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Marke mit beschreibendendem Charakter: Markenverletzung oder lediglich Beschreibung? (OLG Nürnberg)

Es gibt viele Wortmarken, die einen beschreibenden Charakter haben. Dies führt zu dem Problem, dass bei einer Nutzung der eingetragenen Wortmarke in einem beschreibenden Kontext ggf. doch eine Markenrechtsverletzung gegeben sein kann. Die Probleme, die eine Wortmarke mit beschreibenden Anklängen aufwirft, hat das Oberlandesgericht Nürnberg (OLG Nürnberg, Urteil vom 15.02.2022, Az.: 3 U 2794/21) thematisiert.

Der Fall

Ein beklagter Arzt hatte einen Vortrag gehalten und beworben mit:

„Die Bedeutung von Bewegung und Gesundheitsvorsorge

Bewegte Medizin

Medizinischer Vortrag in Regensburg“

Der Kläger war Inhaber der Wortmarke „bewegte Medizin“. Er sah in der Bewerbung des Vortrages mit „Bewegte Medizin“ eine Markenrechtsverletzung.

Wie wird die Verwendung des Kennzeichens aufgefasst?

Ob eine markenmäßige Nutzung und damit eine Markenrechtsverletzung vorliegt oder nicht hängt davon ab, ob die angesprochenen Verkehrskreise das Zeichen auch als Hinweis auf die Herkunft von Waren oder Dienstleistungen verstehen. Dies ist immer nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen.

In diesem Einzelfall sah der Senat keine Markenrechtsverletzung.

Durch den Titel des Vortrages stellen die angesprochenen Verkehrskreise keine Verbindung mit dem Kläger als Markeninhaber her.

Beschreibend oder nicht?

Der beschreibende Charakter bei der Verwendung des geschützten Kennzeichens ergibt sich aus dem Sinngehalt. Maßgeblich dafür ist die Frage, wie der Verkehr das Zeichen versteht, und zwar im Kontext der konkreten Benutzung.

Anhand dieses Beispiels führt der Senat aus:

“Ein in diesem Zusammenhang zu berücksichtigender Umstand ist die Tatsache, dass die Wortkombination „Bewegte Medizin“ im Rahmen der konkreten Benutzung deutlich beschreibende Anklänge hat.

a) Bei dem Gebrauch einer beschreibenden Angabe kann eine markenmäßige Benutzung grundsätzlich nicht angenommen werden (BGH, Urteil vom 22.01. 2009 – I ZR 139/07, GRUR 2009, 502, Rn. 29 – pcb). Denn bestimmte Arten der Benutzung zu rein beschreibenden Zwecken können keine Funktionen der geschützten Marke beeinträchtigen (EuGH, Urteil vom 18.06.2009 – C-487/07, GRUR 2009, 756, Rn. 61 – L’Oréal/Bellure). Hat ein Wort beschreibenden Charakter, wird es vom Verkehr eher als Sachhinweis und nicht als Kennzeichen aufgefasst (BGH, Teilurteil vom 03.11.2016 – I ZR 101/15, GRUR 2017, 520, Rn. 26 – MICRO COTTON). Dabei ergibt sich der beschreibende Charakter in erster Linie aus dem Sinngehalt der betreffenden Bezeichnung. Maßgeblich für die Frage, ob der Verkehr das Zeichen nur beschreibend versteht, ist jedoch auch der Kontext, in der die gerügte Benutzungshandlung erfolgte.

b) Im vorliegenden Fall ist der Gesamtbegriff „Bewegte Medizin“ zwar nicht rein beschreibend, sondern weist – wie auch die Eintragung als Marke zeigt – aufgrund der vom Wortlaut keinen Sinn ergebenden Kombination insgesamt Unterscheidungskraft auf. Für die angesprochenen Verkehrskreise enthält er jedoch wegen seiner Einzelbestandteile, die für das Verkehrsverständnis nicht völlig außer Acht gelassen werden dürfen, deutlich beschreibende Anklänge.

Zwar nimmt der Durchschnittsverbraucher eine Marke regelmäßig als Ganzes wahr und achtet nicht auf die verschiedenen Einzelheiten. Dieser Gesamteindruck wird jedoch geprägt durch die Bestandteile des zusammengesetzten Zeichens. Und im vorliegenden Fall handelt sich bei diesen Einzelbestandteilen – „Bewegte“ und „Medizin“ – um unmittelbar beschreibende Sachaussagen für den darunter veröffentlichten Beitrag zum medizinischen Vortrag des Beklagten. Denn der auf der Website vorgestellte Vortrag des Beklagten setzt sich mit der medizinischen Bedeutung von Bewegung auseinander. Und die Einzelbegriffe „Bewegung“ bzw. „bewegen“ und „Medizin“ sind für diese Thematik als Zusammenfassung des Inhalts aus der Sicht des Verkehrs beschreibend.

