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Sag mir alles! Der Auskunftsanspruch bei einer Markenrechtsverletzung

Wer eine markenrechtliche Abmahnung erhält, wird in aller Regel nicht nur zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung aufgefordert. Meist wird gegenüber dem Abgemahnten auch ein Auskunftsanspruch geltend gemacht. Der Abgemahnte soll also eine ganze Reihe von Informationen über Herkunft, Vertriebsweg und seine Umsätze mitteilen. Angesichts des Umfanges der geforderten Informationen denken viele Abgemahnte zunächst an eine Berufung auf Datenschutz oder die Berufung auf den Schutz von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen. Nach der gesetzlichen Regelung ist der Abgemahnte indes zur Mitteilung der geforderten Informationen verpflichtet:

Der Auskunftsanspruch nach § 19 Markengesetz

Welche Informationen mitgeteilt werden müssen

Die gesetzliche Regelung zum Auskunftsanspruch findet sich in § 19 Markengesetz. Diese Regelung lautet wie folgt:

§ 19 Markengesetz

(1) Der Inhaber einer Marke oder einer geschäftlichen Bezeichnung kann den Verletzer in den Fällen der §§ 14,15 und 17 (Verletzung der Rechte an Marken und geschäftlichen Bezeichnungen sowie Ansprüche gegen Agenten und Vertreter, Anmerkung des Verfassers) auf unverzügliche Auskunft über die Herkunft und der Vertriebsweg von widerrechtlich gekennzeichneten Gegenständen in Anspruch nehmen, es sei denn, dass dies im Einzelfall unverhältnismäßig ist.

(2) Der nach Absatz 1 zur Auskunft Verpflichtete hat Angaben zu machen über Namen und Anschrift des Herstellers, des Lieferanten und anderer Vorbesitzer, des gewerblichen Abnehmers oder des Auftraggebers sowie über die Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Gegenstände.

(3) In Fällen offensichtlicher Rechtsverletzung kann die Verpflichtung zur Erteilung der Auskunft im Wege der einstweiligen Verfügung nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung angeordnet werden.

(…)

Der weitgehende Auskunftsanspruch soll dem Markeninhaber bzw. dem Inhaber einer geschäftlichen Bezeichnung ein effektives Vorgehen gegen Rechtsverletzungen und Rechtsverletzer ermöglichen. Insbesondere im Fall von Piraterie-Ware haben die Rechteinhaber ein erhebliches Interesse daran, die Quelle der Piraterie-Ware vollständig zum Versiegen zu bringen und den Weitervertrieb zu verhindern. Der Markenverletzer muss daher sein Wissen ggf.  unter Heranziehung seiner Geschäftsunterlagen offenbaren. Nur in Ausnahmefällen, in denen bspw. die Durchsetzung des Auskunftsanspruches wegen des besonderen Umfanges der Auskunftserteilung im Einzelfall unverhältnismäßig ist, ist eine Beschränkung der Auskunftserteilung möglich.

Um die Angaben des Abgemahnten überprüfen zu können, kann auch die Vorlage von Belegen wie z. B. Rechnungen und Lieferscheinen verlangt werden. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz besteht nur, wenn ein schutzwürdiges Geheimhaltungsinteresse entgegen steht. Dies wird indes nur sehr selten der Fall sein. In aller Regel muss daher der Abgemahnte umfassend Auskunft erteilen. Auf diese Weise soll der Markeninhaber möglichst vollständige Informationen über den Vertriebsweg der markenrechtsverletzenden Produkte erhalten. Über die Namen und Anschriften privater Letztverbraucher, die die betreffenden Waren bei dem Abgemahnten gekauft haben, muss jedoch keine Auskunft erteilt werden.

Pauschaler Schadensersatz statt umfassender Auskunftserteilung

Wie sich aus den obigen Ausführungen ergibt, kann die Auskunftserteilung je nach den Umständen des Einzelfalles recht umfangreich sein. Eine vollständige Auskunftserteilung ist indessen erforderlich, damit der Markenrechtsinhaber seine Schadensersatzansprüche konkret beziffern kann. Dies bedeutet jedoch auch, dass der Markeninhaber die Angaben des Abgemahnten in gewissem Umfang prüfen muss, um anschließend die Höhe seines Schadensersatzanspruches zu beziffern. Um das gesamte Procedere sowohl für den Abgemahnten als auch für den Markeninhaber zu vereinfachen und zu beschleunigen, findet sich in der geforderten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung mitunter folgende Regelung: Der Abgemahnte verpflichtet sich, an den Markeninhaber einen pauschalisierten Schadensersatz in einer bestimmten Höhe zu zahlen. Sofern der Abgemahnte die Zahlung eines pauschalisierten Schadensersatzes ablehnt, muss er entsprechend der gesetzlichen Regelung umfassend Auskunft erteilen.

Welche der beiden möglichen Varianten günstiger ist, muss im Einzelfall entschieden werden. In der Praxis zeigt sich jedoch, dass die Höhe der geforderten pauschalen Schadensersatzforderungen davon abhängt, in welchem Umfang die Rechtsverletzungen bereits vor der Abmahnung bekannt waren. Oftmals stellen Markeninhaber vor dem Ausspruch einer Abmahnung entsprechende Recherchen an. Werden bspw. markenrechtsverletzende Waren auf dem Online-Marktplatz eBay angeboten, so erfolgt regelmäßig eine Überprüfung des eBay-Bewertungsprofils, ob bereits früher entsprechende Waren angeboten worden sind. Da nur die wenigsten gewerblichen Käufer bei eBay ihr Bewertungsprofil auf -privat- gestellt haben, lassen sich auf diese Weise die Tätigkeiten der vergangenen 90 Tage nachvollziehen. Berücksichtigt man die Gesamtzahl der Bewertungen und die aus dem Bewertungsprofil ersichtlichen Tätigkeiten der letzten 90 Tage, so lassen sich recht zuverlässige Rückschlüsse auf den Gesamtumfang des markenrechtsverletzenden Verhaltens des betreffenden Händlers ziehen. Anhand der genannten Daten lässt sich selbstverständlich auch in etwa nachvollziehen, ob eine erteilte Auskunft der Wahrheit entspricht oder nicht.

Fazit:

Mitunter dient die Geltendmachung des Auskunftsanspruches nur dazu, einen etwas genaueren “Blick hinter die Kulissen” bei dem Abgemahnten zu werfen. Soweit der Abmahner das Angebot einer pauschalen Schadensersatzleistung unterbreitet, sollte genau geprüft werden, ob durch die entsprechende Zahlung der mit einer umfassenden Auskunftserteilung verbundene Aufwand aufgewogen wird.

Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt Andreas Kempcke, Rostock

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