Schuldrechtsreform

Umfangreiche Änderungen im Bürgerlichen Gesetzbuch ab 01.01.2002

Mit dem Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechtes tritt ab dem 01.01.2002 eine umfassende Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) in Kraft.

Auszüge der neuen Fassung des BGB‘s finden Sie hier.

Die Änderungen betreffen auch Bereiche des E-Commerces. Entsprechende Internetpräsentationen und Verträge sollten daher zum 01.01.2002 der neuen rechtlichen Situation unbedingt angepasst werden.

Durch das geänderte BGB ist das Gesetz über die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGBG) in das BGB mit aufgenommen worden (§§ 305 – 310 BGB). Das Haustürwiderrufsgesetz ist ebenfalls mit in das BGB aufgenommen worden und findet sich nunmehr in den § 312 – 312 a BGB wieder. Gleiches gilt für das Verbraucherkreditgesetz, dessen einschlägige Normen quer über das neue BGB verteilt sind.

Auch das für den E-Commerce wichtige Fernabsatzgesetz ist nunmehr Bestandteil des BGB in den § 312 b – 312 f.

Kurz zusammengefasst und ohne Anspruch auf Vollständigkeit ergeben sich somit ab dem 01.01.2002 folgende Änderungen:

1. Verzug des Schuldners

Gemäß § 284 Abs. III a. F. (alte Fassung) BGB kam ein Geldschuldner mit einer Geldforderung 30 Tage nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung in Verzug. Einer Mahnung bedurfte es nicht. In § 286 Abs. III BGB n. F. (neue Fassung) ist ein Verzug 30 Tage nach Fälligkeit und Zugang der Rechnung bei einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur dann gegeben, wenn auf diese Folgen in der Rechnung besonders hingewiesen wird.

Tipp: Nehmen Sie eine Klausel mit in Ihre Rechnung auf, die deutlich zu erkennen ist und in der Ihr Kunde, wenn er Verbraucher ist, auf die Verzugsfolgen nach 30 Tagen aufmerksam gemacht wird.

2. Verjährung

Kaufpreisforderung verjährten bisher gemäß § 196 Abs. I Nr. 1 BGB a. F. innerhalb von 2 Jahren gegenüber Privatpersonen und gemäß § 196 Abs. II a. F. in 4 Jahren, wenn es sich bei dem Schuldner um einen Gewerbebetrieb handelte.

Nunmehr gilt eine einheitliche Verjährung von 3 Jahren gem. §§ 195, 199 BGB. 

Wichtig ist auch, dass durch die gerichtliche Geltendmachung einer Forderung (Klage oder Mahnbescheid) nach altem Recht die Verjährung unterbrochen war. Unterbrechung bedeutet hier, dass die Verjährung mit Einreichung der Klage von Neuem begann. Nunmehr (§ 204 BGB) wird die Verjährung durch eine gerichtliche Geltendmachung nur noch gehemmt. Dies hat zur Folge, dass die Verjährung ab Ende der Hemmung weiterläuft, ohne jedoch von Neuem zu beginnen. Gemäß § 204 Abs. II BGB endet die Hemmung 6 Monate nach einer rechtskräftigen Entscheidung oder anderweitiger Erledigung des Verfahrens.
 

Die Übergangsregelungen für die Verjährung von Forderung, die bereits am 31.12.2001 entstanden und fällig waren, sind defizil.

3. Das Kaufrecht

Das Kaufrecht enthält in § 434 BGB eine Haftung des Verkäufers für Werbeaussagen. Diese werden als zugesicherte Eigenschaften der Kaufsache gewertet, wenn der Verkäufer, der Hersteller oder seine Gehilfen in der Werbung oder bei der Kennzeichnung der Sache Äußerungen über bestimmte Eigenschaften der Sache machen, die der Käufer erwarten kann. Die so genannte “IKEA-Klausel” in § 434 Abs. II BGB sieht einen Sachmangel auch dann vor, wenn die Montage durch den Verkäufer unsachgemäß durchgeführt wird oder die Montageanleitung mangelhaft ist. Der Käufer kann nunmehr, gesetzlich normiert in § 437 BGB, bei einer mangelhaften Sache Nacherfüllung verlangen, vom Vertrag zurücktreten oder den Kaufpreis mindern und Schadenersatz oder den Ersatz vergeblicher Aufwendungen verlangen. Potenzielle Ansprüche verjähren gem. § 438 Abs. I Nr. 3 BGB in zwei Jahren.  Diese sehr umfassende Haftung des Verkäufers erfährt eine Einschränkung in § 476 BGB: Zeigt sich innerhalb von 6 Monaten nach Übergabe ein Sachmangel, so wird vermutet, dass die Sache bereits bei Übergabe mangelhaft war. Das hat zur Folge, dass 6 Monate nach Übergabe der Käufer den Mangel beweisen muss.

