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Weiterverkauf von legal online erworbenen Musikfiles erlaubt?

 

1. Einleitung

Peer-to-peer Tauschbörsen machen der Musikindustrie das Leben schwer. Kostenlos kann man dort fast jeden Musiktitel herunterladen, was zu erheblichen Umsatzsteinbußen der Musikindustrie geführt hat. Die Tatsache, dass der Download über Internettauschbörsen wie Kazaa oder andere illegal ist , stört viele Internetnutzer nicht.

Die Musikindustrie sucht jedoch Auswege, indem sie unter Anderem die Möglichkeit anbietet, legal Musikstücke im Internet zu erwerben und dann herunterzuladen. Wie dies funktioniert hat das amerikanische Portal iTunes vorgemacht. Auch in Deutschland gibt es entsprechende Angebote, wir konnten zwei ermitteln.

Für den Besitzer des Musikstücks stellt sich jedoch die Frage, was er mit diesem Musikstück machen darf, insbesondere, ob das Musikstücke einer legal im Laden erworbenen CD gleichwertig ist. Speziell stellt sich die Frage, ob ein Weiterverkauf des als Datei vorliegenden Musikstückes erlaubt ist.

2. Musik-Dateiauktion bei e-Bay in den USA

Wie heise.de am 04.09.2003 meldete , bot der US-Amerikaner George Hotelling bei e-Bay eine Musikdatei an, die er bei iTunes Musicstore für 99 US-Cents erworben hatte.

Hotelling ging es insbesondere um die Frage, welche Rechte er zusammen mit dem Musikstück erworben hatte. Nach Angaben von Hotelling verstößt der Weiterverkauf des Musikstückes zumindestens nicht gegen die Geschäftsbedingungen des Musikdienstes iTtunes. Der Gewinner der Auktion bei e-Bay sollte eine 3,2 mByte große Musikdatei zugeschickt bekommen, wobei Hotelling keine Kopie behalten wollte.

Einen Tag nach dieser Meldung konnte das Experiment nicht weiter geführt werden. Wie Heise am 05.09.2003 mitteilte , hatte e-Bay die Versteigerung des Musikstückes vorab beendet. Insbesondere störte sich e-Bay daran, dass Hotelling gegen e-Bay-Vorschriften verstoßen hatte, da er das Musikstück zum Download angeboten hatte.

Eine derartige Regelung findet sich auch auf den deutschen Seiten von e-Bay.de (http://pages.ebay.de/help/community/png-downloadable.html ). Demzufolge ist es verboten, Artikel bei e-Bay anzubieten, die der Käufer herunterladen kann oder die ihm per e-Mail zugeschickt werden.

3. Rechtliche Grauzone auch in Deutschland

Eine Versteigerung eines legal erworbenen Musikstückes, dass man über einen Download erhalten hatte bei e-Bay, in der Form, dass das Musikstück per e-Mail versandt wird oder dem Käufer eine Download-Möglichkeit eingeräumt wird, ist auch nach den Regeln von e-Bay Deutschland nicht erlaubt.

Grundsätzlich stellt sich jedoch die Frage, ob der Weiterverkauf von online legal erworbener Musik zulässig ist.

Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der uns bekannten Musik-on-Demand Portale in Deutschland klären diese Frage nur teilweise. Das Portal von T-Online verweist auf einzelne Nutzungsbedingungen beim Kauf einzelner Musikstücke. Ein  Testkauf des Musikstückes “Dreamer” von Ozzy Osbourne hatte nicht zur Folge, dass irgendwo auf einschränkende Nutzungsbedingungen hingewiesen wurde. Im Einzelfall mag dies anders sein, ist uns jedoch nicht bekannt.

Anders sehen die Nutzungsbedingungen  eines anderen Musikportals aus: 

Zu den Nutzungsbedingungen trifft 2.5 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen dieses Portals folgende Regelung:

Der Kunde erhält ein persönliches, nicht ausschließliches und nicht übertragbares Nutzungsrecht zur vertraglich vorgesehenen Nutzung der erworbenen Musikfiles. Im Rahmen der vertraglich vorgesehenen Nutzung ist das Brennen der Musiktitel auf CD-Rohlinge sowie die Übertragung auf Abspielgeräte des Nutzers ausschließlich zum persönlichen Gebrauch gestattet. Die Brennbarkeit und/oder Übertragbarkeit der Musiktitel wird ausdrücklich nicht gewährleistet.

 

Zumindestens nach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen dieses Portals wäre somit ein Weiterverkauf oder auch ein Verschenken der online erworbenen Musiktitel nicht erlaubt.

4. Sind Allgemeine Geschäftsbedingungen immer wirksam?

Nicht alles was im Rahmen von Allgemeinen Geschäftsbedingungen vorgegeben wird, ist auch tatsächlich rechtswirksam. Der Gesetzgeber hat schon früh gesetzliche Regelungen geschaffen, an denen Allgemeine Geschäftsbedingungen messen lassen müssen. Diese Regelungen finden sich nunmehr im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) in den §§ 305ff.