Aber auch in der Verknüpfung der Einzelbestandteile zur Kombination „Bewegte Medizin“ entnehmen die angesprochenen Verkehrskreise im konkreten Verwendungsfall – insbesondere vor dem Hintergrund des unmittelbaren räumlichen Zusammenhangs zwischen der Zeichenverwendung und der Beschreibung der Veranstaltung – einen Bezug zum Inhalt des gehaltenen Vortrags und können somit das Zeichen als Thematisierung der Bedeutung körperlicher Bewegung im Büroalltag verstehen. Die beschreibenden Angaben der einzelnen Worte erfahren durch die Kombination vor diesem Hintergrund nicht eine ungewöhnliche Änderung, die derart weit von der Sachangabe wegführt (vgl. BGH, Beschluss vom 15.05.2014 – I ZB 29/13, GRUR 2014, 1204, Rn. 16 – DüsseldorfCongress), dass die deutlich beschreibenden Anklänge in Wegfall geraten würden.”

Gesamterscheinungsbild entscheidend

Entscheidend war für den Senat auch die konkrete Gestaltung der Internetseite. Eine blickfangmäßige Herausstellung oder Verwendung eines Zeichens spricht für eine markenmäßige Verwendung. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Bezeichnung auf dem Produkt in schriftlich hervorgehoben oder blickfangmäßiger Weise verwendet wird. Dies gilt insbesondere dann, wenn das Zeichen an Stellen verwendet wird, wo üblicherweise eine Marke dargestellt wird.

Bei einem Titel (eines Vortrages) gilt dies nicht. Hierfür sprach insbesondere, dass die Marke „bewegte Medizin“ keine Hauptüberschrift war.

Ausnahmen können sich bei einer periodisch erscheinenden Druckschrift oder einer bekannten Fernsehserie ergeben.

Mit anderen Worten: Durch die Verwendung der Marke „bewegte Medizin“ wurde lediglich der Inhalt des Vortrages deutlich gemacht. Dies zeigt, dass beschreibende Marken durchaus problematisch sein können.

Bekannte Marke oder nicht?

Es kann auch darauf ankommen, ob eine Marke bekannt ist oder nicht. Nur bei einer bekannten Marke könnten die Besucher der Internetseite sowie potenzielle Seminarteilnehmer die Vorstellung haben, dass der Vortrag in Verbindung mit dem Kläger und seiner Marke stehen würde.

Zu guter Letzt: Auch keine Markenrechtsverletzung durch due URL

Der Begriff „bewegte Medizin“ war Bestandteil der URL, d. h. des Links im Internet, auf dem über den Vortrag informiert wurde.

Auch hier sah der Senat keine Markenrechtsverletzung. Dabei wurde insbesondere berücksichtigt, dass die Begriffskombination „bewegte Medizin“ nicht als Domainname, sondern als Teil des nachfolgenden Verzeichnispfades verwendet wurde. Dadurch, so das Gericht, wird der Link nicht als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der Hauptseite verstanden. Dies galt umso mehr, als dass der Link unter dem Unterpunkt „Aktuelles“ im Link aufgeführt wurde. Durch diesen Einschub sei dem Betrachter klar, dass es sich um einen bestimmten Beitrag unter der Rubrik „Aktuelles“ handeln würde.

Immer eine Frage des Einzelfalls

Der Bundesgerichtshof hatte sich bereits im Zusammenhang mit der markenmäßigen Kennzeichnung von Textilien mit der Frage befasst, wann eine Marke markenmäßig verwendet oder nur beschreibend genutzt wird. Die immer richtige Antwort lautet in diesen Fällen „das kommt darauf an“. Wie man an dieser Entscheidung des OLG Nürnberg sieht, waren es viele Faktoren, die im Ergebnis dazu führten, dass keine Markenrechtsverletzung vorlag.

Wir beraten Sie bei einer Abmahnung wegen einer Markenrechtsverletzung.

Stand: 20.04.2022

Es berät Sie: Rechtsanwalt Andreas Kempcke