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Vertrieb von Elektrogeräten, die nicht nach ElektroG registriert wurden: Händler kann Schadenersatz gegen den Lieferanten geltend machen (LG Köln)

Nach Elektrogesetz (ElektroG) besteht die ganz grundsätzliche Verpflichtung, dass Elektro- oder Elektronikgeräte erst dann in den Verkehr gebracht werden dürfen, wenn der Hersteller oder der Bevollmächtigte bei der Stiftung EAR mit Geräteart und Marke registriert ist.

Zu Elektro- oder Elektronikgeräten im Sinne des Elektrogesetzes gehören vereinfacht gesagt schlichtweg alle Elektrogeräte. Seit dem 15.08.2018 gilt der sogenannte offene Anwendungsbereich (Open Scope) des Elektrogesetzes. Seitdem sind grundsätzlich alle Elektro- und Elektronikgeräte registrierungspflichtig. Hierzu gehören neben Möbeln mit Beleuchtung, Schuhen mit Beleuchtung bspw. auch konfektionierte Kabel, Schalter und Steckdosen.

Registrierungspflichtig gemäß § 6 Abs. 1 ElektroG ist der Hersteller. Die Definition des Herstellers ergibt sich aus § 3 Nr. 9 ElektroG und ist weitgehend:

Hersteller:

jede natürliche oder juristische Person oder Personengesellschaft, die unabhängig von der Verkaufsmethode, einschließlich der Fernkommunikationsmittel im Sinne des § 312c Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs,

a) Elektro- oder Elektronikgeräte

    aa)        unter ihrem Namen oder ihrer Marke herstellt und innerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes anbietet oder

    bb)        konzipieren oder herstellen lässt und sie unter ihrem Namen oder ihrer Marke innerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes anbietet,

b)    Elektro- oder Elektronikgeräte anderer Hersteller unter ihrem eigenen Namen oder ihrer Marke im Geltungsbereich dieses Gesetzes anbietet oder gewerbsmäßig weiterverkauft, wobei der Anbieter oder Weiterverkäufer dann nicht als Hersteller anzusehen ist, wenn der Name oder die Marke des Herstellers gemäß Buchstabe a auf dem Gerät erscheint,

c)    erstmals aus einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder aus einem Drittland stammende Elektro- oder Elektronikgeräte auf dem Markt im Geltungsbereich dieses Gesetzes anbietet oder

d) Elektro- oder Elektronikgeräte unter Verwendung von Fernkommunikationsmitteln direkt Endnutzern im Geltungsbereich dieses Gesetzes anbietet und in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Drittland niedergelassen ist;

als Hersteller gilt zugleich auch jeder Vertreiber nach Nummer 11, der entgegen § 6 Absatz 2 Satz 2 vorsätzlich oder fahrlässig neue Elektro- oder Elektronikgeräte nicht oder nicht ordnungsgemäß registrierter Hersteller oder von Herstellern, deren Bevollmächtigte nicht oder nicht ordnungsgemäß registriert sind, zum Verkauf anbietet…

Für Händler somit auch wichtig: Wenn nicht ordnungsgemäß registrierte Elektrogeräte bereits anbietet, ist Hersteller.

Verkäufer haftet für ordnungsgemäße Registrierung

Der Vertrieb von nicht durch den Hersteller registrierten Elektrogeräten ist gemäß § 6 Abs. 2 Satz 1 ElektroG grundsätzlich verboten. Dieses Verbot gilt jedoch auch für sogenannte Vertreiber. Der Vertreiber ist der Verkäufer des Elektrogerätes an den Endverbraucher. Es heißt insofern in § 6 Abs. 2 Satz 2 ElektroG:

„Vertreiber dürfen Elektro- oder Elektronikgeräte nicht zum Verkauf anbieten, wenn die Hersteller dieser Geräte … nicht oder nicht ordnungsgemäß registriert sind.“

Falls somit ein Verkäufer bspw. über einen Internetshop, eBay oder Amazon Elektrogeräte anbietet oder verkauft, dessen Hersteller nicht ordnungsgemäß registriert ist, haftet dafür auch der Verkäufer.

Denkbar ist zum einen ein Bußgeldverfahren durch dasUmweltbundesamt. Ein Verstoß gegen das ElektroG, d.h. der Vertrieb nicht ordnungsgemäß registrierter Elektrogeräte kann jedoch auch wettbewerbswidrig sein und eine Abmahnung zur Folge haben.

Wie können Verkäufer feststellen, ob die Hersteller der von Ihnen vertriebenen Geräte ordnungsgemäß registriert sind?

