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Neues UWG ab Mai 2022: Klarstellung für Influencer, Transparenz bei Suchmaschinen, Schadensersatzansprüche für Verbraucher

Nach der letzten großen Änderung des UWG im Dezember 2020 (siehe hier unsere FAQ dazu) wird das UWG nunmehr durch das „Gesetz zur Stärkung des Verbraucherschutzes im Wettbewerbs- und Gewerberecht“ wiederum geändert. Das Gesetz wurde am 11.06.2021 im Bundestag beschlossen und tritt am 28. Mai 2022 in Kraft. Durch das Gesetz wurden die Vorgaben der Richtlinie (EU) 2019/2161 umgesetzt. Im Wesentlichen geht es um Transparenzpflichten von Online-Marktplätzen (ergo Amazon), eine Klarstellung, wann Influencer gewerblich handeln und, das ist neu, Schadensersatzansprüche von Verbrauchern bei Wettbewerbsverstößen.

Nachfolgend wollen wir die wichtigsten Änderungen erläutern

Transparenz der Suchergebnisse bei Online-Plattformen

§ 5b Abs. 2 UWG-E regelt:

Bietet ein Unternehmer Verbrauchern die Möglichkeit, nach Waren oder Dienstleistungen zu su­chen, die von verschiedenen Unternehmern oder von Verbrauchern angeboten werden, so gelten unabhängig davon, wo das Rechtsgeschäft abgeschlossen werden kann, folgende allgemeine Informationen als wesent­lich:

1. die Hauptparameter zur Festlegung des Rankings der dem Verbraucher als Ergebnis seiner Suchanfrage präsentierten Waren oder Dienstleistungen sowie

2. die relative Gewichtung der Hauptparameter zur Festlegung des Rankings im Vergleich zu anderen Parametern.

Die Informationen nach Satz 1 müssen von der Anzeige der Suchergebnisse aus unmittelbar und leicht zu­gänglich sein. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für Betreiber von Online-Suchmaschinen…

Die Regelung gilt somit für Marktplätze, wie Amazon oder eBay. Der Gesetzgeber geht hierbei von 100 Online-Marktplätzen aus, die betroffen sind.

Begleitend dazu gibt es in Nr. 11a des Anhangs zu § 3 Abs. 3 (die sogenannte schwarze Liste) die Definition, dass die verdeckte Werbung mit Suchergebnissen wettbewerbswidrig ist, wenn nicht offengelegt wird, dass bezahlte Werbung oder spezielle Zahlungen eingesetzt werden, die dazu dienen, ein höheres Ranking der jeweiligen Waren oder Dienstleistungen im Rahmen der Suchergebnisse zu erreichen.

Zukünftig muss somit über die Hauptparameter der Festlegung des Rankings und die Gewichtung dieser Parameter im Vergleich zu anderen Parametern informiert werden. Ranking dürfen nicht durch versteckte Werbung oder versteckte Zahlungen beeinflusst werden. Das Ranking ist laut Legaldefinition des § 2 Nr. 7 UWG-E eine vom Unternehmer veranlasste relative Hervorhebung von Waren oder Dienstleistungen, unabhängig von den hierfür verwendeten technischen Mitteln. Die Informationen über die Hintergründe des Rankings müssen von der Anzeige der Suchergebnisse aus unmittelbar und leicht zugänglich sein. Die Information soll knappgehalten, leicht verständlich und an gut sichtbarer Stelle verfügbar gemacht werden.

Das bisher bei der Reihenfolge der Suchergebnisse von Plattformen nicht immer alles mit rechten Dingen zugeht, liegt auf der Hand. Es sind aber nicht nur die Plattformen, die an der Reihenfolge der Suchergebnisse drehen, auch die Händler haben durch Artikelbeschreibungen etc. Möglichkeiten, auf die Suchergebnisse Einfluss zu nehmen. Wir sind insbesondere gespannt, wie Amazon zukünftig transparent über das Ranking informieren wird.

Klarstellung für Influencer: Wann liegt ein kommerzieller Zweck vor?

