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Versand markenrechtsverletzender Ware aus China: Logistikunternehmen, dass Retourenadresse zur Verfügung stellt kann markenrechtlich auf Unterlassung in Anspruch genommen werden

Als Markeninhaber, Patentinhaber oder Inhaber eines anderen gewerblichen Schutzrechtes, wie einem Design oder einem Gemeinschaftsgeschmacksmuster ist es in der Praxis schwierig, gegen Anbieter vorzugehen, die rechtsverletzende Produkte aus China versenden.

Die Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen gegenüber dem chinesischen Hersteller oder Versender macht in der Praxis keinen Sinn.

Produkte, die Verbraucher direkt in China bestellen werden hier in Deutschland durch Deutsche Postdienstleister beim Kunden zugestellt.

Um für den Fall, dass die Ware, z.B. aufgrund einer falschen Adresse oder einer Annahmeverweigerung beim Käufer nicht zugestellt werden kann, zu verhindern, dass die Ware dann wieder nach China zurückgeht, gibt es offensichtlich Vorgaben. Der deutsche Versanddienstleister, der auf der letzten Meile die Ware an den Kunden Deutschland zustellt, fordert wohl eine deutsche Retourenadresse, anderenfalls die Ware nicht zugestellt wird.

Es gibt daher Unternehmen bzw. Logistikdienstleister, die ihre Adresse in Deutschland als Retourenadresse zur Verfügung stellen. Es läuft wohl darauf hinaus, dass ohne eine Retourenadresse in Deutschland eine Zustellung an den Kunden in Deutschland nicht möglich ist.

Unternehmen, das deutsche Retourenadresse zur Verfügung stellt, kann markenrechtlich auf Unterlassung in Anspruch genommen werden

Ein Unternehmen, welches als deutsche Retouren-Adresse fungiert, kann bei einer Markenrechtsverletzung als sogenannter Störer markenrechtlich auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, so eine aktuelle Entscheidung des OLG Düsseldorf (OLG Düsseldorf, Urteil vom 07.08.2025, Az.: 20 U 9/25).

Der Fall

Antragstellerin und Abmahnerin ist ein weltweit führender Sportartikelhersteller und Inhaberin einer Unionsbildmarke für Textilien.

Die Antragsgegnerin ist ein Logistikdienstleister, der chinesischen Unternehmen ihre Adresse für den Postversand in Deutschland zur Verfügung stellt und als Rücksendelager für nicht zustellbaren Waren dient.

Im Rahmen von Testkäufen stellte die Antragstellerin fest, dass bei der Bestellung in einem Online-Shop aus China rechtsverletzende Ware versandt wurde mit der Absenderadresse des deutschen Logistikunternehmens.

Das Urteil

Das OLG Düsseldorf hat das Logistikunternehmen, dass die deutsche Retourenadresse zur Verfügung stellte als sogenannter Störer zur Unterlassung verurteilt.

Das OLG Düsseldorf hat das Logistikunternehmen unter anderem dazu verurteilt,

der Antragsgegnerin wird es unter Androhung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft von bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfall von bis zu 2 Jahren, untersagt, es Dritten zu ermöglichen, ohne Zustimmung der Antragstellerin im geschäftlichen Verkehr in der Europäischen Union die nachstehend wiedergegebenen Zeichen

(*)

(*)

für Bekleidungsstücke, insbesondere Fußballtrikots, zu benutzen, insbesondere unter dem vorstehend bezeichneten Zeichen Bekleidungsstücke anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken zu besitzen, einzuführen oder auszuführen, und dabei insbesondere es Dritten zu gestatten, für den Versand der nachfolgend wiedergegebenen Fußballtrikots die Adresse der Antragsgegnerin als Absenderadresse zu nutzen mit dem Zweck, als Retouren-Adresse für nicht zustellbare Waren zu fungieren und/oder Lagerdienstleistungen für Dritte, die die nachfolgend wiedergegebenen Fußballtrikots verkaufen, anzubieten..

Störerhaftung im Markenrecht

Die sogenannte Störerhaftung, die zur Folge haben kann, dass der Störer auf Unterlassung in Anspruch genommen werden kann, hat mehrere Voraussetzungen. Üblicherweise ist der Verletzer einer Marke ein Täter. Dies geschieht in der Regel in der Form als dass ein Angebot oder die Ware selbst markenrechtsverletzend gekennzeichnet ist.

Ein Täter im Sinne des Markenrechtes ist das Logistikunternehmen nicht. Es kann jedoch Störer sein:

Störer im Rechtssinne ist derjenige, der in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal (ursächlich) zur Verletzung des geschützten Rechtsgutes beiträgt.

Ganz so einfach ist es natürlich nicht. Der Störerhaftung vorgeschaltet sind Prüfung- und Überwachungspflichten. Erst wenn diese Prüfung- und Überwachungspflichten verletzt werden, kann es zu einer Störerhaftung kommen.

Der Umfang der Prüfungs- und Überwachungspflichten richtet sich vereinfacht gesagt nach der Zumutbarkeit. In diesem Zusammenhang führt das OLG Düsseldorf aus, dass ein Logistikdienstleister nicht grundsätzlich verpflichtet ist, den Inhalt der Waren zu überprüfen, dies gilt auch für Spediteure.

