portalhaftung

Portalbetreiber haftet für verleumderische Äußerungen

Zur Frage der Haftung für fremde Informationen von Diensteanbietern gemäß Teledienstegesetz (TDG) gibt es bisher nur wenige Urteile.

Umso herausragender ist ein aktuelles Urteil des Landgerichtes Köln vom 26.11.2003 (Az.: 28 O 706/02) (www.jurpc.de/rechtspr/20040056.htm), dass durchaus kritikwürdig ist.

Beklagter war ein Portalbetreiber, in dem Kraftfahrzeuge zum Verkauf angeboten wurden. Das Portal enthält bis zu 800.000 Angebote und wird im Monat 100.000.000 angeklickt.

Der Portalbetreiber hatte eingeräumt, die Anzeigen manuell zu prüfen, bevor er diese veröffentlicht.

Im September 2002 wurde eine Anzeige aufgegeben, in der ein Porsche 993 verkauft wurde und zwar “wegen privater Insolvenz sofort zum Festpreis”. Angegeben wurde dabei die Telefonnummer des Klägers, eines Unternehmensberaters, der diese Anzeige nicht veröffentlicht hatte und auch nicht insolvent war. Insgesamt stand die Anzeige ca. 1 Stunde im Netz, da der Portalbetreiber diese unverzüglich nach einer Mitteilung des Klägers entfernt hatte.

Der Kläger hatte Schmerzensgeld wegen Verletzung des Persönlichkeitsrechtes und Schadensersatz geltend gemacht. Das Landgericht hatte ihm insofern ein Schmerzensgeld von 2.000,00 € sowie Schadensersatz in Höhe von 80,00 € wegen der Beschäftigung seiner Sekretärin in einem Umfang von 2 Stunden zur Erledigung entsprechender Telefonate und Anrufe zu erkannt.

Wesentlich ist die Beurteilung des Landgerichtes des § 11 TDG.

Es heisst dort:

§ 11 Speicherung von Informationen

 

Diensteanbieter sind für fremde Informationen, die sie für einen Nutzer speichern, nicht verantwortlich, sofern

 

1.

sie keine Kenntnis von der rechtswidrigen Handlung oder der Information haben und ihnen im Fall von Schadensersatzansprüchen auch keine Tatsachen oder Umstände bekannt sind, aus denen die rechtswidrige Handlung oder die Information offensichtlich wird oder

 

2.

sie unverzüglich tätig geworden sind, um Informationen zu entfernen oder den Zugang zu ihr zu sperren, sobald sie diese Kenntnis erlangt haben.

Das Landgericht hat angenommen, dass dem Portalbetreiber die Privilegierung des § 11 TDG nicht zu Gute kommt. Dabei hat das Landgericht vertreten, dass es auf die Frage, ob es sich bei den Inseraten um fremde Inhalte im Sinne des § 11 TDG handelt, offen bleiben kann, da die Beklagte die Anzeigen vor Veröffentlichung manuell durchgesehen hat.

Allein dieser Ansatz ist nach unserer Auffassung nicht richtig. Dadurch, dass fremde Inhalte vor der Veröffentlichung durchgesehen werden, kann es sein, das der Diensteanbieter Kenntnis hat, es bleiben jedoch fremde Inhalte. Zudem vertritt das Landgericht die Ansicht, dass bei Informationen und Tatsachen, die hoch sensibel sind und in gravierender Weise in das Persönlichkeitsrecht eingreifen, offensichtlich sei, dass eine rechtswidrige Handlung oder Information vorliegt, so dass kein Ausschluss der Haftung der Beklagten eingreifen würde.

Die Tatsache, dass jemand als Verkaufsgrund für einen PKW seine persönliche Insolvenz angibt, ist nach unserer Auffassung noch nicht ein deutliches Indiz dafür, dass diese Information offensichtlich rechtswidrig ist.

Das Grundproblem ist das eigentlich vorbeugende Verhalten des Portalbetreibers. Für eine Haftung bzw. einen Haftungsausschluss gemäß § 11 ist eine Kenntnis gemäß § 11 Nr. 1 TDG erforderlich.

