realität. Letztere ist

gerade im Bereich der Darstellung von Inhalten mit sexuellem Bezug einem

stetigen Wandel unterworfen, der sich in den letzten Jahren dahingehend

vollzogen hat, dass eine stetige Lockerung erfolgt ist.

a) Allein bei Betrachtung des Mediums des Fernsehens kommt man nicht

umhin, von einer diesbezüglichen Reizüberflutung zu sprechen. Sogenannte

Boulevardmagazine versuchen im Werben um die Gunst des Zuschauers

sich zumindest zum Teil mit mehr oder weniger schlüpfrigen Beiträgen zu überbieten, wobei das “Niveau” oft genug kaum noch zu ertragen ist.

Andere Sendungen bieten – zwar zu fortgeschrittener Sendezeit und mit dem

Hinweis, dass das Programm für eine bestimmte Altersgruppe nicht geeignet

ist – “Aufklärung” über von den Redaktionen als (mehr oder weniger) erotisch

qualifizierte Inhalte. Dabei werden auch pornographische Inhalte so “aufbereitet”, dass zwar tunlichst keine Geschlechtsorgane dargestellt werden, andererseits aber in epischer Breite von Produktionen und Dreharbeiten der

Porno-Industrie berichtet wird.

Will man sich zu fortgeschrittener Stunde etwa im Deutschen Sportfernsehen

über die Sportereignisse des Tages informieren, wird man mit einer Werbeflut

sogenannter Telefonhotlines konfrontiert. Andere private Fernsehsender

stehen dem kaum nach.

Die von Jugendlichen stark frequentierten Musiksender (MTV, VIVA und andere) bieten rund um die Uhr ein Videoclipprogramm, welches in nicht unerheblichem Umfang mehr oder weniger Darstellungen mit eindeutigen sexuellen Bezügen enthält.

b) Im Internet benötigt derjenige (kommerzielle oder nicht kommerzielle)

Betreiber einer Internetseite mit pornographischen Inhalten, der sich mit der

Erlaubnisregelung von § 3 Abs. 2 GjS im Einklang befinden will, zwingend

eine Portalseite, die- ohne selbst einen pornographischen Inhalt zu bieten -die

technischen Voraussetzungen dafür bereithält, dass den gesetzlichen

Voraussetzungen gemäß § 3 Abs. 2 GjS genügt wird. Ohne eine solche

Portalseite ist das Vorhalten einer technischen Vorsorgevorkehrung i.S.d. § 3

Abs. 2 GjS im Internet nicht möglich, da sich der technische Schutz naturgemäß vor dem dahinter verborgenen pornographischen Inhalt befinden muss.

Zu vergleichen ist eine solche Portalseite am ehesten mit dem von außen

wahrnehmbaren Eingangsbereich und/oder der Schaufenstergestaltung eines

Sexshops. Bei einem Sexshop weiß nun jeder, dass in diesem pornographisches Material angeboten wird. Häufig wird der Passant auch darüber informiert, wieviele verschiedene Programme in den Videokabinen zur Verfügung stehen und was im Shopbereich ansonsten noch angeboten wird (Magazine, Videos, DVD’s etc.)

Während sich ein Fußgänger auch ungewollt an einem Sexshop vorbeibewegen muss, wenn sein Weg zu anderem Ziel daran vorbeiführt, gelangte der Internetnutzer nach den getroffenen Feststellungen nicht ungewollt auf die Seite http://www. … . Erforderlich war grundsätzlich die Eingabe der konkreten Internetadresse (oder das Anklicken eines etwaigen

Links). Hinweise dafür, dass beim Anwählen einer anderen Interseite ungewollt die Seite http.://www. …  geöffnet wurde (über vorher nicht

erkennbare sogenannte pop-up Fenster) haben sich nicht ergeben.

