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Weitere Schlappe für den IDO: Auch OLG Bamberg sieht fehlende Information zur Herstellergarantie nicht als wettbewerbswidrig an

Der Abmahnverein IDO – Interessenverband für das Rechts- und Finanzconsulting deutscher Online-Unternehmen e. V. ist vor einem weiteren Gericht mit seiner Ansicht gescheitert, bei dem Angebot eines Produktes mit einer Herstellergarantie müsse im Internetangebot über die Herstellergarantie und die Garantiebedingungen informiert werden. Sowohl das OLG Frankfurt wie auch das OLG Celle sahen keine Unterlassungsansprüche des IDO.

Nunmehr hat sich ein weiteres Gericht dieser Ansicht angeschlossen: Das Oberlandesgericht Bamberg (OLG Bamberg, Beschluss vom 12.03.2020 Az. 3 U 14/20) beabsichtigt eine Berufung des IDO gegen ein klagabweisendes Urteil des Landgerichtes Bamberg gemäß § 522 ZPO als offensichtlich unbegründet zurückzuweisen. Wir von internetrecht-rostock.de hatten -mal wieder- einen Beklagten gegen den IDO vertreten – und zwar erfolgreich.

In Fällen, in denen ein Oberlandesgericht eine Berufung als offensichtlich unbegründet ansieht, hat das OLG die Möglichkeit, gar nicht erst eine mündliche Verhandlung anzuberaumen. Vielmehr kann die Berufung im Beschlusswege zurückgewiesen werden.

Um rechtliches Gehör zu gewähren, wird der Berufungskläger in einem entsprechenden Hinweisbeschluss auf das beabsichtigte Vorgehen des OLG hingewiesen.

So auch vor dem OLG Bamberg: Für das OLG gibt es nicht zu diskutieren, die Berufung des IDO ist nach Ansicht des OLG eindeutig unbegründet

Keine Informationspflicht über eine Herstellergarantie

Zu Recht hat das Landgericht einen Unterlassungsanspruch des Klägers verneint. Der Kläger kann einen solchen Anspruch insbesondere nicht aus der Vorschrift des S 5a Abs. 4 UWG

M.m. S 312d Abs. 1 S. 1 BGB, Art. 246a S 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 9 EGBGB; Art. 6 Abs. 1 lit. m) RL 201 1/83/EU herleite, weil eine wesentliche Informationspflicht der Beklagten bezüglich der Herstellergarantie nicht besteht. Darüber hinaus wäre die Verletzung einer solchen Informationspflicht nicht geeignet, den durchschnittlichen Verbraucher zu einer Entscheidung zu veranlassen, die er anderenfalls nicht getroffen hätte.

a)         Art. 6 RL 201 1/83/EU ist in den Vorschriften der S 312d Abs. 1 S. 1 BGB, S 246a S I EGBGB umgesetzt worden. Die darin enthaltenen Informationspflichten sind daher als unionsrechtliche Rechtsvorschrift gem. S 5a Abs. 4 UWG einzuordnen und damit als wesentlich i.S.v. S 5a Abs. 2 UWG einzustufen (Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, 38. Aufl. 2020, UWG S 5a Rn. 5.6).

b)         Aus der Vorschrift des Art. 246a S 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 9 EGBGB ist nur zu entnehmen, dass der Unternehmer über das Bestehen und die Bedingungen von Kundendienstleistungen und Garantien zu informieren hat. Allerdings ist hieraus nicht erkennbar, ob sich diese Vorschrift lediglich auf eigene Garantien des Unternehmers oder auch auf Garantien Dritter bezieht. Dies ist nach Sinn und Zweck der Regelung in der Weise zu beantworten, dass Garantien Dritter in dem Angebot des Unternehmers nicht erwähnt werden müssen.

Zweck der Vorschrift des Art. 6 Abs. 1 RL 2011/83/EU, der Art. 246a Abs. 1 S. 1 EGBGB in der hier entscheidenden Informationspflicht in lit. m), wörtlich nachgebildet ist, ist gem. Art. 1 der Richtlinie in Bezug auf Verträge, die zwischen Verbrauchern und Unternehmern geschlossen werden, ein hohes Verbraucherschutzniveau zu erreichen und damit zum ordnungsgemäßen Funktionieren des Binnenmarkts beizutragen. Deshalb sind die wesentlichen Informationen dem Verbraucher rechtzeitig zu erteilen, bevor er durch einen Vertrag im Fernabsatz oder durch ein entsprechendes Vertragsangebot gebunden ist. Dies soll ihn in die Lage versetzen, das Für und Wider des Vertrags abzuwägen, um sodann eine überlegte Entscheidung zu treffen (MünchKomm-Wendehorst, BGB, 8.Aufl., S 312d Rn. 2; OLG Hamm GRUR-RS 2016, 18361

