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Keine Alterskontrolle beim Verkauf von Tabak oder Alkohol über Internetshops notwendig ? (LG Koblenz)

Bei bestimmten Produkten oder Dienstleistungen stellen sich jugendschutzrechtliche Probleme. Das bekannteste Beispiel ist das Angebot von jugendschutzgefährdenden Trägermedien oder Streaminginhalten, mit anderen Worten Pornografie, USK oder FSK 18 – Spiele oder sonstige Erotikangebote im Netz. Entsprechende Regelungen hierzu finden sich im Jugendmedienschutz-Staatsvertrag-JMStV. § 5 Abs. 3 JMStV sieht insofern vor, dass der Anbieter technisch oder sonstige Mittel vorrätig halten muss, damit Kinder oder Jugendliche die Angebote nicht nutzen können. In der Praxis hat sich insofern eine sogenannte Face-to-Face-Kontrolle in der Rechtsprechung herauskristallisiert. Dies bedeutet, dass auf jeden Fall in irgendeiner Form ein persönlicher Kontakt stattgefunden haben muss, in der Regel durch Nutzung des sogenannten Post-Ident-Verfahrens. Jugendschutzgefährdende Medien dürfen ferner nur per Einschreiben/eigenhändig an den volljährigen Besteller versandt werden. Neben Pornografie oder gewalttätigen Filmen gibt es jedoch noch einen anderen Bereich, in dem der Jugendschutz im Internet eine Rolle spielt:

Beim Verkauf von Alkohol oder Tabakwaren sind ebenfalls jugendschutzrechtliche Gesichtspunkte zu berücksichtigen. Rechtsprechung zu dieser Thematik gab es bisher nicht. Umso interessanter ist somit die erste uns zu dieser Thematik bekannte Entscheidung des LG Koblenz vom 13.08.2007, AZ 4 HK O 120/07. Das LG Koblenz hatte im Rahmen eines wettbewerbsrechtlichen Verfahrens entschieden, dass bei einer unkontrollierten Abgabe von Tabakwaren über das Internet dies nicht wettbewerbswidrig ist. Insofern heißt es in der Entscheidung:

“Das Angebot und der Vertrieb der Tabakwaren über das Internet ist als Fernabsatz- bzw. Versandhandel zu qualifizieren. Ein Verstoß gegen Jugendschutzbestimmungen läge nur dann vor, wenn besondere Überprüfungen durch den Verkäufer und womöglich den Einsatz eines Altersverifikationssystems gesetzlich verlangt würden. Dies ist aber nicht der Fall. Die für den Tabakwarenvertrieb einschlägige Norm des § 10 JuSchG enthält Regelungen zur Abgabe von Tabakwaren in Gaststätten sowie sonst in der Öffentlichkeit und zum Automatenverkauf. Entsprechendes gilt für den Alkoholverkauf (§ 9 JuSchG). Im Gegensatz hierzu wird beim Vertrieb von Trägermedien ausdrücklich auf den Versandhandel der in § 1 Abs. 4 JuSchG  legal definiert ist, rekurriert, und es werden entsprechende Anforderungen festgelegt.”

Mit anderen Worten:

Da es im Jugendschutzgesetz und auch in anderen Gesetzen keine besondere Regelung zum Versandhandel für Tabakwaren oder Alkohol gibt, dürfen diese Produkte auch ohne Altersverifikation verkauft werden.

Wir sehen die Entscheidung nicht ganz unkritisch. Während auf der einen Seite es wohl eher ausgeschlossen ist, dass sich Minderjährige über das Internet mit Alkohol oder Tabakwaren versorgen, immerhin wird in der Regel Vorkasse verlangt und nur Volljährige haben in der Regel ein Konto, ist auf der anderen Seite zu berücksichtigen, dass die Regelungen gerade zum Tabakverkauf in jüngster Zeit erheblich verschärft wurden. Dies gilt bspw. für die Regelung, dass Tabakwaren neuerdings nur noch an Volljährige verkauft werden dürfen. Hinzukommt, dass § 10 Abs. 2 JuSchG regelt, dass in der Öffentlichkeit Tabakwaren nicht in Automaten angeboten werden. Die Ausnahme des § 12 Abs. 2 Nr. 2 regelt, dass durch technische Vorkehrungen oder durch ständige Aufsicht sichergestellt ist, dass Kinder und Jugendliche Tabakwaren nicht entnehmen können. D. h. der normale Zigarettenautomat sieht in der Regel durch eine EC-Karte oder durch einen Führerschein vor, dass eine Altersverifikation durchgeführt wird. Diese Regelung ist zum 01.09.2007 in Kraft getreten, so dass Sie in der Entscheidung des LG Koblenz vom 13.08.2007 wohl noch keine Berücksichtigung gefunden hat. Auf der anderen Seite bleibt es dabei, dass es besondere Regelungen zum Versandhandel von Tabakwaren im Jugendschutzgesetz nicht gibt. Insofern ist die Argumentation des Landgerichtes Koblenz durchaus nachvollziehbar. Wenn es keine spezielle gesetzliche Regelung gibt, gibt es auch keine Verpflichtung, eine Alterskontrolle einzuführen.

Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt Johannes Richard, Rostock

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