Aktuell ist die Rechtslage nicht abschließend geklärt, wenn Influencer in sozialen Netzwerken Werbung für Produkte machen.

§ 5a Abs. 4 UWG-E regelt zukünftig, dass ein kommerzieller Zweck bei einer Handlung zugunsten eines fremden Unternehmens (d. h. Werbung für die Produkte eines anderen Unternehmens) nicht vorliegt, wenn der Handelnde kein Entgelt oder keine ähnliche Gegenleistung für die Handlung von dem fremden Unternehmen erhält oder sich versprechen lässt. Mit anderen Worten: Wer keine Gegenleistung bekommt handelt auch nicht zu kommerziellen Zwecken und muss den Beitrag in den sozialen Netzwerken auch nicht als Werbung kennzeichnen.

Aber: Es wird geregelt, dass der Influencer das Entgelt etc. von dem fremden Unternehmen erhalten muss. Unklar ist, wie die Rechtslage eigentlich ist, wenn nicht das Unternehmen selbst, dessen Produkt beworben werden, das Entgelt zahlt, sondern ein Dritter. Es gibt auch eine Beweislastumkehr zulasten des Influencer: Der Erhalt oder das Versprechen einer Gegenleistung wird vermutet, es sei denn, der Handelnde macht glaubhaft, dass er eine solche nicht erhalten hat. Zunächst einmal wird somit bei einer Werbung für Produkte oder Dienstleistungen in den sozialen Netzwerken vermutet, dass der Beitrag einen kommerziellen Zweck hat und somit als Werbung zu kennzeichnen ist. Die Beweislast für das Gegenteil liegt bei dem Influencer.

Schadensersatzanspruch bei Wettbewerbsverstoß für Verbraucher

§ 9 Abs. 2 UWG-E regelt einen Schadensersatzanspruch für Verbraucher. Verbraucher sollen im Fall eines Wettbewerbsverstoßes Zugang zu den angemessenen und wirksamen Rechtsbehelfen einschließlich Ersatz des entstandenen Schadens sowie gegebenenfalls Preisminderung oder Beendigung des Vertrages haben, so die Richtlinie, wie aber auch der Gesetzesentwurf. Jedenfalls gibt es zukünftig einen individuellen Schadensersatzanspruch von Verbrauchern. In der Gesetzesbegründung ist die Rede von schuldhaft irreführenden Werbeäußerungen von Herstellern. Voraussetzung ist, dass die geschäftliche Handlung zu einer geschäftlichen Entscheidung führte, die der Verbraucher andernfalls nicht getroffen hätte. Der Schadensersatzanspruch steht neben sonstigen Ansprüchen, wie Gewährleistung- oder außervertraglichen Haftungsansprüchen. Der Schadensersatzanspruch verjährt in diesem Fall nach einem Jahr. Keinen Schadenersatz gibt es bei Wettbewerbsverstößen nach § 3a (Rechtsbruch), § 4 (Mitbewerberschutz), § 6 (vergleichende Werbung) sowie bei der Aufforderung zur Zahlung bei unerbetenen Besuchen in der Wohnung eines Verbrauchers am Tag des Vertragsschlusses.

Mit dieser Regelung können weitreichende Ansprüche verbunden sein, insbesondere wenn ein Hersteller irreführend wirbt. Es bleibt abzuwarten, inwieweit diese Regelung in der Praxis Anwendung findet.

Fazit

Mit dem Gesetz werden EU-Vorgaben umgesetzt. Wie die Praxis aussehen wird, bleibt offen. Zu begrüßen ist insbesondere, dass Plattformen das Ranking der Suchergebnisse transparent erläutern müssen, wobei sich die Frage stellt, wer Verstöße in der Praxis dann eigentlich durchsetzt. Inwieweit der Schadensersatzanspruch für Verbraucher im Falle von Wettbewerbsverstößen in der Praxis Auswirkungen hat, bleibt abzuwarten.

Stand: 20.08. 2021

Es berät Sie: Rechtsanwalt Johannes Richard