Keine Nachforschungspflicht

Hiermit werden allerdings auch die Grenzen der Informationspflicht des Unternehmers aufgezeigt. Sie beinhaltet nicht, dass dem Verbraucher jede erdenkliche Information erteilt werden muss, die auf seine geschäftliche Entscheidung Einfluss haben könnte. Dies würde zum einen, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, zu ausufernden und unüberschaubaren Nachforschungrund Erkundigungspflichten führen, die von einem Unternehmer jedenfalls dann nicht abzuverlangen sind, wenn es ausschließlich darum geht, über einen Vorteil des angebotenen Verkaufsartikels zu informieren. Auf der anderen Seite ist es Angelegenheit des Unternehmers im Rahmen des von ihm eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs, darüber zu entscheiden, ob und gegebenenfalls welche Vorteile des von ihm beworbenen Produkts er darstellen will. Macht er hiervon nicht oder nur eingeschränkt Gebrauch, muss er hinnehmen, dass sich der Käufer gegen  sein Angebot entscheidet, mag dieses im Vergleich zu konkurrierenden Angeboten auch vorteilhafter sein.

Garantieinformation ist nicht zwangsläufig Verbraucherschutz

Bestandteil des Verbraucherschutzes ist jedoch nicht die Möglichkeit, stets auf das beste Angebot zugreifen zu können. Der Verbraucherschutz definiert sich vielmehr als Instrument zum Ausgleich der Vorteile, die sich für den Unternehmer aus seiner wirtschaftlich stärkeren Stellung ergeben (ebenso Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, 38. Aufl. 2020, UWG S 1 Rn. 15, 28a; Homepage des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz „https://www.bmjv.de/DE/Ministerium/Ministerium_node.html”). Hiervon wird die unterlassene Weitergabe von für den Verbraucher vorteilhafter Eigenschaften eines Produkts oder einer Dienstleistung wie die vorliegend nicht erfolgte Erwähnung einer zusätzlichen, von einem Dritten gestellten Garantie nicht erfasst.

Kein Wettbewerbsverstoß

Im Übrigen hat die Verletzung einer wesentlichen Informationspflicht aus S 5a Abs. 4 UWG nicht zwingend einen Wettbewerbsverstoß zur Folge. Vielmehr ist zusätzlich zu prüfen, ob im konkreten Fall unter Berücksichtigung aller Umstände der betreffenden geschäftlichen Handlung, insbesondere der Beschaffenheit und Merkmale des betreffenden Produkts, das Vorenthalten dieser Information geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er sonst nicht getroffen hätte (EUGH GRUR 2016, 1307 Rn. 58 — Canal Digital Danmark).

Dieses in S 5a Abs. 2 UWG kodifizierte Relevanzerfordernis stellt ein eigenständiges Tatbestandsmerkmal dar, das selbstständig zu prüfen und sonach mit konkreten Feststellungen zum individuellen Sachverhalt auszufüllen ist (BGH, GRUR 2017, 922 Rn. 31ff.; Rn. 31 ff. — Komplettküchen; BGH, GRUR 2018, 317 — Kraftfahrzeugwerbung; jeweils in Fortführung von BGH, GRUR2016, 403 Rn. 25 – Fressnapf; Senat in GRIJR-RR 2018, 259; ausführlich Köhler/Bornkamm, UWG, 36. Aufl., S 12 Rn. 3.40 a u. 3.42 ff.). Das Vorbringen des Klägers hierzu genügt diesen Anforderungen nicht. Vorliegend hat die Beklagte, den Vortrag des Klägers als richtig unterstellt, die vorgenannte Garantie des Herstellers in ihrem Angebot nicht erwähnt. Die Beklagte hat damit über einen Umstand nicht informiert, der bei lebensnaher Betrachtung (s. hierzu Köhler a.a.O. S 5a Rn. 3.42-3.44) für den durchschnittlichen interessierten Verbraucher lediglich ein zusätzliches Argument für einen Kauf darstellen würde. Damit handelt es sich um einen Umstand, der sich auf die geschäftliche Entscheidung eines durchschnittlichen Verbrauchers nicht in der Weise auswirken kann, dass er sie bei Kenntnis anders getroffen hätte. Allenfalls hätte das Wissen um den zusätzlichen Vorteil des Produktes den durchschnittlichen Verbraucher in seiner Kaufentscheidung bestärkt, ihn jedoch nicht von einem Kauf abgehalten….

Die Berufung des Klägers erscheint daher als aussichtslos und wird nach vorläufiger Würdigung ohne Erfolg bleiben müssen.

Stand: 14.04.2020

Es beraten Sie: Rechtsanwalt Johannes Richard und Rechtsanwalt Andreas Kempcke