poststreik-abmahnung-frist-abgelaufen

Der Poststreik ist zu Ende: Was tun, wenn jetzt eine Abmahnung mit einer abgelaufenen Frist kommt?

Briefträger und Paketboten der Deutschen Post befanden sich seit dem 08.06.2015 im Streik. Der Streik endete in der Nacht vom 06. auf den 07.07.2015. Seit Dienstag, den 07.07.2015 arbeitet die Post wieder normal und muss erhebliche Rückstände an Briefen und Paketen abarbeiten. Die Post selber geht davon aus, dass es noch ein paar Tage dauern wird, bis alle liegengebliebenen Briefe und Pakete beim Empfänger eintreffen. Dies ist regional sehr unterschiedlich.

Es kann somit durchaus passieren, dass eine Abmahnung, die schon vor Wochen per Post verschickt wurde, erst in diesen Tagen beim Empfänger eingeht. Uns sind bereits die ersten Fälle aus unserer Beratungspraxis bekannt, bei denen ein Abgemahnte ein schon etwas zeitlich zurückliegendes postalisches Schreiben aktuell erhalten hat, die in der Abmahnung gesetzte Frist jedoch bereits abgelaufen war.

Abmahnung muss zugehen

Grundsätzlich ist es so, dass eine Abmahnung dem Abgemahnten auch tatsächlich zugehen muss. Hierbei muss berücksichtigt werden, dass zumindest seit dem 08.06.2015 Abmahnern bekannt war, dass die Zustellung einer Abmahnung per Post unter Umständen nicht klappen oder sich erheblich verzögern würde.

Eine Abmahnung, die somit aufgrund des Poststreiks den Empfänger erst gar nicht erreicht hat, ist quasi nicht existent.

Problem abgelaufene Frist

Wenn nunmehr, ggf. erheblich verspätet, die Abmahnung den Empfänger erreicht, kann es sein, dass die gesetzte Frist bereits abgelaufen ist.

Ziel einer Abmahnung ist die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung zugunsten des Abmahners.

Hierbei muss dem Abgemahnten die Gelegenheit gegeben werden, innerhalb einer angemessenen Frist auf die Abmahnung zu reagieren. Ist diese Frist bereits abgelaufen und zwar aufgrund eines Umstandes, den der Abgemahnte nicht zu verschulden hat, nämlich der Poststreik, wird es interessant:

Die bereits abgelaufene Frist ist eine viel zu kurze Frist. In diesen Fällen wird die abgelaufene bzw. zu kurze Frist durch eine angemessene Frist ersetzt, die erst mit Erhalt der Abmahnung beginnt. Bei der Frage, inwieweit sich dann die Frist angemessen verlängert, dürfte es darauf ankommen, um was es inhaltlich geht. In der Regel, dies ist jedoch nicht in Stein gemeißelt, wird man davon ausgehen können, dass eine angemessene Frist mindestens eine Woche beträgt nach tatsächlichen Erhalt der Abmahnung. Die Frist kann jedoch im Einzelfall durchaus auch kürzer sein.

Wenn bereits eine einstweilige Verfügung beantragt wurde

Es kann durchaus sein, dass der Abmahner den Poststreik gar nicht auf dem Schirm hatte und nach Ablauf der von ihm gesetzten Frist bei Gericht eine einstweilige Verfügung beantragt hat. Eine einstweilige Verfügung ist ein gerichtliches Eilverfahren, in dem das Gericht in der Regel ohne mündliche Verhandlung eine Untersagung mit der Androhung eines Ordnungsgeldes ausspricht in Form eines Beschlusses.

Wurde vorher nicht abgemahnt, kann ein sogenannter Kostenwiderspruch eingelegt werden, der zur Folge hat, dass in diesen Fällen nicht der Abgemahnte, sondern der Abmahner die Kosten des gerichtlichen Verfahrens zu tragen hat.

Hintergrund ist, dass dem Abgemahnten gar keine Gelegenheit gegeben wurde, im Vorfeld vor dem Erlass der einstweiligen Verfügung diese durch Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung zu vermeiden.

Es ist somit durchaus denkbar, dass aufgrund der Aufarbeitung der liegengebliebenen Briefe des Poststreiks der Abgemahnte relativ kurzfristig die Abmahnung zugestellt bekommt sowie zeitnah auch über einen Gerichtsvollzieher eine einstweiligen Verfügung, die aufgrund der fehlenden Abgabe der Unterlassungserklärung beantragt wurde.

In diesen Fällen wird man genau prüfen können, ob ein Kostenwiderspruch Sinn macht.

Abmahnung muss nicht zwangsläufig per Post versandt werden

Aus unserer Beratungspraxis sind uns bereits jetzt Fälle bekannt, in denen die Abmahner die Abmahnung nur mit normaler Post versandt haben. In diesen Fällen gilt das oben Gesagte. Es ist jedoch nicht vorgeschrieben, dass eine Abmahnung per Post ausgesprochen werden muss. Ebenso ist es möglich, dass die Abmahnung per Email oder auch per Fax ausgesprochen wird. In diesem Fall, davon ausgehend, dass die Abmahnung per Fax oder per Email auch tatsächlich zugegangen ist, gilt natürlich die gesetzte Frist.

Was Sie konkret tun sollten, wenn Sie jetzt eine Abmahnung mit einer abgelaufenen Frist erhalten

Grundsätzlich bietet es sich an, beim Abmahner bzw. seinem Rechtsanwalt eine Fristverlängerung konkret zu klären unter Hinweis darauf, dass Sie das Schreiben aufgrund des Poststreiks erst aktuell erhalten haben.

Hierbei kann auch geklärt werden, ob bereits gerichtliche Schritte eingeleitet wurden aufgrund des Fristablaufes.

Wir empfehlen jedoch, diese Kontaktaufnahme nicht ohne vorherige anwaltliche Beratung vorzunehmen!

Keinesfalls sollten Sie, wenn Sie jetzt eine Abmahnung mit einer abgelaufenen Frist erhalten haben, ohne konkrete Beratung möglichst schnell die Unterlassungserklärung abgeben, die der Abmahnung beigefügt war.

Wir beraten Sie konkret.

Stand: 09.07.2015

Ihre Ansprechpartner: Rechtsanwalt Johannes Richard und Rechtsanwalt Andreas Kempcke, Rostock

https://ssl-vg03.met.vgwort.de/na/b09239f918714508871b0d211d6ddec6