Zunächst einmal besteht gemäß § 6 Abs. 3 ElektroG die Verpflichtung, dass der Hersteller verpflichtet ist, beim Anbieten und auf Rechnungen seine Registrierungsnummer (WEEE-Nummer) anzugeben. Dies ist zunächst ein erstes Indiz, dass eine ordnungsgemäße Herstellerregistrierung vorliegt.

Die Registrierung erfolgt bei der Stiftung EAR. Verkäufer können einfach in der Datenbank der Stiftung EAR im „Verzeichnis der registrierten Hersteller und registrierten Bevollmächtigten“ nachsehen, ob der Hersteller bzw. der Bevollmächtigte mit der entsprechenden Marke des Geräte und der zutreffenden Kategorie und Geräteart registriert ist.

Häufig übersehen: Bezug von Elektrogeräten aus dem EU-Ausland

Nach unserer Erfahrung aus unserer Beratungspraxis übersehen Händler regelmäßig, dass sie im Rechtssinne Hersteller und damit registrierungspflichtig werden, wenn sie Elektrogeräte aus dem EU-Ausland importieren. In diesem Fall gilt nämlich § 3 Nr. 9 c Elektrogesetz:

Ein Elektrogerät wird erstmals aus einem anderen Mitgliedsstaat der Europäischen Union importiert und in Deutschland angeboten. In diesem Fall ist der Händler, der das Gerät importiert, im Rechtssinne Hersteller. Eine eigene Registrierungspflicht entfällt nur dann, wenn der ausländische Hersteller oder der Großhändler, der im Ausland das Gerät verkauft, selbst registriert, und zwar indem er einen Bevollmächtigten bestellt hat. Auch dies lässt sich über das Verzeichnis der registrierten Hersteller und registrierten Bevollmächtigten der Stiftung EAR leicht feststellen. Obwohl in der Europäischen Union ein Binnenmarkt herrscht, gibt es somit durch das Elektrogesetz Regelungen, die einen einfachen Import von Elektrogeräten aus anderen EU-Ländern erheblich verkomplizieren und zum Problem werden lassen können.

LG Köln: Händler kann gegenüber seinem Großhändler Schadenersatz geltend machen, wenn nicht ordnungsgemäße registrierte Elektrogeräte verkauft werden

Das Landgericht Köln (LG Köln, Urteil vom 23.10.2018, Az.: 31 O 103/17) hat entschieden, dass ein Händler Schadenersatzansprüche geltend machen kann, wenn ihm ein Lieferant Elektrogeräte zum Weiterverkauf verkauft, die nicht ordnungsgemäße registriert sind.

Bei der Entscheidung handelt es sich nicht um den klassischen Lieferregress, so dass man einen näheren Blick auf den entschiedenen Sachverhalt werfen muss:

Der Kläger in diesem Verfahren betreibt Online-Shops für Beleuchtungskörper. Die Beklagte ist Betreiberin der größten deutschen Beschaffungsplattform für Geschäftskunden. Viele Lieferanten und Hersteller können dort Produkte anbieten. Der Vertrag kommt jedoch mit dem Betreiber der Plattform zustande.

Der Kläger, d.h. der Shop-Betreiber hatte dort Beleuchtungskörper eingekauft, deren Hersteller nicht ordnungsgemäß registriert war. Der Kläger wurde daraufhin durch einen Verein abgemahnt, da es wettbewerbswidrig ist, nicht ordnungsgemäß registrierte Elektrogeräte in den Verkehr zu bringen. Aufgrund dieser Abmahnung gab es zwischen dem Verein und dem Kläger dieses Verfahrens mehrere gerichtliche Verfahren.

Nun hätte der betroffene Händler gegenüber seinem Lieferanten Ansprüche aufgrund eines Sachmangels geltend machen können. Immerhin hatte ihm die Plattform Elektrogeräte verkauft, die in Deutschland nicht verkehrsfähig waren, da es an einer ordnungsgemäßen Herstellerregistrierung fehlte.

Der Kläger dieses Verfahrens wählte jedoch einen anderen Weg:

Er mahnte vielmehr seinen Verkäufer wegen Verstoß gegen das Elektrogesetz ab. Gleichzeitig machte er aus UWG Schadenersatzansprüche geltend.

Der Unterlassungsanspruch des Händlers gegenüber dem Betreiber der Plattform wurde anstandslos stattgegeben. Für die Plattform war in diesem Fall das Problem, dass die Plattform selbst als Verkäufer auftrat.

Anwalts- und Gerichtskosten aufgrund der vorherigen Abmahnung als Schaden

Der Kläger machte zum einen mehrere tausend Euro Anwalts- und Gerichtskosten geltend, die ihm im Rahmen der Verfahren mit dem Abmahnverein entstanden waren.