In Anbetracht der beschriebenen gesellschaftlichen und medialen Realität

wäre eine Portalseite eines deutschen Anbieters, der – wie im vorliegenden

Fall – durch den Einsatz eines Alterskontrollprogramms und eines Dialers

den gesetzlichen Anforderungen des im vorliegenden Fall (noch) anzuwen-denden Erlaubnistatbestandes des § 3 Abs. 2 GjS genügen wollte und dem

Jugendschutz (aus welchen Gründen auch immer) mithin nicht vollkommen

gleichgültig war bzw. ist, die nicht einen gewissen groben Überblick über das,

hinter dem Portal bereitgehaltene Material vermittelt, sogar kontraproduktiv

i.S.d. Jugendschutzes.

Der potentielle Nutzer (Erwachsener oder Jugendlicher) würde hinter einem

Portal, welches praktisch keinen Überblick über das dahinter befindliche zugangsgeschützte Material bietet, viel eher vermuten, dass es sich hier um ein besonderes und außergewöhnliches Angebot handelt. Die Neugier wäre in

besonderer Weise entfacht. Um diesem Effekt entgegenzuwirken, muss für

eine Portalseite, die, wie im vorliegenden Fall http:/lwww. …  einen dem § 3 Abs. 2 GjS entsprechenden Zugangsschutz für das dahinter befindliche

pornographische Material gewährleistet (ohne Portalseite ist – wie

dargelegt – die Installation eines technischen Schutzes im Internet nicht

möglich) und auf die der Internetnutzer nicht ungewollt gelangt, eine oberflächliche Information über den geschützten pornographischen Inhalt erlaubt sein. Dabei ist auch eine gewisse werbende Anpreisung hinzunehmen, solange sie nicht praktisch in einer Beschreibung oder Vorwegnahme von Details besteht.

c) Diesen Anforderungen entspricht die von dem Angeklagten im Tatzeitraum

(Juli 2001 bis Dezember 2001 (Anklageerhebung” am 05.12.2001)} zu vertretende Portalgestaltung (BI. 17 – 23 GA) noch. Es wurden keine Details genannt. Im Ergebnis erfuhr der (nicht ungewollt) auf die Portalseite gelangte

Internetnutzer lediglich, dass sich hinter dem Portal in verschiedener Form

(Video, Bildgalerien etc.) aufbereitetes pornographisches Material befand.

Dass hinter dem Eingang pornographisches Material angeboten wird, weiß

aber auch der Passant, der zufällig an einem Sexshop vorbeigeht.

d) Aus den genannten Gründen bedurfte die Frage, ob angesichts des Umstandes, dass der Internetnutzer nur gezielt und nicht zufällig auf die Portalseite von gelangen konnte, in einer solchen Portalseite überhaupt ein öffentliches Werben i.S.v. § 184 Abs. 1 Nr. 5 StGB zu sehen ist, keiner abschließenden Klärung. Im Hinblick auf § 5 GjS, für den die dargelegten Auslegungsgrundsätze wegen des im Ergebnis identischen Regelungsgehalts ebenfalls gelten müssen, soll auch insoweit nochmals § 3 Abs. 2 GjS erwähnt werden, der einen Erlaubnistatbestand für die Verbreitung einfacher Pornographie im Internet darstellt. Wenn aber die Verbreitung einfacher Pornographie unter bestimmten – und nach dem Regelungsgehalt des § 3 Abs. 2 GjS nicht zu strengen Voraussetzungen – erlaubt war (und ist)

und für das Vorhalten einer technischen Vorsorgevorkehrung eine Portalseite

– wie dargelegt – zwingend erforderlich ist, spricht aus den dargelegten

Gründen manches dafür, in einer ihrerseits keinen pornographischen Inhalt

aufweisenden Portalseite, auf die der Internetnutzer nicht ungewollt gelangt,

angesichts von § 3 Abs. 2 GjS keine öffentliche Werbung zu sehen.

Insgesamt zeigt sich, dass sich das rasant weiterentwickelnde und ständige

Änderungen erfahrende Medium Internet im Hinblick auf den Jugendschutz

und die klare Normierung strafbaren Verhaltens im Bereich der (ihrerseits

nicht selbst pornographischen) Werbung für pornographische Inhalte eine

Fülle von ineinander verschachtelten Fragen rechtlicher, technischer und

sonstiger tatsächlicher Natur in einer ganz erheblichen Komplexität aufwirft.

