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Streitbeilegung/Schlichtung für Internethändler  kommt: Verfahren z.T.  teurer als die Ware, um die es geht

  • Aktuell: Der Bundestag hat am 03.12.2015 das VSBG beschlossen. Das Gesetz tritt für den Internethandel damit frühestens Januar 2017 in Kraft. Der Internethandel erhält eine Übergangsfrist von 12 Monaten.

irrvideo-fEe3WRXwv9U Die Richtlinie 2013/11/EU über die alternative Beilegung verbraucherrechtlicher Streitigkeiten zwingt auch den deutschen Gesetzgeber zu einer gesetzlichen Regelung einer alternativen Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten.  Die deutsche Umsetzung erfolgt im “Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie über alternative Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten und zur Durchführung der Verordnung über Online-Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten” (Verbraucherstreitbeilegungsgesetz (VSBG)”

Was für Online-Händler wichtig ist

Online-Händler, sei es bei eBay, Amazon oder im eigenen Internetshop können, müssen jedoch nicht, die Möglichkeit einer alternativen Streitbeilegung anbieten. Zwingend ist die alternative Streitbeilegung für Internethändler nicht.

Nach unserer Einschätzung ist es ohnehin so, dass die meisten Unstimmigkeiten zwischen Internethändlern und Verbrauchern unproblematisch auch ohne die Einschaltung von Gerichten geklärt werden. Gerichtliche Verfahren, bei denen ein Verbraucher einen Internethändler, bspw. wegen eines Mangels bei einem Produkt verklagt, sind eher selten. Insbesondere eine kundenorientierte Unternehmenskommunikation kann hilfreich sein, Konflikte nach einer Bestellung nicht eskalieren zu lassen.

Außer Spesen nichts gewesen?

Das geplante Verbraucherstreitbeilegungsgesetz (VSBG) äußert sich auch zu den Kosten eines entsprechenden Verfahrens. Gemäß § 23 Abs. 2 VSBG kann die Verbraucherschlichtungsstelle vom Unternehmer, der zur Teilnahme an dem Streitbeilegungsverfahren bereit ist oder verpflichtet ist, ein angemessenes Entgelt verlangen.

Verbraucher muss nur dann ein Entgelt für das Streitbeilegungsverfahren zahlen, wenn der Antrag des Verbrauchers missbräuchlich ist. In diesen Fällen beträgt das Entgelt höchstens 30,00 Euro. In sonstigen Fällen kann die Verbraucherschlichtungsstelle vom Verbraucher ein angemessenes Entgelt verlangen, wenn sie diesem unverzüglich, nachdem ihr bekannt geworden ist, dass an dem Verfahren kein Unternehmer beteiligt ist, auf diese Kosten hingewiesen hat und der Verbraucher an dem Verfahren weiterhin teilnehmen will.

Zum Thema Kosten gibt es eine interessante Regelung in dem Absatz “Universalschlichtungsstelle der Länder”. In § 31 VSBG sind einmal die Gebühren für die Durchführung eines Streitbeilegungsverfahrens genannt, die der Unternehmer zu tragen hat:

  • 190,00 Euro bei einem Streitwert bis einschließlich 100,00 Euro
  • 250,00 Euro bei einem Streitwert über 100,00 Euro – einschließlich 500,00 Euro
  • 300,00 Euro bei Streitwerten über 500,00 Euro – einschließlich 2.000,00 Euro
  • 380,00 Euro bei Streitwerten über 2.000,00 Euro

Erkennt der Unternehmer den geltend gemachten Anspruch sofort an, ermäßigt sich die Gebühr auf 75,00 Euro. Der Verbraucher hat maximal in Sonderfällen eine Missbrauchsgebühr von maximal 30,00 Euro zu zahlen.

Das lohnt sich nicht!