Beispielsweise sind Klauseln gemäß § 305 c BGB unwirksam, die überraschend sind. Eine Unwirksamkeit kann unter Anderem auch gemäß § 307 BGB gegeben sein, wenn eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners des Verwenders gegeben ist.

Sollten einzelne Klauseln von Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam sein, bleibt gemäß § 306 I BGB der Vertrag im Übrigen wirksam, gemäß § 306 II BGB richtet sich der Inhalt der Vertrages dann nach den gesetzlichen Vorschriften.

Wir weisen ausdrücklich darauf hin, dass die nachstehenden Ausführungen zur Frage, ob ein Verkauf oder ein Verschenken von online erworbener Musik durch Allgemeine Geschäftsbedingungen ausgeschlossen werden kann, hier nur eine juristische Ansicht darstellt, die naturgemäß keinen Anspruch auf absolute Richtigkeit haben kann. Nicht umsonst gibt es in Juristenkreisen auf rechtliche Fragen oft die Antwort “kommt darauf an” oder den Spruch “2 Juristen – 3 Meinungen”.

5. Kann die Übertragbarkeit eines Nutzungsrechtes eines online erworbenen Musiktitels ausgeschlossen werden?

Eine wesentliche Norm zur Beurteilung dieser Frage ist § 17 I, II Urheberrechtsgesetz (UrhG).

Diese Norm hat folgenden Wortlaut:

§ 17 Verbreitungsrecht

(1) Das Verbreitungsrecht ist das Recht, das Original-oder Vervielfältigungsstück des Werkes der Öffentlichkeit anzubieten oder in Verkehr zu bringen.

 

(2) Sind das Original- oder Vervielfältigungsstücke des Werkes mit Zustimmung des zur Verbreitung Berechtigten im Gebiet der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum im Weg der Veräußerung in Verkehr gebracht worden, so ist ihre Weiterverbreitung mit Ausnahme der Vermietung zulässig.

 

6.Download als Verbreitungshandlung

Eine Verbreitungshandlung gemäß § 17 I UrhG liegt erst einmal nur vor, wenn Werke im Original verbreitet werden, die körperlich festgelegt sind (Möhring UrhG § 17 Rd-Nr: 9). Eine wie immer geartete, auch Online erfolgte, Weitergabe in unkörperlicher Form stellt ersteinmal kein Verbreiten im Sinne des § 17 I UrhG dar (Koch GRUR 1997 Seite 417 ff.). Diese sehr enge Auslegung des § 17 I UrhG ist jedoch nach unserer Auffassung in dieser Form nicht haltbar.

Es wird daher vertreten (Koch a.a.O.) dass eine Verbreitung im Sinne des § 17 I UrhG auch dann gegeben ist, wenn dies nicht körperlich geschieht, da offensichtlich die den § 17 II UrhG zugrunde liegende “Veräußerung” auch Online möglich und nicht einzusehen sei, weshalb § 17 II UrhG auf nicht elektronische Veräußerungen anwendbar sein soll, auf elektronisch erfolgende aber nicht.

Hinzukommt im vorliegenden Fall, dass Popfile dem Nutzer sehr wohl das Recht einräumt, den erworbenen Musiktitel auf CD zu brennen. Ein “körperliches” Werkstück im Sinne des Urhebergesetzes liegt spätestens dann vor.

7. Erschöpfungsgrundsatz gemäß § 17 II UrhG

Wesentlich ist § 17 II UrhG.

Der Erschöpfungsgrundsatz ist die Konsequenz des Leitgedankens des Urheberrechtes der besagt, dass das Urheberrecht angemessen an den wirtschaftlichen Nutzen seines Werkes zu beteiligen ist (BGH Z 129, 66, 72-Mauer-Bilder). Ausreichend ist hier die Beteiligung am Entgeld der ersten Veräußerung, dem Kaufpreis.

Zum Erlöschen des Verbreitungsrechtes führt nicht nur die Veräußerung im Wege des Verkaufs, sondern auch der Schenkung oder des Tausches (Möhring, UrhG § 17 Rd-Nr: 41). Um es für den juristischen Laien auszudrücken: “Wer legal einen Musiktitel erworben hat, dem kann der Urheber später nicht mehr vorschreiben, dass er diesen nicht verschenkt, tauschen oder verkaufen darf.”

Die Vermietung ist im Übrigen gemäß § 17 II UrhG vom Erschöpfungsgrundsatz ausdrücklich ausgeschlossen.

Deutlich wird dies auch aus der EG-Richtlinie (Richtlinie 2001/29/EG vom 22.05.2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der Verwandtenschutzrechte in der Informationsgesellschaft) in dessen Ergebnis der jetzt aktuelle § 17 II UrhG gefasst wurde. Es heisst dort in Artikel 4 II:

“Das Verbreitungsrecht erschöpft sich in der Gemeinschaft in Bezug auf das Original oder auf Vervielfältigungsstücke eines Werkes nur, wenn der Erstverkauf dieses Gegenstands oder eine andere erstmalige Eigentumsübertragung in der Gemeinschaft durch den Rechtsinhaber oder mit dessen Zustimmung erfolgt”.

