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OLG Brandenburg: Kein Wettbewerbsverhältnis zwischen Internethändler und Fulfillment-Dienstleister

Es gibt Wettbewerbsverstöße im Internet, die in der Praxis nur schwer zu greifen sind. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Wettbewerber seinen Sitz im Ausland hat, schlechtestenfalls außerhalb der EU.

Es gibt daher immer wieder Versuche, Fulfillment-Dienstleister oder sogar Logistikunternehmen in die Pflicht zu nehmen. Besonders erfolgreich sind diese Versuche nicht, wie ein aktuelles Urteil des Oberlandesgerichtes Brandenburg (OLG Brandenburg, Urteil vom 2.3.2021 Az. 6 U83/19) zeigt.

Der Fall

Der Kläger, ein Internethändler erwarb, mutmaßlich über Amazon, bei einem chinesischen Verkäufer einen Verdampferkopf für E-Zigaretten. Im Auftrag des Verkäufers wurde die Ware dann mit einem Logistikdienstleister versandt, und zwar ohne Altersverifikation. Es gab keinen Hinweis auf eine Alterssichtprüfung bzw. eine Alterssichtprüfungssymbol auf dem Versandumschlag. Der Kläger nahm daraufhin den Fulfillment-Dienstleister auf Unterlassung in Anspruch mit dem Antrag

„die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr gegenüber Verbrauchern Tabakwaren oder ähnliche nikotinhaltige Erzeugnisse oder deren Behältnisse nebst Zubehör, unabhängig davon, ob diese Nikotin enthalten oder nicht, entgegen § 10 Abs. 3 und 4 JuSchG im Wege der Übersendung ohne persönlichen Kontakt mit dem Besteller zu versenden, ohne durch technische oder sonstige Vorkehrungen, insbesondere durch Verwendung des Zeichens „Alterssichtprüfung”, wie zum Beispiel (Symbol) sicherzustellen, dass kein Versand an Kinder und Jugendliche erfolgt.“

Eine einstweilige Verfügung wurde antragsgemäß erlassen, jedoch keine Abschlusserklärung abgegeben, sodass der Kläger die Ansprüche in der Hauptsacheklage durchsetzen wollte.

Das Logistikunternehmen hatte die Adresse als Rücksendeadresse zur Rückabwicklung angegeben. Das verklagte Logistikunternehmen war für die Lagerhaltung & Verpackung und Versandorganisation befasst.

Kein Wettbewerbsverhältnis

Notwendig für die Durchsetzung von wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsansprüchen ist ein Wettbewerbsverhältnis. Dies bedeutet, dass die Beteiligten gleiche o. ä. Waren oder Dienstleistungen anbieten müssen. Ein Wettbewerbsverhältnis zwischen Fulfillment-Dienstleister und Internethändler besteht, sodass OLG Brandenburg, nicht:

„Nach diesen Rechtsprechungsgrundsätzen liegen die Voraussetzungen für ein konkretes Wettbewerbsverhältnis im Streitfall nicht vor. Unstreitig ist die Beklagte nicht selbst Anbieterin von Waren der in Rede stehenden Art oder sonst gleichartigen Produkten, sondern ein Logistikunternehmen. Dementsprechend und ebenso unstreitig war deshalb Verkäufer des streitgegenständlichen Verdampferkopfes eine andere Person, nämlich gemäß der vom Kläger selbst beigebrachten Zahlungsbestätigung ein auf „(a…)“ aktiver chinesischer Händler. Die Tätigkeit der Beklagten überschneidet sich demnach mit derjenigen des Klägers nicht in Hinsicht auf einen verkaufsbezogenen Handel mit den entsprechenden Waren, sondern nur insoweit, als sie solche Waren für Verkäufer wie den Kläger lagert, verpackt und versendet. Sie ist damit aber im Verhältnis zum Kläger nicht selbst „als Anbieter von Waren“ im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG anzusehen. Denn während der Kläger Tabakwaren und E-Zigaretten samt Zubehör vertreibt, ist die Beklagte weder Herstellerin noch Vertreiberin noch Wiederverkäuferin derartiger Waren. Die Beklagte stellt lediglich für andere Händler als den Kläger eine technische Infrastruktur zur Verfügung, mit deren Inanspruchnahme jene die betreffenden Waren lagern, endverpacken und in die Postzustellung geben können. Ihre unternehmerische Tätigkeit betrifft damit allenfalls ein annexartiges Verhalten zum eigentlichen Warenhandel, der naturgemäß im Warenverkauf besteht und in unternehmerischer Hinsicht auf eine darin liegende Gewinnmöglichkeit zielt. Die Tätigkeiten der Beklagten betreffen demgegenüber Handlungen, die nur mit den für einen Verkaufserfolg in Zusammenhang stehenden Transaktionskosten eines – mit dem Kläger gegebenenfalls konkurrierenden – Händlers verknüpft sind, die daher auch nur für diesen je nach dem dafür erforderlichen Aufwand höher oder niedriger ausfallen können. Mit dieser Tätigkeit erfüllt die Beklagte für solche Händler die Funktion eines Lageristen, Verpackers und Versandorganisators, sie wird dadurch aber nicht selbst Vertragspartner von Käufern, mit denen Händler wie der Kläger ihre Geschäfte abschließen.

Die Parteien sind damit in Bezug auf den Warenhandel nicht auf demselben sachlichen Markt tätig. Sie sprechen jeweils völlig verschiedene Kundenkreise an, nämlich der Kläger die betreffenden Warenkäufer bzw. Verbraucher und die Beklagte die betreffenden Warenverkäufer bzw. Versandhändler. Sie steht somit auch in keinem nur mittelbaren Konkurrenzverhältnis zur Geschäftstätigkeit des Klägers….“

Fazit

Es ist sicherlich oft die pure Verzweiflung von deutschen Internethändlern, gegen einen Logistikdienstleister oder Fulfillment-Anbieter vorzugehen, wenn ein im Ausland ansässiger Wettbewerber sich rechtswidrig verhält, mit der Folge, dass dieser erhebliche wettbewerbswidrige Vorteile hat, jedoch in der Praxis kaum zu greifen ist. Insofern es nachvollziehbar, dass hier versucht wurde, gegen Unternehmen vorzugehen, ohne die eine Abwicklung, wie bei einem Kauf von einem deutschen Händler, gar nicht möglich wäre.

Die Entscheidung des OLG Brandenburg ist jedoch nachvollziehbar.

Wenn der Wettbewerber aus Asien Plattform nutzt wie z.B. Amazon, gibt es unter Umständen andere Möglichkeiten, gegen derartige Anbieter vorzugehen.

Wir beraten Sie.

Stand: 03.05.2021

Es berät Sie: Rechtsanwalt Johannes Richard