Schaut man sich die Gebühren der Universalschlichtungsstelle des Landes an, die der Internethändler zu tragen hat, wird deutlich, dass sich ein Schlichtungsverfahren für den Internethändler nicht lohnt. Warum sollte ein Händler 190,00 Euro bei einem Streitwert bis einschließlich 100,00 Euro (bspw. Warenwert) zahlen? In diesem Fall könnte er gleich bspw. das Geld zurückerstatten oder noch einmal liefern oder einen Mangel beseitigen. Auch die Gebühren bei darüberliegenden Streitwerten sind unverhältnismäßig hoch. Hier ist es für den Internethändler finanziell günstiger, einen Rechtsanwalt zu beauftragen. Berücksichtigt werden muss zudem, dass die Streitschlichtung ja nicht zwangsläufig erfolgreich sein muss. Wenn der Händler Pech hat, geht es danach in ein gerichtliches Verfahren, durch das noch einmal zusätzliche Kosten auf den Händler zukommen.

Zudem: Obwohl die Streitschlichtungsstelle ein neutraler Vermittler zwischen Händler und Verbraucher sein soll, unterstellen wir einfach an dieser Stelle einmal eine gewisse Verbraucherfreundlichkeit.

Spätestens bei der Kostenfrage ist das Projekt außergerichtliche Streitbeilegung im Online-Handel nach unserer Auffassung damit tot und wird nicht praktisch zur Anwendung kommen.

Neue Informationspflichten

Mit jeder EU-Verordnung, die ins deutsche Recht umgesetzt wird, kommen neue Informationspflichten auf Internethändler zu.

Die Teilnahme an einem alternativen Online-Streitbeilegungsverfahren ist für Internethändler nicht zwingend. § 36 SVGB sieht jedoch eine allgemeine Informationspflicht vor.

Allgemeine Informationspflicht
(1) Ein Unternehmer, der eine Webseite unterhält oder Allgemeine Geschäftsbedingungen
verwendet, hat den Verbraucher leicht zugänglich, klar und verständlich
1. in Kenntnis zu setzen davon, inwieweit er bereit ist oder verpflichtet ist, an Streitbeilegungsverfahren
vor einer Verbraucherschlichtungsstelle teilzunehmen, und
2. auf die zuständige Verbraucherschlichtungsstelle hinzuweisen, wenn sich der Unternehmer
zur Teilnahme an einem Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle
verpflichtet hat oder wenn er aufgrund von Rechtsvorschriften zur
Teilnahme verpflichtet ist; der Hinweis muss Angaben zu Anschrift und Webseite der
Verbraucherschlichtungsstelle sowie eine Erklärung des Unternehmers, an einem
Streitbeilegungsverfahren vor dieser Verbraucherschlichtungsstelle teilzunehmen,
enthalten.
(2) Die Informationen nach Absatz 1 müssen
1. auf der Webseite des Unternehmers erscheinen, wenn der Unternehmer eine Webseite
unterhält,
2. zusammen mit seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen gegeben werden, wenn
der Unternehmer Allgemeine Geschäftsbedingungen verwendet.

Dies bedeutet zunächst, dass ein Internethändler grundsätzlich verpflichtet ist, in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (die jeder Internethändler haben sollte) zur Frage der Teilnahme an einem Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle zu informieren.

Eine Ausnahme gibt es in § 36 Abs. 3 VSGB. Eine grundsätzliche Informationspflicht entfällt, wenn der Internethändler am 31.12. des vorangegangenen Jahres 10 oder weniger Personen beschäftigt hat. Hier wird man wohl auf die eigenen Arbeitsverhältnisse abstellen müssen, so dass Amazon-Mitarbeiter, die für den Händler Amazon FBA durchführen, nicht mitgezählt werden.

Wir gehen davon aus, dass nur die wenigsten Shopbetreiber zukünftig an einem Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle teilnehmen werden. Nicht zuletzt die zu erwartenden Kosten eines derartigen Verfahrens zeigen, dass dies für Onlinehändler keinen Sinn macht.

In diesem Fall muss kurz und prägnant auf diesen Umstand in AGB hingewiesen werden.

Damit hat sich das Thema dann für Onlinehändler erledigt.

Stand: 15.10.2015

Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt Johannes Richard, Rostock

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