Dies dürfte bei einem legalen Kauf eines Musikstückes auf jeden Fall gegeben sein.

Allein die Tatsache, dass die Portale darauf hinweisen, dass es sich um legale Musik handelt, die gegen Entgeld zu erwerben ist, spricht im Übrigen dafür.

Das entgegenstehende Bedingungen des Urhebers unwirksam sein können, hat der Bundesgerichtshof (BGH) in 2 Entscheidungen deutlich ausgeführt. Zu nennen ist hier einmal BGH GRUR 1986 Seite 736 ff. (Schallplattenvermietung). Es heisst dort: “Die Weiterverbreitung ist jedoch grundsätzlich zulässig, wenn die Erstverbreitung mit Zustimmung des Berechtigten im Wege der Veräußerung erfolgt ist.” Entgegenstehende Rechte des Urhebers seien zumindestens urheberrechtlich unbeachtlich. Mit Veräußerung gibt der Berechtigte die Herrschaft über das Werkexemplar auf; es wird damit für jede Weiterverbreitung frei (BGH a.a.O. Seite 737 ff.). In der sogenannten OEM-Entscheidung (BGH-Urteil vom 06.07.2000, AZ: I ZR 244/97) hat der BGH diese Rechtsprechung für Computerprogramme im Übrigen bestätigt.

Der BGH führt in diesem Urteil ganz klar aus, dass wenn ein Werkstück ersteinmal mit Zustimmung des Berechtigten im Wege der Veräußerung in den Verkehr gebracht worden ist der weitere Vertrieb vom Berechtigten nicht mehr kontrolliert werden kann, da das Verbreitungsrecht erschöpft ist. Entscheidend sei alleine, ob der Rechtsinhaber dem ersten in Verkehr bringen durch Veräußerung zugestimmt hat. Hinsichtlich einer Weiterveräußerung wird es damit für jede Weiterverbreitung frei.

Das schale Gefühl, was sich in diesem Fall dadurch ergeben könnte, dass man Online Musik erwirbt, die man nicht weitergeben darf, fasst der BGH in folgenden Worten zusammen: “Könnte der Rechtsinhaber, wenn er das Werkstück verkauft oder seine Zustimmung zur Veräußerung gegeben hat, noch in den weiteren Vertrieb des Werkstücks eingreifen, ihn untersagen oder von Bedingungen abhängig machen, so wäre dadurch der freie Warenverkehr in unerträglicher Weise behindert.” (BGH a.a.O.)

Nach unserer Auffassung äußert der BGH in diesem Urteil auch, dass entgegenstehende Regelungen nicht gegenüber jedermann vertraglich, bspw. durch Allgemeine Geschäftsbedingungen, durchgesetzt werden können.

Nach unserer Auffassung liegt somit zum Einen eine überraschende Klausel im Sinne des § 305 c I BGB vor, da der Käufer des Musikstückes nicht erwartet, dass er dieses auf keinen Fall weitergeben kann. Dies ist zumindestens für den Kauf von Musik-CD´s vollkommen unbekannt und, wie ein Testkauf bei www.musicdownload.de zeigt, auch nicht üblich.

Des Weiteren widerspricht diese Regelung § 17 II UrhG mit der Folge, dass gemäß § 307 II Nr. 1 BGB eine unangemessene Benachteiligung besteht.

8. Verkauf erlaubt?

Wie bereits eingangs erwähnt hat die vorgenannte Einschätzung der Einschränkung des Verbreitungsrechtes keinen Anspruch auf absolute Richtigkeit ist jedoch nach unserer Auffassung gut vertretbar.

Der Verkauf eines Musikstückes, dass unter Zugrundelegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen, von wem auch immer, legal erworben wurde mit dem Ausschluss der Übertragbarkeit des Musikstückes ist somit nach unserer Auffassung zulässig.

Voraussetzung ist natürlich, dass dem Käufer des Musikstückes, der dies an Dritte – in welcher Form auch immer – weitergibt, kein Exemplar des Musikstückes, sei es auf CD oder auf Festplatte, verbleibt. Eine zulässige Privatkopie gemäß § 53 UrhG ist jedenfalls dann nicht gegeben, wenn das Musikstück an unbekannte Dritte weiterverkauft wird.

9. Zusammenfassung

Nach unserer Auffassung kann die Weitergabe eines legal online erworbenen Musikstückes über Allgemeine Geschäftsbedingungen nicht wirksam ausgeschlossen werden. Der Verkauf, der Tausch oder eine Schenkung an Dritte ist daher zulässig, immer vorausgesetzt, dass der Veräußerer keine eigene Kopie der Musikdatei, in welcher Form auch immer, behält.

Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt Johannes Richard, Rostock

Stand: 14.November 2003

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