Aber: Logistikunternehmen war das Problem bekannt

Etwas anderes gilt, wenn das Logistikunternehmen Anhaltspunkte für Rechtsverletzungen hat.

Im vorliegenden Fall hatte der Abmahner mehrere Testkäufe vorgenommen und vor Aussprache der Abmahnung das Logistikunternehmen auf die markenrechtlichen Probleme hingewiesen.

Ohne deutsche Absender-Adresse keine Zustellung von China in Deutschland

Wie sich aus dem Sachverhalt der Entscheidung des OLG ergibt, sind deutsche Postdienstleister wohl nicht bereit, Ware aus China zum Empfänger weiter zu transportieren in Deutschland, wenn es keinen deutschen Absender gibt.

„Kein Logistiker verbringt Waren von einem Land in ein anderes, nur damit sie dort am Flughafen stranden. Ohne die gegenüber dem Logistiker erklärte Bereitschaft der Antragsgegnerin, ihre Adresse als Absenderadresse zu nutzen und im Falle der Nichtzustellung das Paket entgegenzunehmen, würden die Pakete mit markenrechtsverletzender Ware daher überhaupt in den Binnenmarkt verbracht.“

Verletzung von Prüfungs- oder Überwachungspflichten

Ausdrücklich nimmt das OLG an, dass der Logistikdienstleister in besonderer Weise geeignet ist, der Verletzung von Markenrechten Vorschub zu leisten. Die Tätigkeit des Beklagten Unternehmens gegen offensichtlich über die reine Bereitstellung einer Retourenadresse hinaus. Das Unternehmen organisierte die zollfreie Zustellung von Einzelpaketen chinesischer Online-Händler direkt beim Endverbraucher. Durch die vom Logistiker organisierte Vorabführung von Zöllen, Steuern und Gebühren wird das Risiko einer Zollkontrolle der Pakete minimiert.

Hinzukommt, dass der Versand von Ware, die markenrechtlich geschützt ist, in die EU ohnehin eine Markenrechtsverletzung darstellt, nämlich einen sogenannten Parallelimport bzw. eigentlich eine Markenfälschung: Selbst, wenn die Ware aus China markenrechtlich „echt“ wäre (was in der Regel nicht ist), würde eine Markenrechtsverletzung vorliegen, da die Ware ohne Zustimmung des Markeninhabers in die EU verbracht wurde. In der Praxis handelt es sich jedoch häufig um Markenfälschungen.

Prüfungspflichten – Wie umsetzen?

Wie ein Logistikunternehmen in diesem Fall seine Prüfungspflichten umsetzt, bleibt ihm überlassen. Der Abmahner hatte vorgeschlagen, dass der Versender dem Logistikunternehmen konkrete Angaben zum Paketinhalt mitteilt und zudem den Absender überprüft. Aus dem Online-Shop des Versenders sei eindeutig zu erkennen gewesen, dass dort Markenfälschungen verkauft werden. Für die Frage der Verurteilung auf Unterlassung aufgrund einer Markenrechtsverletzung spielt es jedenfalls in der Rechtsprechung keine Rolle, wie man dieses Urteil als betroffenes Unternehmen später einhalten kann.

Störerhaftung von Logistikdienstleitern, die als Absender-Adresse in Deutschland fungieren, erleichtert die Durchsetzung von markenrechtlichen Ansprüchen.

Gegen einen chinesischen Anbieter vorzugehen, der direkt aus China markenrechtsverletzende Ware in die EU versendet, macht in der Praxis kaum Sinn. Es ist daher nachvollziehbar, dass Markeninhaber gegen andere Beteiligte vorgehen, deren Tätigkeit zwingend notwendig ist, damit die Ware überhaupt den Empfänger erreicht.

Durch die Entscheidung des OLG Düsseldorf steigt jedenfalls das Risiko für Logistikdienstleister erheblich, in dieser Form an der Verbreitung von Markenfälschungen mitzuwirken.

Auf der anderen Seite könnte die Inanspruchnahme von Logistikdienstleistern eine Alternative für Markeninhaber sein, den Versand von markenrechtsverletzender Ware aus China zu unterbinden.

Neben einer sorgfältigen Recherche des Sachverhaltes wird es notwendig sein, das Unternehmen vor Aussprache einer Abmahnung auf den Sachverhalt hinzuweisen, um Prüf- und Überwachungspflichten auszulösen.

Eine markenrechtliche Abmahnung gegenüber einem Unternehmen, das eine deutsche Retourenadresse zur Verfügung stellt, ohne die Markenfälschungen erschienener in Deutschland gar nicht zugestellt werden können, ist daher durchaus denkbar.

Ich berate Sie, sei es als in Anspruch genommenes Logistikunternehmen oder bei der Durchsetzung markenrechtlicher Ansprüche gegenüber einem Logistikunternehmen, dass Retouren entgegennimmt.

Stand: 26.08.2025

Es berät Sie: Rechtsanwalt Johannes Richard