Im Ergebnis bekam der Kläger einen Teil seines Schadens erstattet, und zwar aufgrund § 9 Satz 1 UWG.

Nach dieser Vorschrift besteht ein Anspruch auf Schadenersatz gegen einen Mitbewerber, der vorsätzlich oder fahrlässig eine unzulässige geschäftliche Handlung vorgenommen hat.

Da die ursprüngliche Abmahnung des Vereins berechtigt war, gehörten dazu die bereits angefallenen Anwalts- und Gerichtskosten.

Fehlende Überprüfung der Registrierung: Kein grob fahrlässiger Sorgfaltsverstoß

Das Gericht führt aus, dass bevor Elektrogeräte zum Weiterverkauf angeboten werden, der Vertreiber sich zu vergewissern hat, dass eine Registrierung des Herstellers vorliegt.

„Wenn dabei – wie hier – an keiner Stelle eine Registrierungsnummer angegeben wird, muss eine Registrierung des Herstellers aus Sicht des Vertreibers zumindest zweifelhaft sein. In diesem Fall ist eine weitere Überprüfung der Registrierung, namentlich durch Einsichtnahme in das EAR-Verzeichnis, geboten. Eine solche Überprüfung hat die Klägerin hier allerdings nicht vorgenommen.“

Nach Auffassung des Gerichtes „drängte sich die fehlende Registrierung nicht geradezu auf“.

Da für eine Recherche eine weitere Untersuchung erforderlich gewesen wäre, wie eine Überprüfung der Produkte und der Rechnung, sei das Fehlen der Registrierung keinesfalls auf erstem Blick erkennbar gewesen. Es liegt daher nach Einschätzung des Gerichtes lediglich ein einfacher fahrlässiger Sorgfaltsverstoß der Klägerin vor.

Hier handelt es sich, darauf möchten wir an dieser Stelle ausdrücklich hinweisen, um eine Einzelansicht eines Gerichtes. Man hätte auch durchaus anders entscheiden können, dass es nämlich einfach feststellbar ist, ob ein Elektrogerät, welches bezogen wurde, ordnungsgemäß registriert ist oder nicht.

Mitverschulden

Da der Kläger bei sorgfältiger Prüfung hätte erkennen können und müssen, dass eine Registrierung des Herstellers nicht vorliegt, sah das Gericht ein Mitverschulden des Klägers um 50%. In dieser Höhe wurde der Schadenersatzanspruch gekürzt.

„Bei dieser Abwägung ist zu berücksichtigen, dass beide Parteien als Vertreiber von Elektrogeräten tätig sind. Beide haben es dabei versäumt, vor einem Vertrieb der streitgegenständlichen Leuchten zu überprüfen, ob der Hersteller ordnungsgemäß registriert ist, wobei jeweils von einem fahrlässigen Verhalten auszugehen ist. Dieses (kumulative) Versäumnis hat letztlich gleichwertig zur Inanspruchnahme des Klägers durch den Abmahnverein und damit der Schadensentstehung beigetragen.“

Rügepflicht gemäß § 377 HGB?

Mängelhaftungsansprüche im kaufmännischen Verkehr scheitern oftmals an der Rügepflicht nach § 377 HGB. Diese Norm gilt jedoch, soweit Schadenersatzansprüche nach § 9 Satz 1 UWG, wie im vorliegenden Fall, geltend gemacht werden, nicht.

Fazit

Es ist nur konsequent, wenn ein Händler bzw. Vertreiber seinen eigenen Großhändler in Anspruch nimmt soweit dort nicht ordnungsgemäß registrierte Elektrogeräte zum Weiterverkauf nach Deutschland verkauft werden.

Dies dürfte jedoch nur dann gelten, wenn der Großhändler seinen Sitz in Deutschland hat. Wer selbst importiert und sei es auch nur aus einem anderen EU-Staat, muss in der Regel auch selbst registrieren.

Als Verkäufer kann man sich diesen Ärger ersparen, indem man vorher überprüft, ob eine ordnungsgemäße Registrierung des Herstellers in der Lieferkette vorliegt.

Nach unserer Auffassung spricht jedoch Einiges dafür, dass deutsche Verkäufer davon ausgehen können, dass ihnen deutsche Großhändler verkehrsfähige, d.h. ordnungsgemäß registrierte Ware verkaufen, die problemlos weiterverkauft werden kann.

Wir beraten Sie:

Stand: 10.10.2019

Es berät Sie: Rechtsanwalt Johannes Richard