Insofern ist es immer wieder problematisch, wenn Fremdinhalte überprüft und durchgesehen werden, bevor sie veröffentlicht werden. In diesem Fall kann eher eine Kenntnis von rechtswidrigen Handlungen oder Informationen angenommen werden. In der Praxis hat dies zur Folge, dass der Diensteanbieter privilegiert ist, der ohne weitere Überprüfung Inhalte durch Dritte veröffentlichen lässt, da in diesem Fall der § 11 Nr. 1 TDG gegeben ist.

Zum Anderen ist die Überprüfung wohl nicht gleichbedeutend damit, dass damit automatisch eine Kenntnis von rechtswidrigen  Handlungen oder Informationen einhergeht. Die Angabe in einer Verkaufsanzeige, ein Verkauf erfolge wegen Insolvenz ist sicherlich nicht so selten, so dass sich nach unserer Auffassung hieraus noch keine automatische Kenntnis einer rechtswidrigen Information ergibt.

Das Landgericht hat jedoch angenommen, dass dies vorliegend der Fall war, da die Anzeige wegen Verletzung des Persönlichkeitsrechtes oder des wirtschaftlichen Rufes auffällig erschien. Nach Auffassung des Landgerichtes hätte der Portalbetreiber vor Veröffentlichung bei dem Anbieter nachfragen müssen.

Dieser Ansicht kann mangels Offensichtlichkeit des rechtswidrigen Inhaltes nicht zugestimmt werden. Hinzu kommt zudem Folgendes:

Der Portalbetreiber hatte, dies ist unstreitig, unverzüglich nach Kenntnis des falschen Inhaltes der Anzeige diese aus dem Portal herausgenommen. Somit gilt § 11 Nr. 2 TDG mit der Folge, dass der Portalbetreiber für diese Fremdinformationen nicht verantwortlich war, da er unverzüglich tätig geworden war, um die Information zu entfernen, sobald er Kenntnis erlangt hatte.

Da § 11 Nr. 1 TDG alternativ zu § 11 Nr. 2 TDG zu sehen ist (zu erkennen durch das Wort “oder”) hätte allein die letzte Handlung ausgereicht, um eine Haftung des Portalbetreibers auszuschließen.

Nicht ohne Kritik ist auch die Tatsache, dass als Folge der durch das Landgericht angenommenen Haftung für diesen Inhalt ein Schmerzensgeld in Höhe von 2.000,00 Euro für die Verletzung des Persönlichkeitsrechtes zuerkannt wurde, obwohl die Anzeige insgesamt nur über einen Zeitraum von einer Stunde auf dem Portal des Betreibers vorhanden war.

Des Weiteren hat das Landgericht den Portalbetreiber verurteilt, Äußerungen über eine Insolvenz des Klägers, gemäß §§ 1004, 823 Abs. 1 BGB zu unterlassen.

Da es sich, wie bereits erläutert, um fremde Inhalte handelt und nicht um eigene Aussagen des Portalbetreibers haben wir an einer Passivlegitimation des Portalbetreibers hier erhebliche Zweifel.

Des Weiteren hatte das Landgericht eine Pflicht aus § 242 BGB angenommen, dem Kläger die IP-Adresse des Anbieters mitzuteilen.

Zusammenfassung:

Wie bereits dargelegt, ist das Urteil unter mehreren Gesichtspunkten kritikwürdig. Deutlich wird wieder einmal, dass durch eine eher gut gemeinte Überprüfung von Fremdangeboten der Diensteanbieter erst recht in die Haftung gelangen kann. Hätte es vorliegend keine Überprüfung des Inhaltes durch den Portalbetreiber gegeben, hätte das Landgericht mit einer Haftungsannahme erhebliche Schwierigkeiten gehabt. Zudem entfällt eine Verantwortlichkeit, wenn Inhalte nach Kenntnis unverzüglich entfernt werden.

Bei Fremdinhalten sollte daher sorgfältig abgewogen werden, ob diese überhaupt überprüft  werden. Dies gilt erst Recht bei derartigen umfangreichen Angeboten, wie im vorliegenden Fall.

Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt Johannes Richard, Rostock

23.01.2004

https://ssl-vg03.met.vgwort.de/na/7702e23bf1964d55bb0fab448147d83c