Für den Unternehmer wichtig ist § 478 BGB. Sofern er eine mangelhafte Sache zurücknehmen oder den Kaufpreis mindern muss, steht dem Unternehmer nun ein Anspruch gegenüber seinem Lieferanten zu. Diesem wiederum gegen seinen Lieferanten (Lieferkette). So wird das Problem gelöst, dass oftmals der Verkäufer eine längere Gewährleistung gegenüber dem Käufer eingeräumt hatte, als eigentlich mit seinem Lieferanten vereinbart wurde. 

In diesem Zusammenhang ist es wichtig darauf hinzuweisen, dass die Gewährleistung von 2 Jahren auch beim Verkauf von gebrauchten Sachen von einem Unternehmer an einen Verbraucher nicht ausgeschlossen werden kann!

Bei der Gestaltung von Kaufverträgen werden zukünftig allgemeine Geschäftsbedingungen noch wichtiger sein, als sie es jetzt schon sind. Insbesondere greifen die Vorschriften zum Verbrauchsgüterkauf gem. §§ 474 – 479 BGB tief in die bisherigen Regelungen des AGBG ein. Selbst bei einem Verkauf unter Privatleuten muss darüber nachgedacht werden, Haftungsausschlüsse ausdrücklich zu vereinbaren.

4. Fernabsatzgesetz

Die Regelungen des bisherigen Fernabsatzgesetzes sind in den § 312 b – 312 f BGB im Wesentlichen gleich geblieben. Hinzuweisen ist jedoch auf die Norm des § 312 e BGB, welche die Pflichten im elektronischen Geschäftsverkehr regelt. Wenn sich ein Unternehmer zum Zwecke des Abschlusses eines Vertrages über die Lieferung von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen, Tele- oder Mediendienste bedient, hat er folgendes zu gewährleisten: 

Er muss dem Kunden angemessene, wirksame und zugängliche technische Mittel zur Verfügung stellen, mit deren Hilfe der Kunde Eingabefehler vor Abgabe seiner Bestellung erkennen und berichtigen kann. Dies wird man praktischer Weise so umsetzen, dass nach Abgabe einer Bestellung dringend eine Eingabemaske erscheint, in der der Kunde seine eingegebenen Daten und die bestellte Ware noch einmal ansehen und auch korrigieren kann, bevor er den Auftrag endgültig auslöst.

Ferner hat der Unternehmer gem. Art. 241 EGBGB den Verbraucher über technische Einzelheiten zum Vertragsschluss, zur Korrektur von Eingabefehlern, über den Zugang zum Vertragstext und Verhaltenskodizes sowie über die Vertragssprache vor Abgabe der Bestellung zu informieren. Näheres erfolgt über die Umsetzung der Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr. Eine entsprechende Veröffentlichung ist im Januar 2002 zu erwarten.

Ferner ist der Zugang der Bestellung unverzüglich auf elektronischem Wege zu bestätigen. Der Verbraucher muss ferner die Möglichkeit haben, Vertragsbestimmungen einschließlich der allgemeinen Geschäftsbedingung bei Vertragsschluss abzurufen und in wiedergabefähiger Form zu speichern. In diesem Zusammenhang empfehlen wir, allgemeine Geschäfts- und Vertragsbedingungen vor Vertragsschluss dem Verbraucher zuzumailen.

§ 312 f BGB regelt, dass von den Vorschriften des bisherigen Fernabsatzgesetzes nicht zum Nachteil des Verbrauchers abgewichen werden darf.

Wir empfehlen Ihnen daher dringend, wenn Sie eine E-Commerce Lösung betreiben oder sonst im B-C Bereich tätig sind, Ihre Internetpräsentationen entsprechend zu überarbeiten. Dies gilt insbesondere für Allgemeine Geschäftsbedingungen.

Rostock, im Dezember 2001

 

 

Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt Johannes Richard

https://ssl-vg03.met.vgwort.de/na/2ffec5d519634a4fa3d49f504aff8e16