Bereits angesichts der als schwierig zu beurteilenden Rechtslage, müsste – sofern man der dargestellten rechtlichen Bewertung der Kammer nicht folgt –

dem ab seiner Kenntnis von dem Abmahnschreiben von Jugendschutz.net

anwaltlich beratenen Angeklagten jedenfalls ein unvermeidbarer Verbotsirrtum

(§ 17 StGB) bzgl. der Gestaltung der Portalseite zugebilligt werden, zumal

die Portalgestaltung der in Verantwortung des Angeklagten betriebenen

Internetseite in dem Schreiben von Jugendschutz.net vom 05.04.2001 nicht

beanstandet wurde. Beanstandet wurde lediglich die von dem Angeklagten

verwendete Art der Zugangsbeschränkung für den hinter dem Portal befindlichen pornographischen Inhalt (hierzu s.o. 111. 3.).

Diesbezüglich ist ergänzend darauf hinzuweisen, dass sich die Gestaltung

der Portalseite von der Aufmachung, des Angebots und der benutzten werbenden Schlagworte (»Hardcore”, “versaut”,etc.) praktisch nicht von den Portalseiten großer Anbieter, wie beispielsweise dem börsennotierten Unternehmen “Beate Uhse” unterscheidet. Dass die Portalgestaltung dieses Unternehmens, dessen Internetseiten aufgrund des Bekanntheitsgrades mit hoher Wahrscheinlichkeit zumindest von deutschen Internetnutzern stark frequentiert werden, in strafrechtlicher Hinsicht beanstandet worden wäre, ist zumindest der Kammer nicht bekannt. Dies spräche im vorliegenden Fall ebenfalls zumindest für einen unvermeidbaren Verbotsirrtum des Angeklagten (zum Verbotsirrtum bei schwieriger Rechtslage vgl. BGH NJW 1989, 409).

Am Rande sei angemerkt, dass auch von dem Unternehmen “Beate Uhse”

zum Schutz Jugendlicher vor der Wahrnehmung des hinter den Portalen befindlichen pornographischen Inhalts eine Kombination von anonymer Personalausweisziffernabfrage und (verschiedenen) Bezahlsystemen, darunter

auch die Abrechnung über die Telefonrechnung (d. h. ohne Kreditkarte) verwendet wird.

5.

Inwieweit die Werbung auch für § 3 Abs. 2 GjS gerecht werdende Interseiten

auf anderen als den Portalseiten, d.h. auf Internetseiten fremder Betreiber

zulässig bzw. strafbewehrt unzulässig war bzw. ist, bedurfte im vorliegenden

Fall keiner abschließenden rechtlichen Klärung und Würdigung, da nicht

mehr nachzuvollziehen war, wie die im Jahr 2001 verwendeten Hinweise auf

anderen Internetseiten ausgestaltet waren.

Ein bloßer Link (d. h. die Angabe der Internetadresse ohne weitere Anpreisung von pornographischen Inhalten) auf eine Seite mit pornographischem

Inhalt, die den Anforderungen von § 3 Abs. 2 GjS genügt, ist nach der vom

Gericht vertretenen Rechtsauffassung jedenfalls nicht strafbar, weil er mit

dem Eintrag in ein Telefonbuch vergleichbar ist und das § 3 Abs. 2 GjS entsprechende Portal der Internetseite einen ausreichenden Schutz der Wahrnehmung des hinter dem Portal befindlichen pornographischen Inhalts durch nicht erwachsene Nutzer gewährleistet. Zudem ist fraglich, ob ein bloßer Link bereits eine zu beanstandende (strafbare) Werbung darstellen kann.

Daneben ist insoweit ebenfalls zu beachten, dass Suchmaschinen ebenfalls

Links auf Portalseiten auswerfen, ohne dass der Betreiber der dann aufgelisteten Seite zwingend hierfür verantwortlich sein muss.

                                                            IV.

Die Entscheidung über die Kosten und die notwendigen Auslagen folgt aus

§§ 464, 467 Abs. 1 StPO.

Ausgefertigt

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin der

Geschäftsstelle

https://ssl-vg03.met.vgwort.de/na/3404842e3cfb4735a0e7af787b21592f